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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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gelungenen Verständigung - der Geschäftsführer bedient seine Kundschaft höchstpersönlich - feiern wir in einem Café in der Fußgängerzone. Ein schräger Blick gegen den Himmel genügt, um zu wissen, was für die nächste Zeit angesagt ist.
    Also verlassen wir die Stadt ziemlich widerwillig, um vor der drohenden Bewässerung unsere Campingsuchrunden zu absolvieren. Das dauert diesmal, und wirklich erst kurz vor dem einsetzenden Getröpfel treffen wir auf dem 1a-Camp von Berga ein. Die irreführende 1a-Bezeichnung muß sich jedoch vorwiegend auf den noblen Preis beziehen - eine der teuersten Zeltnächte unserer Tour -, denn der gebotene Komfort hegt sicher nicht in einem betonharten Boden und einer halben Tagesreise zu den Toiletten. Das Unwetter gibt’s allerdings gratis dazu. Und gerade das hätte auch gern weniger stürmisch sein können. Ein Brausen rauscht über uns hinweg; peitschender Wind und Hagel reißen und zerren wie verrückt an unserem Zelt, daß uns schon ganz mulmig wird, und wie ein minutenlanges Trommelfeuer pfeffern die Eiskörner knallhart gegen die Plane. Donner kracht auf Donner, als müßten die Berge unter ihrem Getöse zerbersten, und die Erde bebt wie unter einer Erschütterung. Ein wahrer Hexenkessel, den eine Blitzorgie aufgrellt, als nahe der Tag des Jüngsten Gerichts. Bei diesem Höllenspektakel verstummt jede Unterhaltung, und so kauern wir wie getretene Würmer auf unseren Matten, lauschen angespannt nach draußen und sehen uns dabei in die für Sekunden aufleuchtenden Gesichter.
     
    Gewitter und Regen auch am Morgen! Durch Pfützen und kleine Seen sprinte ich zu den Toiletten. Wie immer verspüre ich ausgerechnet dann ein unaufschiebbar dringendes Bedürfnis, wenn es wie aus Eimern schüttet und der lange Anmarsch zum Lokus, übertrieben ausgedrückt, nur mittels Orientierungsplan und Wegzehrung getätigt werden kann. Am besten ließe sich diese dafür aufgewendete Zeit, die ja immerhin einen Teil des Urlaubs beansprucht, mit einer Wandernadel vergelten. Dazu bräuchte es nur einen Automaten, idealerweise gleich neben dem Händetrockner postiert, aus dem sich der Gast, nach einer freiwilligen Spende natürlich, seine Belohnungsnadel ziehen kann.
    Als der Regen nachläßt, bauen wir ab und spätestens beim Start hat es sich ausgeplätschert. Unserem gestrigen überstürzten Aufbruch aus Berga müssen wir heute noch einen ausgedehnten Bummel nachsetzen. Zu einem Schlendern und hundertmaligem Stehenbleiben vor Auslagen, Interessantem und Auffälligem verleiten allein schon die angenehmen Temperaturen. Einen letzten heftigen Guß warten wir unter dem Vordach eines Blumengeschäftes ab, dann rüsten wir zur Weiterfahrt. Das heißt, zuerst erlauben wir uns noch einen Abstecher in ein herrliches Tal wenige Kilometer nordöstlich von Berga - dort steht Sant Quirze de Pedret. Einem Großformatfoto, das wir in der Auslage eines Fotogeschäftes in Berga hängen sahen, verdanken wir die Aufmerksamkeit auf dieses idyllisch gelegene vorromanische Kirchlein. Nach nur drei Kilometern Fahrt endet die Straße an einem Bach; von dort führt nach einer Brücke ein felsiger Stufenweg steil bergan nach Sant Quirze. Oben angekommen, weitet sich das Gelände zu einer leicht abschüssigen Wiesenfläche, darin die Kirche wie ein von Riesenkindern vergessenes Bauklötzchen auf sein Wiederfinden wartet. Die herrlichen Malereien, für die Sant Quirze weithin bekannt war, wurden schon vor einiger Zeit abgetragen und können jetzt in verschiedenen Museen bewundert werden. Ein Schwachsinn par excellence, denn die Kirche empfängt ihre Besucher tadellos in Schuß, restauriert und umsorgt. Warum also mußte man diese Wandmalereien mit unnötigem Aufwand und Kosten abtragen - nein, eigentlich brutal herausreißen - und damit Einheit und Harmonie des Bauwerks zerstören. Solchen Aktionen stehen wir mit kopfschüttelndem Unverständnis gegenüber, und eine hinter Wolken hervorblinzelnde Sonne tröstet über diese Schändung auch nicht hinweg. Apropos Sonne - der Himmel lichtet sich überraschend schnell und bereits am Stausee von Baells, sechs Kilometer von Berga, fühlen wir uns wie nasse Schwämme, so quillt uns der Schweiß aus allen Poren. Wolfgang repariert dort zum x-ten Male unsere Blinkbeule, die mit verschiedenen Klebstoffen, Gewebebändern, Flüssigmetall und neuen Kabeln immer wieder zurechtgeflickt bald nichts mehr mit dem Original zu tun hat. Alle paar Augenblicke fallen Motor oder Glühbirne aus,

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