Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt
»Moment mal, das heißt aber jetzt nicht, dass er schon vorehelichen Geschlechtsverkehr hatte, oder etwa doch?« Ja, richtig – ich war sechzehn Jahre alt und war fest davon überzeugt, dass Hall & Oates noch Jungfrauen waren. Aber bestimmt mochten sich die beiden sehr, und wir mochten es, dass sie sich mochten.
Das erste Mal, dass ich dieses Album hörte, war an einem regnerischen Samstagnachmittag bei meinem Freund Terry. Wir ließen es wieder und wieder laufen, während wir Stratego spielten. Davor hatten wir schon stundenlang The Clashs Sandinista! und Talk Talk Talk von den The Psychedelic Furs gehört. Wir kamen uns ziemlich verwegen vor, weil wir cool genug waren, zu raffen, dass diese kommerziellen Popjungs einen New- Wave-Standard setzten, der durchaus Stratego-würdig war. »Maneater« benutzte die Bassline des Hits »You Can’t Hurry Love« von den Supremes – das war ziemlich offensichtlich, da Phil Collins den Song gerade frisch gecovert und einen Riesenhit damit gelandet hatte.
Aber mir gefiel einfach jede Minute dieses Lieds. Das lange, schwelende Intro, das Beat für Beat Spannung aufbaute. Das billige Achtziger-Saxophonsolo, das alle billigen Achtziger-Saxophonsolos toppte. Die Art, wie Oates am Ende des besagten Solos das »Oooh!« ausstieß. Die Art, wie Hall exakt in Songminute vier das Nichtwort »ooobaaddaaaswougghew!« schluchzt. Und die Art, wie sie mich vor all diesen taffen Mädchen warnten, von denen sie immer sangen. »She’s deadly, man, and she could really rip your world apart.«
Warum, verdammt, traf ich nie Mädchen wie dieses? Wo hingen nur all diese Raubkatzen ab? Ich war mehr als bereit, mich von dieser herzensbrecherischen, liebesdiebischen, traumerfüllenden Männerfresserin verschlingen zu lassen. Gut, sie ist die Schöne mit dem Biest im Herzen, und wo ist das Problem, Hall? Er hat es mir nie verraten. Alles, was er mir sagte, war: »I wouldn’t if I were you. I know what she can do.« Und Oates’ einziger, wenig hilfreicher Kommentar dazu war: »Watch out!« Ich muss gestehen, das machte mich ziemlich neugierig. Aber da sie nun mal eine Kreatur der Nacht war, standen die Chancen schlecht, dass sie mitten am Nachmittag, während wir Stratego spielten, bei Terry hereinschneite. Tja. Ich war sowieso ein umsichtiger Strategospieler – und wie heißt es doch so schön: Glück im Stratego, Pech in der Liebe.
Wenn ich mir heute »Maneater« anhöre, dann von dem Hall-&-Oates-Greatest-Hits-Album Rock n’ Soul: Part 1 , das ich meiner Schwester Tracy geklaut habe. Sie hat es einmal auf WHTT gewonnen, weil sie sofort beim Sender anrief, als sie das Intro von »Say It Isn’t So« hörte, und der Moderator nannte ihren Namen live im Radio. Das machte dieses sowieso schon aufregende Album für uns geradezu unfassbar aufregend. Anstatt es mir sofort unter den Nagel zu reißen, als ich aufs College ging, wartete ich lieber bis Thanksgiving, um ungestraft damit durchzukommen. Ich weiß nicht, ob sie je gemerkt hat, wo ihr Exemplar geblieben ist. Aber ich weiß, dass sie Hall total süß fand.
Es ist schon ein bisschen seltsam, wenn ich mir »Maneater« heute anhöre und feststellen muss, dass es mich an meine Schwester erinnert. Aber Songs, die einem kluge Ratschläge mit auf den Weg geben, wie das bei den meisten Songs von Hall & Oates eben der Fall ist, erinnern mich immer an meine Schwester Tracy, denn sie war diejenige, die dafür sorgte, dass ich dazulernte. Genau wie Hall & Oates wies auch sie mich gern darauf hin, was für ein Schwachkopf ich war. Aber anstatt mich damit in die Defensive zu drängen, hatte sie ein Händchen dafür, mich davon zu überzeugen, wie recht sie hatte. Sie ist heute noch so, und auch ihre achtjährige Tochter Sa rah macht sich schon darüber lustig, was für ein schlechter Schachspieler ich bin.
Als ich ein kleiner Junge war, beneidete ich Tracy dafür, wie schnell sie viele Dinge begriff, die ich nur mühsam erfasste. Immer wenn sie meine Grammatikfehler verbesserte, nannte ich sie Miriam Webster, denn in mei ner kindlichen Unwissenheit dachte ich, die Wörterbücher des Merriam-Webster-Verlags wären von einer Autorin dieses Namens verfasst worden. Damit zog sie mich natürlich sofort auf. Tracy ist diejenige meiner Schwestern, dank der ich weniger doof bin. Wenn ich auch nur eine Minute mit ihr verbringe, dann saugt sie praktisch die Dummheit aus mir heraus und pumpt dafür Schlauheit in mich hinein. Und dazu muss sie sich noch nicht mal
Weitere Kostenlose Bücher