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Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt

Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt

Titel: Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Sheffield
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Strom. Aber man widerspricht Kenny auch nicht. Er kommt auch ohne unsere Kommentare klar. Weil Kehovah weiß, was die Ladys gern hören, und es ist bestimmt nicht unser Gejammer darüber, dass sie sich einen super Zeitpunkt ausgesucht haben, um uns mit vierhundert Kindern sitzenzulassen, und das so kurz vor der Ernte. Kenny weiß, wie man ihnen gibt, was sie wollen, ohne dabei selbst durchzudrehen. Seine Lektionen sind allesamt gut, und ich habe immer versucht, sie zu beherzigen. Man muss nur wissen, wann man sie anwenden und wann man sie besser vergessen sollte.
    Keine Frau hat mich dazu gebracht, so viele von Kennys Regeln zu brechen, wie Miss Calasta.
    Miss Calasta kam immer zu spät ins Klassenzimmer, mit einem Kaffeebecher, der so groß war wie ein Blumenkübel. Auf den Tisch stellte sie ihre Schachtel filterlose Zigaretten, die das verstörende Bild eines mürrischen, alten Seebären zierte. Meine Schläfen pochten, wenn sie sich nach einer Rauchpause räusperte. Ich träume noch heute von Miss Calasta, die mich so viel gelehrt hat, beispielsweise, auf welche Art die moderne Literatur die Entfremdung in einer gottlosen Welt widerspiegelt und wie man einen Kaffeebecher halten muss, um einen Highschool-Jungen in Camembert zu verwandeln. Sie war ein Pheromonparfait im Bleistiftrock mit einem wippenden roten Bob und einer so scharfen Brille, dass sie sie gut und gerne als Klinge hätte benutzen können. Jahre später im College sah ich in meinem Französischkurs den Film Die Teuflischen und fand heraus, dass Miss Calasta ihre Mimik von Simone Signoret geklaut hatte. Aber damals war mir all das neu. Woher kam sie bloß? Wie konnte man nur so cool sein wie sie? Keiner wusste es, aber wir alle himmelten sie an. Die Klasse bestand aus Kiffern, Möchtegernschauspielern, Sportlern und Bücherwürmern, und alle schwärmten für Miss Calasta. Aber ich war mir sicher, dass ich sie am meisten liebte.
    Es ist immer gefährlich, in seine Lehrerin verknallt zu sein, weil die Verliebtheit dann gern die Studienwahl beeinflusst. Dank meiner Lateinlehrerin werde ich immer ein gewisses nescio quid verspüren, wenn ich das Futur II werde verwendet haben (wie eben jetzt). Wohingegen meine griesgrämige Mathelehrerin wohl der Grund dafür ist, dass ich in Gegenwart einer Hypotenuse nie den höchsten erotischen Genuss verspüren werde. Miss Calasta hatte Einfluss auf meine Lektüre und hat ihn zweifellos bis heute.
    Ich vermute, sie war in ihren Vierzigern und blickte auf eine geheimnisvolle Vergangenheit zurück, mit der stilvol len Verachtung eines Bankräubers aus den Dreißigerjah ren, der vom Rücksitz des Fluchtwagens aus die Landschaft an sich vorbeiziehen sieht. Der Trumpf in ihrem Ärmel war ihr volles, herzliches Lachen, bei dem sich ihre Mundwinkel ein wenig nach unten zogen und sie einem für ein paar Sekunden direkt in die Augen blickte, bevor der Freudenausbruch schließlich in ein trockenes Husten überging. Danach sagte sie den Namen desjenigen, der sie zum Lachen gebracht hatte. Oh Raaahhhb . Was auch immer sie belustigt hatte, man würde es auf jeden Fall wieder sagen wollen. Sie schaffte es, dass man sich wie ein Erwachsener fühlte, der sich einen Schnitzer erlaubt hatte, aus dem sie folgerte, dass man in Wirklichkeit doch nur ein sechzehnjähriger Junge war, der zum ersten Mal Der Große Gatsby las. Sie wollte von uns Dinge wissen wie: »Habt ihr die Frage, ob Gott tot ist oder nicht, schon einmal mit jemandem erörtert, mit dem ihr in einer sexuellen oder romantischen Beziehung standet?«
    Nicht mal Kenny Rogers konnte mir sagen, wie ich damit umgehen sollte. Bei ihr konnte ich seine Ratschläge weder anwenden noch sie vergessen.
    Miss Calasta lachte herzlich über meine Begeisterung für Musik und Poptrash. Sie fand es ganz reizend naiv von mir, dass ich all die Texte all der Songs im Radio auswendig konnte und Klatschzeitungen las. Ich kannte sogar die Oldies aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren, mit denen sie aufgewachsen war.
    »Oh, Raaahhb «, sagte sie, »du legst so viel Leidenschaft für die Shirelles an den Tag. Erzähl mir doch noch mal von diesem Skeeter-Davis-Song.«
    Ich war ein verträumter Junge, der sich immer den Kopf am Deckenventilator stieß oder über Stühle stolperte, aber sie sah etwas in mir, das ich selbst noch nicht gesehen hatte, und so wurde ich ein bisschen mehr zu dem, für den sie mich hielt. Bereitwillig las sie meine Geschichten, Gedichte und Theaterstücke. Sie hörte sich auch

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