Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt
dozierte über die Männer, die er bewunderte (Franklin D. Roosevelt, den irischen Politiker Eamon de Valera oder Kardinal Cushing, den früheren Erzbischof von Boston), und über die Männer, die er verachtete (Ronald Reagan, Richard Nixon oder den damals aktuellen Erzbischof von Boston, Kardinal Law).
Eines Abends kam ich nach unten, um ihm Gute Nacht zu sagen. Er saß in der Küche, hatte die Schuhe ausgezogen und sah ungewöhnlich bedrückt aus. Er hatte einen Nagelknipser in der Hand. Seine Zehennägel waren eingewachsen und taten ihm weh. »Das ist das Alter«, sagte er. Er konnte sich nicht mehr bücken, um sie sich selber zu schneiden.
Ich dachte, kein Problem, und kniete mich vor seinen Stuhl hin. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass es bluten würde. Sobald ich anfing, lief ihm Blut von den Zehen. Die vom Alter spröde gewordene Haut unter seinen Nägeln sprang auf. Mir macht es sonst eigentlich nichts aus, Blut zu sehen, aber der hier blutete, war mein Großvater.
»Es tut nicht weh«, sagte er immer wieder. »Mach ruhig weiter.«
Ein paar Jahre zuvor an Weihnachten hatte er meinen Onkel gebeten, ihm dabei zu helfen. Der hatte es ebenfalls versucht, aber auch er wurde panisch beim Anblick des Blutes – schließlich handelte es sich um seinen Vater –, und so hatte er nur einen Fuß geschafft. Ich wusste, es hatte meinen Großvater sicher sehr beschämt, dass er meinen Onkel bei einer so intimen Sache um Hilfe bitten musste, und ich wusste auch, dass er fürchtete, ich würde ebenfalls ablehnen. Also riss ich mich zusammen und zwang mich, es durchzuziehen. Ich sagte mir die ganze Zeit: »Es ist nur Blut. Das Blut meines Großvaters. Blut, das ihn über den Ozean getrieben hat und das jetzt auch in meinen Adern fließt, und okaaay , es ist nur Blut. Es tut ihm nicht weh. Er hat noch mehr davon. Er wird schon nicht verbluten. Niemand stirbt vom Zehennagelschneiden.«
»Mach nur weiter, Junge.«
»Da ist noch niemand dran gestorben. Er wird nicht der Erste sein. Ich bringe ihn schon nicht gleich um damit, und falls doch, dann wird mir Mutter sicher glauben, dass es allein seine Idee war und dass er wollte, dass ich ihn ausblute. Denn das ist es, was hier gerade passiert. Ich bin ein verdammter Metzger.«
Ich hatte einen Fuß fertig. Blut lief mir über die Hände. Ich säuberte ihm den Fuß und umwickelte ihn mit einem Geschirrtuch. War es normal, dass man so etwas für alte Leute tat? Ich hatte keine Ahnung, was normal war. Und ich hatte keine Ahnung, welche Blutgruppe er hatte, oder ob er selbst es wusste, oder was ich tun sollte, wenn das Ganze hier sich doch als schlechte Idee entpuppte.
Aber es war keine schlechte Idee. »Sag mir Bescheid, wenn ich dir wieder dabei helfen kann«, meinte ich zum Schluss. »Lass sie nicht wieder so lang wachsen.« Ich nahm an, er würde nie wieder fragen, aber schon ein paar Wochen später tat er es.
Außerdem riss er aus der Sonntagszeitung die Anzeige eines Versandhandels aus, der auch winzige Nagelscheren verkaufte. Er stellte einen Scheck über drei Dollar fünfzig aus und bat mich, die Bestellung abzuschicken. »Und was machen deine Fußnägel?«, fragte ich bei der Gelegenheit. »Soll ich sie dir heute Abend schneiden?« Er sagte: »Aaah, nicht nötig.« Was ungefähr bedeutete, dass ich ihn überreden sollte, damit er mich nicht bitten musste. Es wurde zu einem einsamen kleinen Ritual zwischen uns. Es war auch das erste Mal, dass ich das Gefühl hatte, ich müsse etwas, das meinen Großvater betraf, vor meiner Mutter verheimlichen. Sobald ich das Blut erwähnt hätte, wäre eine Riesensache draus geworden. Also verriet ich es niemandem. Es waren nur meine Hände, seine Füße, sein Blut, unser beider Geheimnis, und so sollte es bleiben. Selbst als ich bei ihm ausgezogen war, fragte ich ihn jedes Mal, wenn ich zu Besuch kam, was mit seinen Fußnägeln sei, und musste ihn dann überreden, meine Hilfe anzunehmen, genauso wie ich ihn dazu überreden musste, ihn zum Spirituosenladen fahren zu dürfen, damit er sich ein Fläschchen Whiskey kaufen konnte. Und genauso überredete er mich dazu, Geld anzunehmen, wenn ich ihn besuchen kam.
Herrgott noch mal, irische Männer! Schaffen wir es nicht, andere um den winzigsten Gefallen zu bitten? Warum tun wir uns so schwer damit, nach Hilfe zu fragen oder sie anzunehmen? Was zur Hölle ist mit uns los, und wie sind wir bloß so geworden?
Er fragte immer wieder nach der Nagelschere, die er bestellt hatte, obwohl
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