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Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt

Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt

Titel: Mit Maedchen ueber Duran Duran reden - Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rob Sheffield
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County Cork in Irland, um mir die Hütte anzusehen, in der er geboren worden war. Ich ließ eine Ellis-Burks-Baseballsammelkarte da.
    Als ich einigen meiner Freunde erzählte, dass ich mit meinem Großvater zusammenwohnte, nahmen sie an, ich würde ihn pflegen, ihm helfen, aufs Klo zu gehen, und solche Dinge. Aber diese Leute hatten wohl noch nie einen alten Iren getroffen. Ich durfte ihn noch nicht einmal zum Einkaufen fahren. Stattdessen nahm er den Bus, ohne mir etwas zu sagen. Als ich heimkam und herausfand, dass er in seinem Alter noch im Bus herumgestreunt war, brannten bei mir die Sicherungen durch, und ich schrie ihn an. Aber er saß unbeeindruckt in seinem Lehnsessel und lachte mich bloß aus. Er ging zwar am Stock, aber natürlich nur, weil er ihn schick fand.
    Nach dem Baseballspiel machte er uns immer Steaks und fing an, aus seinem Leben zu erzählen. Wenn wir mit dem Essen fertig waren, zogen wir wieder ins Wohnzimmer um und sahen Sanford and Son , eine Sitcom, die wir uns schon mein ganzes Leben lang zusammen angeschaut hatten. Er konnte sich gut in die Hauptfigur Fred Sanford hineinversetzen. Sie beide waren störrische alte Männer, die Strickjacken und Overalls trugen, und beide waren sie Witwer, die sich gerne selbst reden hörten. Sie waren Auswanderer mit starkem Akzent – mein Großvater ein Immigrant aus Irland in Boston, Fred Sanford ein Mann aus St. Louis in L . A. –, und beide waren sie oft konsterniert über die ganz normalen Amerikaner. Die Leute um sie herum kamen ihnen irgendwie albern vor. Jedenfalls war alt und fern der Heimat zu sein ein Witz, den mein Großvater verstand.
    Wenn er zu Bett gegangen war, blieb ich meist noch wach und schaute mir Yo! MTV Raps an, um meine Dosis De La Soul, Big Daddy Kane und Public Enemy abzubekommen. Danach schaltete ich wieder auf das Eternal World Network, damit mein Großvater morgens gleich beim ersten seiner täglich sieben Fernsehgottesdienste landete. Wenn ich vergaß, den Sender einzustellen, kam es immer zu derselben Diskussion zwischen uns. »Heute Morgen liefen mal wieder deine Clowns«, sagte er dann.
    Immer wenn er versuchte, mit mir zusammen MTV zu sehen, fand er es irrsinnig albern. Die einzige meiner Kassetten, die er mochte, war, seltsam genug, die von den Smiths. Sein Lieblingslied darauf war »Please, Please, Please Let Me Get What I Want«. Er meinte nur: »Das hat wenigstens so was wie eine Melodie.«
    Er zog das Radio in der Küche vor, das ihm die Lieder aus der alten Heimat spielte, obwohl er es, als er in meinem Alter war, kaum erwarten konnte, aus der alten Heimat wegzukommen. Die Lieder erinnerten ihn wieder an andere Lieder, und manchmal schloss er die Augen und rezitierte ihren Text. »One two three, balance like me. Now you’re a fairy, you’ve got your own faults.« Einige der Lieder stammten aus Irland, andere aus Amerika. Manche waren amerikanische Popsongs über Iren, andere irische Lieder über das Auswandern nach Amerika. »Your right foot is crazy, your left foot is lazy, but don’t be un-aizy, I’ll teach you to waltz.«
    Bei irischen Liedern wird man immer ein bisschen nostalgisch, selbst wenn man gar nicht aus Irland stammt. Als Oma noch lebte, träumte sie sich abends oft bei gelöschten Lichtern für ein oder zwei Stunden auf ihren Hof nach Irland zurück. Danach hielt sie dann mit einer alten Frühstückssirupflasche voll mit heiligem Wasser ihre Andachtsübungen ab. Sie ging durch die Wohnung und verspritzte es in alle Richtungen. Nach Süden für Onkel Eddie in Brasilien und in die übrigen Himmelsrichtungen für all ihre anderen Kinder, die überall verstreut lebten. Sie spritzte es auch auf meinen Großvater und mich. Wenn dann alle Gegenstände und Personen in der Wohnung ordentlich nass und überaus heilig waren, hatte sie ihre fromme Pflicht für diesen Abend erfüllt. Doch jetzt, nachdem sie von uns gegangen war, waren mein Großvater und ich allein mit unseren Liedern und Gesprächen. Also redeten wir miteinander.
    Vielmehr, er redete. Als meine Mutter noch klein war, war er ein schweigsamer Mann, aber eines Tages im Jahre 1961 bekam er den Auftrag, zusammen mit ein paar neuen Ingenieuren von den Philippinen die Ostküste auf und ab zu fahren. Ihr Englisch war noch nicht besonders gut, also war es seine Aufgabe, ihnen die gesamten Abläufe mit Eselsgeduld im Detail zu erklären. An diesem Tag fing er an zu reden und hörte nicht mehr auf. Wir saßen also oft in der Küche, hörten Radio, und er

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