Mit Pflanzen verbunden
netznervige Blatt des Beinwells ähnelt dem Fasergewebe des Knochens
Die Beinwellwurzeln sind schleimig und strotzen vor Lebenskraft
Der heilige Kreis des Medizinrads mit aufgehängten Tabaksopfern
Der Büffelschädel mit dem Großvaterstein ist der Mittelpunkt des Medizinrads
Der Knochenheiler
Zu Hause schaute ich mich auf dem Grundstück nach weiteren Heilkräutern um. Wie bei den Nachbarn bestand der Garten meiner Eltern vor allem aus einem gepflegten, kunstgedüngten, kurz geschorenen englischen Rasen; die Gehölze stammten aus einem Gartencenter. Nur die Braunelle (Prunella vulgaris) hatte das wöchentliche Mähritual überstehen können und trieb hier und da ihre braun-purpurnen Lippenblüten zwischen dem einheitlichen Grün aus. Aber das war schon etwas. Das Kraut, das im Englischen heal all (Allesheiler) heißt, kann als Auflage zerquetschte, geprellte Gewebe reinigen und „tonisieren“. Am Rande des Rasens befand sich auch blühendes Schafgarbenkraut. Schafgarbe heißt auf lateinisch Achillea, benannt nach dem Helden des Krieges um Troja. Es ist ein Kraut der Krieger, wie Achilles einer war, und seit Urzeiten für seine Fähigkeit bekannt, Wunden und Prellungen zu heilen. An einem Bach nicht weit hinter dem Haus entdeckte ich noch Baldrian, ein Heilkraut, dessen Wurzel die Fähigkeit hat, Nerven zu beruhigen und eine tiefe Entspannung zu bewirken. Nun konnte die Kur beginnen!
Meine Frau zerrieb die saftige Beinwellwurzel auf einer Reibe, mengte das Eiweiß von einem frisch aufgeschlagenen Ei dazu und trug die klebrige Paste vorsichtig auf das Schlüsselbein auf. Dann wurde die Bandage angelegt, wodurch die Schulter absolut ruhig gestellt wurde. Zweimal am Tag, am Morgen und am Abend, wurde dieser Umschlag gewechselt. Und jedes Mal, wenn der Umschlag gewechselt werden musste, legte ich mich eine halbe Stunde lang in die Badewanne – so, dass das heiße Wasser auch die Schulter mit bedeckte. Die im Garten gesammelten Kräuter – jeweils eine Handvoll Braunelle, Schafgarbe und ein Esslöffel Baldrianwurzel – die vorher aufgebrüht wurden, kamen als Badezusatz mit hinein. Der Baldrian diente dazu, die Verspannung der Muskulatur zu lösen, damit das Gewebe nicht so sehr auf die scharfen Knochensplitter drückte. Das linderte nicht nur den Schmerz, sondern verhalf auch zu einem entspannteren Schlaf.
Innerhalb von einigen Tagen verschwanden die subkutanen gelben und blauen Flecken der Prellung allmählich – das war die Wirkung der Schafgarbe und der Braunelle – und ich konnte fühlen, wie sich die Knochensplitter, wie von einer Zauberhand geführt, langsam wieder zusammenfanden und sich zusammenfügten. Nach wenigen Wochen war das Schlüsselbein geheilt und so gut wie neu. Die Operation war also doch nicht nötig gewesen. Wir waren froh, unserer Intuition gefolgt zu sein. Wieder einmal zeigte sich, dass die vis medicatrix naturae, das natürliche Selbstheilungsvermögen, wie man es im Mittelalter nannte, ein weiser Heiler ist.
Beinwell
(Symphytum officinale, S. peregrinum)
Weitere Benennungen: Beinheil, Beinbrechwurz, Wallwurz, Schmalzwurz, Schmerwurz (wegen seiner „speckigen“ Natur), Honigblume, Honigglocke, Bienensaug, Tschutschalan (bayrisch „tschutschen“ = saugen; die Blüten sind äußerst nektarhaltig), Hasenbrot, Milchwurz, Scheuerwurz, Schwarzwurz;
französisch: consoude, englisch: bonewell, comfrey.
Familie: Raublattgewächse (Boraginaceae) , verwandt mit Borretsch, Vergissmeinnicht, Lungenkraut, Hundszunge, Natternkopf.
Botanische Merkmale: Beinwell ist eine robuste mehrjährige Staude mit kräftigen, großen, lanzettlich-eiförmigen, rauhaarigen Blättern. Die dicken, fleischigen, äußerst schleimhaltigen Wurzeln sind innen weiß und haben eine schwarze Schale. Die glockenförmigen, 1–2 cm langen Blüten können je nach Unterart weiß, gelblich, purpurrot bis rotviolett oder himmelblau sein. Sie blühen den ganzen Sommer über und sind eine nektarreiche Bienenweide.
Planetarische Zugehörigkeit: Saturn.
In der mittelalterlichen Heilkunde und Botanik wurden Pflanzen, die dunkle, graue oder himmelblaue Blüten besitzen, dem Saturn zugeordnet. Der blaue Himmel am äußers-ten Rand der Schöpfung galt als „Saturnsphäre“. Als ebenfalls „saturnisch“ gelten Pflanzen mit kieselhaltigen, rauen „Haaren“, wie sie die Raublattgewächse besitzen, und solche, die im Menschen auf die innere „Saturnsphäre“, auf die Knochen oder auf die Milz, einwirken.
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