Mit Schwert und Magie
versetzte, war das Anschwellen des dämonischen Kults, der von Hadam ausging und von Hadamur wenn nicht unterstützt, so doch nicht abgewehrt wurde.
»Und auch die Königslegende, die für Luxon sprach, hat das Ihre dazu getan!« rief Lamir.
»Nicht in jedem Land, nicht überall«, meinte Hrobon, »doch du hast wahr gesprochen. Aber eine Königslegende ohne Luxon, ohne den rechtmäßigen Nachfolger? Niemand weiß, wo Luxon ist. Lebt er? Ist er tot? Auf jeden Fall ist er verschollen.«
»Du sagst es«, brummte Uinaho. »Ich vermag es nicht zu glauben, daß Luxon tot ist. Wie viele unbeschreibliche Abenteuer kennen wir, die er überstanden hat? Und bei wie vielen kämpften und handelten wir an seiner Seite? Ich glaube es nicht.«
Lamir faßte alles zusammen, was sie bewegte, und er sagte entschieden:
»Es gibt keine Beweise für seinen Tod, Freunde, und keine dafür, daß er lebt. Verhalten wir uns so, als wäre er nicht mehr unter den Lebenden! Einverstanden?«
»Einverstanden«, erwiderten die Männer hier im Kreis, aber es klang nicht so, als ob sie sich damit abfänden.
*
Feuchter Nebel zog über die Felder, brandete gegen die Mauern, die vor Nässe fast so dunkel waren wie die große Wolke, legte sich klamm auf die Haut der Männer und durchnäßte die Kleidung. Die Saiten an Lamirs Laute wurden schlaff.
»Verlaßt euch auf uns!« murmelte Darfoon. »Wir haben alles durchgesprochen.«
Noch war die Scheibe der Sonne nicht hinter den Wipfeln und den gerundeten Hügeln aufgegangen. Ein grauer, golden gesäumter Streifen lag auf dem Horizont. Die Pferde ließen die Köpfe hängen, und nur Abd’Shahids toter Bruder und eine andere Gestalt, die in Burnus, Kapuze und Stulpenhandschuhe gehüllt und deren Gesichtszüge nicht zu sehen waren, saßen aufrecht in den heruntergekommenen Sätteln.
»Los!«
Die Reiter, genau ein Dutzend, und die beiden bärtigen Männer zu Fuß verließen den Schutz des kleinen Wäldchens. Sie ritten zwischen den Büschen hinaus und in den tiefliegenden Nebel hinein. Es schien, als versänken die Pferde bis zu den Bäuchen im wogenden grauen Nebel. Die Magier Darfoon und Aymloor aus Logghard gingen voraus. Sie hatten sogar daran gedacht, daß ein Posten den kleinen Trauerzug von den Zinnen herab bemerkte - deshalb der Aufbruch im Schutz der tropfenden Blätter.
Über einen schmalen Pfad, der sich an Mauern und Hecken entlangwand, erreichten sie die breite Straße. Sie führte aus der östlichen Umgebung auf die Mauern und das größte, wuchtigste Tor zu. Die ersten Fabeltiere und Heroen schoben sich aus der grauen Flut und starrten die Ankömmlinge mit Hadamurs Augen herausfordernd an. Die Feuchtigkeit sickerte entlang ihrem steinernen Fell und tropfte von den Klauen und Krallen.
Die Magier gingen voran. Sie erweckten selbst auf Hrobon und Lamir den Eindruck, als wären sie trauernde Verwandte des Kaufmanns.
Lamir hockte im Sattel, hatte das rechte Bein über das Sattelhorn gelegt und schlug immer wieder veränderte Akkorde, während er die Saiten nach Gehör nachspannte. Das dumpfe Tappen der Pferdehufe, das Schnauben der Tiere, die unterdrückten Flüche der Männer und die Mißklänge paßten in die neblige, schaurige Stimmung. Der graue Streifen im Osten begann sich rot zu färben, und das erste Licht durchdrang den Nebel und ließ aus den Reitern und ihren Tieren Schimären werden, die sich der Stadt entgegentasteten. Niemand befand sich außer ihnen auf der Straße. Von den Blättern der mächtigen Bäume tropfte es; abgestorbene Früchte und dorrende Blätter fielen auf die Reiter herunter. Unbeweglich saßen die beiden Toten im Sattel.
»Mach nur weiter mit deinen traurigen Klängen!« empfahl Hrobon, der am Ende des Trauerzuges auf dem Orhako saß. »Man glaubt uns, daß wir trauern.«
Zwar hatten sie alles getan, um glaubhaft zu wirken, aber sie trugen noch alle ihre Waffen. Schweigend ritten sie weiter. Die Klänge von Lamirs Saiten hallten durch den feuchten Morgen. Das letzte Stück der gepflasterten Straße war von Hadamurs Künstlern gestaltet worden - die meisten Gestalten, in Stein gehauen und mit bronzenen Waffen, Helmen und Schilden ausgerüstet, zeigten wahre und erfundene Geschehnisse aus Hadamurs triumphalem Leben. Jetzt, da sie troffen, dunkel und stellenweise moosbedeckt waren, da Blattreste an ihnen klebten und den Stein verfärbten, schilderten sie trefflich den Zustand, in dem sich Hadamur befand.
Der Klagezug hatte die Stadtmauer erreicht.
Aymloor
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