Mit Sherlock Holmes durch Raum und Zeit 1
hatte: Der Buckingham-Palast, das Parlament und der Tower waren bereits errichtet. Die Kirche von St. Paul war erst halb fertig. Ein undurchdringlicher Nebel verdunkelte die Straßen so stark, daß man die Gaslaternen angezündet hatte. Schließlich fand er anhand eines Stadtplans das Gebäude von Scotland Yard und landete zwischen hohen Steinbauten auf dem Hof. Als er und Geoffrey ausstiegen, salutierte ehrerbietig ein dort herumstehender Hoka-Bobby in blauer Uniform.
»Menschen!« rief er in einem abgehackten Cockney-Akzent aus. »Da muß es sich ja um einen wirklich großen Fall handeln! Stehen Sie in den Diensten Ihrer Majestät, wenn ich mir herausnehmen darf, diese Frage zu stellen?«
»Nun«, sagte Alex, »nicht direkt.« Der Gedanke an eine bärenähnliche Queen Viktoria ließ ihn ein wenig aus dem Schritt geraten. »Wir möchten den Chefinspektor sprechen.«
»Yes, Sir!« sagte der Teddybär. »Inspektor Lestrade befindet sich im Erdgeschoß, Sir, erste Tür links.«
»Lestrade«, murmelte Geoffrey. »Den Namen habe ich doch schon mal gehört?«
Sie erklommen die Treppenstufen und schlenderten durch einen von tanzenden Gasflammen nur notdürftig erhellten Korridor hinab. An der Bürotür, der sie entgegenstrebten, befand sich ein Schild. In großen Buchstaben stand darauf:
OBERSTER STÜMPER
»Oh, nein!« stieß Alex atemlos hervor.
Er öffnete die Tür. Ein kleiner Hoka mit Bratenrock und ungewöhnlich großer Hornbrille erhob sich hinter seinem Schreibtisch.
»Der Botschafter!« rief er erfreut aus. »Und noch ein Mensch! Was führt Sie zu mir, Gentlemen? Ist…« Er unterbrach sich, ließ seinen Blick in plötzlich aufsteigender Furcht durch das Büro schweifen und senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Ist Professor Moriarty wieder einmal ausgebrochen?«
Alex stellte Geoffrey vor, dann nahmen sie Platz und erklärten die Situation. Geoffrey endete mit der Bemerkung: »Und deswegen möchte ich, daß Sie den CID – so nennen Sie diese Spezialabteilung wohl – organisieren und mir helfen, die Spur dieses Fremdlings aufzunehmen.«
Lestrade schüttelte den Kopf. »Es tut mir wirklich leid, Gentlemen«, sagte er, »aber das können wir nicht tun.«
»Das können Sie nicht?« echote Alex schockiert. »Und warum nicht?«
»Es würde zu nichts führen«, sagte Lestrade bekümmert. »Wir würden nichts finden. Nein, Sir, in einem Fall, der so ernstzunehmen ist wie dieser, gibt es nur einen Mann, der fähig wäre, einem Erzlumpen wie diesem das Handwerk zu legen. Damit meine ich natürlich niemand anderen als Mr. Sherlock Holmes.«
»Oh, NEIN!« platzte Alex heraus.
»Bitte?« fragte Lestrade.
»Nichts Besonderes«, keuchte Alex und wischte sich panisch den Schweiß von der Stirn. »Aber sehen Sie, Lestrade, Mr. Geoffrey ist ein Vertreter der besten Polizeitruppe der Galaxis. Er…«
»Aber ich bitte Sie, Sir«, sagte Lestrade mit einem amüsierten Lächeln. »Sie wollen ihn doch wohl nicht ernsthaft mit Sherlock Holmes vergleichen. Ich bitte Sie nun aber wirklich!«
Geoffrey räusperte sich wütend, aber Alex trat ihn unter dem Tisch gegen das Schienbein. Es war absolut verboten, ein einmal eingeführtes Kulturverhalten mit unsinnigen Fragen zum Einsturz zu bringen – ausgenommen natürlich, wenn man helle genug war, subtilere Methoden als plumpe Argumente zum Einsatz zu bringen.
Zum Glück verstand Geoffrey den Wink sofort und sagte mit schmerzlich verzogenem Gesicht und erstickt klingender Stimme: »Natürlich wäre ich der Letzte, dem es in den Sinn käme, mich mit Mr. Holmes zu vergleichen.«
»Fein«, sagte Lestrade und rieb seine Patschhändchen. »Fein. Ich werde Sie also zu seiner Wohnung bringen. Dort können wir ihm das Problem darlegen. Ich bin davon überzeugt, daß es sein Interesse finden wird.«
»Das glaube ich auch«, sagte Alex unheilschwanger.
Eine klapprige Droschke kam die nebelverhangene Straße herabgefahren. Lestrade hielt sie an. Während Geoffrey einen verwunderten Blick auf das schuppenbewehrte, dinosaurierähnliche Reptil warf, das den Wagen zog und von den Hokas für ein Pferd gehalten wurde, stiegen sie ein und fuhren in flottem Tempo durch die überfüllten Straßen. Überall wimmelte es von Fußgängern. Die männlichen Hokas trugen meist steife Gehröcke und Zylinder, hielten zusammengefaltete Regenschirme unter den Armen und begleiteten Damen in langen Kleidern. Hier und da konnte man allerdings auch einen Bobby, einen rotuniformierten Soldaten
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