Mit sich selbst befreundet sein
lässt, oder das Lachen, das aus simplem Humor resultiert, das heißt aus einer Disponiertheit, bei der die Schwelle zum Lachen denkbar niedrig angesetzt ist: Humor als der Humus, auf dem Menschen besonders gut gedeihen. Es gibt jedoch auch das Lachen des Wahnsinns , dessen Grund niemand recht kennt und das penetrant ist, da es weder Anfang noch Ende hat. Und das infantile Lachen, das nicht unbedingt das Lachen des Kindes ist, sondern aus einer Verlegenheit resultiert, wenn schwierige Situationen größer sind als das Subjekt, das sie zu bewältigen hat. Und schließlich ist Lachen ein gesellschaftliches Phänomen, in solchem Maße sogar, dass es als pathologisch gilt, allein für sich zu lachen. Es begründet Gemeinschaft, ja Komplizenschaft zwischen Menschen: Im Lachen finden die Freunde zueinander und erkennen sich; aber das Band zwischen ihnen wird zerschnitten, wenn einer stets nur über den anderen lacht, statt mit ihm.
Das Lachen ist ein Element jeder Kultur. Eine Kulturgeschichte des Lachens könnte die Geschichte seiner großen Augenblicke erzählen, gewiss auch die Geschichte der Masken des Karnevals quer durch die Zeiten und Räume: Denn da das permanente Lachen keiner aushält, gibt es Masken , in denen es festgegossenwird. Lange galt das Lachen in der christlichen Kultur als Sache des Teufels, es schallte aus dem Abgrund des Bösen hervor und stand mit Lüsten und Sünden im Bunde. Das satanische Gelächter verfolgte die Apostel und Kirchenväter so lange, bis sie es als Attribut dem Gott absprachen und der Unterwelt zuwiesen. Aber in Wahrheit ist das Lachen ambivalent: Das boshafte Lachen durchkreuzt das christliche Liebesgebot und ist für eine christliche Kultur untragbar. Das freundliche Lachen hingegen öffnet das Herz und stellt mühelos die Brücke zu anderen her, um die es in der christlichen Kultur so nachdrücklich geht. In der Geschichte des Lachens würde man auf die Kultur der Renaissance stoßen, in der der Witz als Waffe wieder entdeckt wird: Petrarca legt ganze Witzarsenale nach dem Vorbild Plutarchs an. In Novellen erscheinen Possen und Späße von einer Rohheit und Bosheit, die kaum zu übertreffen ist; die Erfindung und Erzählung solcher Geschichten wird geradezu zu einem Beruf. Man hätte es in dieser Geschichte mit Don Quichotte und Sancho Pansa zu tun, mit Rabelais und François Villon, auch mit Molière, der die Arbeit der Aufklärung mit Konvulsionen belebt hat, die sie weit mehr beförderten als so manche theoretische Abhandlung. Balzac nicht zu vergessen, der sein ganzes Werk der Comédie humaine widmete; und Baudelaire, der überzeugt war, es gäbe keine Komik mehr, dächte man sich den Menschen aus der Schöpfung weg. Im 20. Jahrhundert lebt das Medium des Films im Lachen erst so richtig auf, mit Buster Keaton und Charlie Chaplin, die sich noch lange nach ihrem Tod darauf verstehen, regelrechte Lachsalven freizusetzen. Auch Karl Valentin wusste sich dieses Mediums zu bedienen, als er ein ums andere Mal die Lunte an den Sprengsatz hielt, der im banalen Alltag versteckt ist. Wo lässt sich das Lachen am besten erlernen? Im Kabarett. Und im Dadaismus, der seit seinen Anfängen ein schallendes Gelächter ist. »Schrankenlose Freiheit für HH« forderte ein dadaistisches Werk von 1919, HH für die Dadasophin Hannah Höch, auch für das Haha des Lachens, das gegen Verfestigungen der Gesellschaftantreten sollte. Schon damals sprachen sich die Dadaisten für eine radikale Sanierung des Erdballs aus, ein Bestandteil ihrer Propagandada und eine Reaktion auf die Erfahrung des Ersten Weltkrieges, dem sie ein sarkastisches Gelächter hinterherschickten: »Wir sahen damals die irrsinnigen Endprodukte der herrschenden Gesellschaftsordnung«, sagte George Grosz 1925, »und brachen in Gelächter aus«. Es war das Gelächter der Verzweiflung – das einzige, das auf eine Katastrophe noch antworten kann.
Das Lachen ist autark im wirklichen Sinne, es genügt völlig sich selbst. In ihm konzentriert sich die wahre Philosophie : die Liebe zum Lachen. Es dröhnt aus dem Horizont der Möglichkeiten und prustet über die kleine Welt, die sich willentlich in ihrer Wirklichkeit verschließt. Es ist ein verrücktes Lachen über den Wahnsinn der alltäglichen Welt, die sich für die einzig mögliche hält, während sie morgen schon von gestern ist; Lachen über den Wahnsinn des Menschen, der sich von unmäßigen Begierden, die er nicht zu zügeln weiß, zu allem hinreißen lässt; der zuletzt über die
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