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Mit verdeckten Karten

Mit verdeckten Karten

Titel: Mit verdeckten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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»Ich muß mit ihm selbst sprechen.«
    »Er ist nicht in Moskau«, erwiderte Kira, strikt den Anweisungen Platonows folgend. »Er ist weggefahren und hat die Unterlagen dagelassen, die ich Ihnen übergeben soll.«
    »Wo ist er hingefahren?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Um welche Unterlagen handelt es sich?«
    »Ich habe sie nicht gelesen. Sie befinden sich in einem verschlossenen Kuvert, Dima hat mir verboten, es zu öffnen. Ich werde sie morgen vormittag in der Gepäckaufbewahrung des Kiewer Bahnhofs deponieren. Schließfach siebenundzwanzig, Code sechs-zwei-neun-fünf.«
    »Woher wollen Sie wissen, daß das Schließfach Nummer siebenundzwanzig frei sein wird, wenn Sie morgen zum Bahnhof kommen?«
    »Ich habe es schon heute morgen besetzt. Und morgen werde ich die Unterlagen hinbringen. Wenn Sie Dima etwas übergeben möchten, hinterlassen Sie es im Schließfach. Er wird sich vielleicht mit mir in Verbindung setzen.«
    »Geben Sie mir für alle Fälle Ihre Telefonnummer!« verlangte Russanow.
    »Ich habe kein Telefon«, antwortete Kira ungerührt. »Ich bin vor kurzem in ein Neubaugebiet umgezogen, dort gibt es noch keine Anschlüsse. Auf Wiedersehen, Sergej Georgijewitsch.«
    »Warten Sie, warten Sie doch bitte noch eine Minute!« »Ja?«
    »Sagen Sie Dima, daß es sehr schlecht steht. Er wird mit verstärkten Kräften gesucht, die Meldung ist an alle Abteilungen des Innenministerium gegangen, alle haben ein Foto. Ich weiß nicht, wo er sich versteckt, und ich will es auch nicht wissen. Aber er soll da bleiben, wo er ist, und sich nicht von der Stelle rühren. Wenn die Spannung nachläßt, werde ich Bescheid geben, aber vorläufig soll er nicht einmal mit dem Gedanken spielen, sich auf der Straße blicken zu lassen. Und sagen Sie ihm noch, daß ich nicht an seine Schuld glaube. Ich wurde in das Ermittlerteam einbezogen, das sich mit der Aufklärung des Mordes an dem Mitarbeiter aus Uralsk befaßt, insofern habe ich die Hand am Puls. Ich werde ihn retten. Richten Sie ihm das bitte aus, ja?«
    »Gut, ich werde es ausrichten.«
    Nachdem Kira den Telefonhörer aufgehängt hatte, verließ sie die Telefonzelle, bestieg einen Bus und fuhr über den Ring Sadowoje Kolzo zur Metro. Der Weg bis nach Hause war ziemlich weit, aber Dmitrij hatte sie ausdrücklich gebeten, die Anrufe aus dem Stadtzentrum zu machen, am besten aus irgendeiner Telefonzelle am Ring. Sollte sie gleich beim ersten Mal auf ein Telefon stoßen, das abgehört wurde, so unwahrscheinlich das war, würde die Miliz nicht so schnell zu ihr Vordringen können. Der Ring war immer mit Autos verstopft, auf jeder Kreuzung ein Stau.
    Sie betrat die Wohnung und hörte nichts, nichts außer vollkommener Stille. War ihr Gast weggegangen?
    »Dima!« rief sie unsicher.
    Keine Antwort. Schweigen. Kira zog schnell ihre Stiefel aus und betrat, ohne den Mantel abgelegt zu haben, die Küche. Platonow stand still in einer Zimmerecke und beobachtete die Tür.
    »Warum antwortest du nicht? Ich bin erschrocken, ich dachte schon, du bist weg.«
    »Ich mußte mich erst vergewissern, daß du allein gekommen bist«, sagte er leise.
    »Traust du mir etwa nicht?« fragte Kira empört.
    »Entschuldige, aber auch du wolltest gestern meine Papiere sehen. Es hätte doch sein können, daß du auf der Straße eine Freundin getroffen hast oder eine Nachbarin, und plötzlich hätte hier jemand gestanden, der sich Streichhölzer oder Salz ausleihen will. Und morgen hätte dann das ganze Haus gewußt, daß sich in Kiras Wohnung ein fremder Mann aufhält.«
    »Hältst du mich für eine ausgemachte Idiotin?« fragte sie gekränkt. »Glaubst du, ich besitze nur anderthalb Gehirnwindungen und schleppe die nächstbeste Freundin in die Wohnung, um mich mit einem neuen Mann zu brüsten?«
    »Aber nein, natürlich nicht«, sagte Platonow friedliebend, während er sich an den Tisch setzte und eine Packung Zigaretten hervorholte. »Ich weiß einfach nur aus Erfahrung, welche winzigen Zufälligkeiten zum Scheitern eines gut durchdachten Planes führen können. Es hätte zum Beispiel eine aufdringliche Nachbarin im Treppenhaus auftauchen können, die dich gegen deinen Willen bis in deine Wohnung verfolgt. Es hätte sonst was sein können . . . Aber jetzt erzähl!«
    Kira berichtete ihm kurz von ihren beiden Telefonaten.
    »Abends wirst du noch einmal ins Zentrum fahren müssen. Du bringst die Unterlagen zum Bahnhof und deponierst sie im Schließfach einhundertsiebenundzwanzig.«
    »Siebenundzwanzig«,

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