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Mit verdeckten Karten

Mit verdeckten Karten

Titel: Mit verdeckten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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als jemanden sehen, der böse und grausam ist und mich in meinem Elend auf die Straße gesetzt hat. Ich werde dir für alles dankbar sein, was du für mich getan hast, und ich werde bis zu meinem Lebensende in deiner Schuld bleiben.«
    Das Feuer in ihren schokoladenbraunen Augen erlosch wieder, es war nur noch ein ruhiger, matter Glanz in ihnen. Schweigend begann sie, das Mittagessen aufzuwärmen, und dabei lächelte sie Dmitrij immer wieder zu. Er fühlte sich plötzlich erstaunlich ruhig und sicher in der Gegenwart dieser lächelnden, ausgeglichenen Frau.
    Sie unterbrach plötzlich das Schweigen.
    »Warum bist du so sicher, daß das Schließfach einhundertsiebenundzwanzig frei sein wird?«
    »Weil ich gestern zwei Schließfächer besetzt habe. Die siebenundzwanzig und die einhundertsiebenundzwanzig. Der Code ist bei beiden derselbe.«
    »Du bist sehr umsichtig«, sagte sie mit einem wohlmeinenden Nicken. »Ich wäre nicht darauf gekommen.«
    Ihr Lob erfreute ihn aus irgendeinem Grund. Sollte ich ihr tatsächlich gefallen wollen? fragte sich Dmitrij innerlich. Irgendwelche seltsamen Dinge gehen mit mir vor. Er fuhr fort, sie aufmerksam zu beobachten, während sie in der Küche hantierte. Ihre Bewegungen waren graziös und sparsam. Es war nichts Hektisches an ihr, keine überflüssigen, flatternden Gesten, sie machte keine unnötigen Handbewegungen und rannte nicht sinnlos in der Küche hin und her. Auch als sie bewegungslos vor der Herdplatte stand und in einem Topf mit einem wohlriechenden Inhalt herumrührte, blieben ihre Schultern und ihr Rücken gerade. Sie stand zwar in etwas gebückter Haltung, aber nicht verkrümmt, wie manche Leute, die bei ähnlichen Beschäftigungen von einem Bein aufs andere treten und ständig das Zentrum ihres Körpergewichts verlagern.
    »Kira, warst du schon einmal verheiratet?« fragte er übergangslos.
    Sie drehte sich um und lächelte Dmitrij mit einem warmen Lächeln an.
    »Ja, aber nur sehr kurz. Es ist schon lange her. Ich habe es schon vergessen.«
    3
    Die Schwiegermutter hatte nur drei Monate gebraucht, um Kira und ihren Sohn nach der Heirat wieder auseinanderzubringen. Die Ehe war Hals über Kopf geschlossen worden, daran hatte die Mutter des Bräutigams nichts mehr ändern können, aber sofort nach der Heirat begann sie, entsprechende Aktivitäten zu entwickeln.
    »Auf deinen Kopf wird kein einziger Hut mehr passen«, prophezeite sie ihrem Sohn hochmütig.
    »Was meinst du damit?«
    »Ich meine, daß dir schneller Hörner wachsen werden als du es merken wirst. Deine Frau ist zu schön, du wirst doch nicht glauben, daß sie dir treu bleibt.«
    »Wie kannst du nur, Mama«, empörte sich Sascha. »Kira hat vor mir noch niemanden gehabt, sie ist doch keine Nutte.«
    »Richtig, mein Söhnchen, sie ist keine Nutte. Aber sie kann nichts und wird es in ihrem Leben aus eigener Kraft nie zu etwas bringen. Sie hat keine Ausbildung, mit ihrem Verstand ist es auch nicht weit her, ihr bleibt nur der Körper, um etwas im Leben zu erreichen. Sicher, sie hat vor dir niemanden gehabt, aber das kommt nicht von ungefähr. Sie hat sich vorgenommen, sich ein goldenes Fischlein zu angeln, und zu diesem Zweck mußte der Angelhaken in jungfräulichem Zustand sein.«
    »Mama!«
    »Mama, Mama, etwas anderes fällt dir nicht ein«, spottete die Mutter streitlustig. »Sie hat sich in eine anständige Familie hineingedrängt, und weißt du, was nun passieren wird? Sie wird anfangen, mit deinen Freunden zu schlafen, damit sie ihr eine gute Stelle in irgendeiner Firma beschaffen, dann wird sie mit ihrem Chef schlafen, um befördert zu werden, und dann, bevor du dich versiehst, macht sie sich auch an deine Chefs heran, damit auch du in deiner Firma vorwärtskommst. Da sie nichts im Kopf hat und mit Verstand nichts erreichen kann, wird sie ihren Körper benutzen. Sie ist schon zweiundzwanzig, warum hat sie denn bis jetzt nichts gelernt, warum hat sie keine Ausbildung? Weil es ihr an Verstand und an Ausdauer fehlt. Das einzige, was sie kann, ist bumsen.«
    Die Schwiegermutter hielt mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg, sie äußerte sie lauthals bei jeder Gelegenheit. Nach drei Monaten platzte Kira der Kragen. Nach einem sehr ernsten Gespräch mit ihrem Mann, in dem sich herausstellte, daß Sascha nicht in der Lage war, mit seiner Mutter zu diskutieren und sich ihrem Willen zu widersetzen, packte die junge Ehefrau ihre Sachen und ging zurück zu ihren Eltern.
    Ein halbes Jahr später begann Kira ein

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