Mit verdeckten Karten
die Haare zu raufen, weil du nicht fünf Jahre, sondern höchstens noch fünf Monate warten willst, nein, du wirst ihm sagen, daß du auch fünf Jahre warten wirst, aber dann auch wirklich keinen Tag länger. Entweder wird er dich nach fünf Jahren heiraten, oder du wirst ihn dann zum Teufel schicken. Und in fünf Jahren wirst du ganz nebenbei Gelegenheit haben, ihn bestens kennenzulernen.«
»Genug, ich will nicht mehr über traurige Dinge reden«, sagte Dascha entschieden und sprang vom Küchenhocker auf. »Du heiratest im nächsten Monat und beschäftigst dich mit diesem Unsinn. Komm, wir wollen uns deine Garderobe vornehmen.«
Dascha arbeitete als Verkäuferin in der Damenabteilung eines teuren Modegeschäfts. Als sie erfahren hatte, daß Nastja endlich ihren langjährigen Freund Alexej Tschistjakow heiraten wollte, begann sie sofort, sich Gedanken um den Hochzeitsstaat ihrer zukünftigen Schwägerin zu machen.
Nastja lehnte es kategorisch ab, sich etwas Neues für die Hochzeit zu kaufen, sie berief sich auf ihr schmales Budget und ihre Abneigung gegen alles Pompöse und Feierliche. Dascha war zuerst sichtlich enttäuscht, weil sie in ihrem Geschäft bereits einige sehr schöne, elegante Kleidungsstücke ins Auge gefaßt hatte, sie waren zwar sündhaft teuer, aber dafür konnten sie durchaus mit einem richtigen weißen Hochzeitskleid mit blödsinnigen Rüschen und Spitzen konkurrieren.
»Gut, wenn du so starrsinnig bist, werde ich dir etwas Passendes aus deinem eigenen Kleiderschrank aussuchen«, verkündete sie schließlich.
»Warum?« fragte Nastja erstaunt. »Ein Kleid kann ich doch selbst aus dem Schrank nehmen.«
»Das fehlte noch. Wenn ich nicht dabeistehe und aufpasse wie ein Luchs, gehst du in Jeans, Turnschuhen und einem T-Shirt mit irgendeinem idiotischen Aufdruck zum Standesamt. In einem Jahr wirst du Oberstleutnant sein, Anastasija, aber du hast noch nicht einmal die Seriosität eines Sergeanten. «
Heute war Dascha ganz offensichtlich entschlossen, ihre Drohung wahr zu machen. Sie ging hinüber ins Zimmer, öffnete den Schrank, nahm mit einem einzigen geschickten Griff sämtliche Bügel mit den aufgehängten Kleidungsstücken aus dem Schrank und warf sie aufs Sofa. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und wollte die Koffer vom Zwischenboden herunterholen. Nastja ging entsetzt dazwischen.
»Dascha! Bist du verrückt geworden? Laß das sofort bleiben, ich mache das selbst. Bist du noch bei Trost?«
Als die geöffneten Koffer und Reisetaschen in Reih und Glied auf dem Fußboden standen, atmete Dascha auf.
»Das war’s. Jetzt geh in die Küche, und störe mich nicht mehr, bis ich dich rufe.«
Nastja verließ erleichtert das Zimmer und begann, das Abendessen vorzubereiten. Wäre Dascha nicht gekommen, hätte sie sich ein paar Toasts mit Wurst und Käse gemacht und eine große Tasse starken Kaffee getrunken. Aber die schwangere Dascha brauchte natürlich eine ganz andere Kost. Die Feinfühligkeit der jungen Frau war tatsächlich grenzenlos. Sie wußte, daß die Schwerter ihres zukünftigen Mannes nicht gern einkaufte und noch weniger gern kochte, deshalb hatte sie alles mitgebracht, was sie selbst essen durfte und mußte: frisches Obst, Joghurt, Quark, Vollkornbrot, zwei Gurken und eine riesige, rotbackige Tomate für den Salat.
Nastja hatte gerade begonnen, den Nachtisch zuzubereiten, als ihr Halbbruder Alexander anrief.
»Sei gegrüßt, Schwesterchen. Ist meine Schöne bei dir?«
»Ja, sie ist hier. Sascha, ich möchte dir eine indiskrete Frage stellen, solange sie mich nicht hört. Hast du eigentlich vor, dich scheiden zu lassen, oder führst du Dascha an der Nase herum? In drei Monaten kommt euer Kind zur Welt, falls du das vergessen haben solltest.«
»Ich glaube, du hältst mich für einen ausgemachten Schurken, Nastja. Kann das sein?«
»Nein, eigentlich nicht, aber es könnte soweit kommen.«
»Dann hör mir gut zu! Unser Kind wird in einer gesetzlichen Ehe geboren werden. Alle juristischen Fragen sind bereits geklärt. Ich nehme nichts mit, sondern überlasse den gesamten gemeinsamen Besitz meiner Frau, in drei Wochen kaufe ich eine neue Wohnung und hole Dascha zu mir. Mit dem Standesamt ist ebenfalls alles besprochen. Da Dascha schwanger ist, erläßt man uns die übliche Probezeit, wir können gleich an dem Tag heiraten, an dem wir das Aufgebot bestellen. Wir fahren zum Standesamt, füllen die Formulare aus, und eine Stunde später bekommen wir die Heiratsurkunde. In
Weitere Kostenlose Bücher