Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen
und Ihrem Geist guttut.
Für diese Yoga-Übung brauchen Sie keine Matte: Wenn Sie das nächste Mal einem Menschen begegnen, der Ihnen grundsätzlich sympathisch ist, lächeln Sie ihn an. Wenn er nicht gerade etwas Unangenehmes erlebt hat, wird er vermutlich zurücklächeln. Nun kommt der Moment für Pratyahara: Sie nehmen das gemeinsame Lächeln im Außen wahr und richten die Aufmerksamkeit nach innen. Was ist durch diese kurze lächelnde Begegnung in Ihrem Innenraum passiert? Je häufiger Sie diesen Außen-Innen-Wechsel üben, desto feiner wird die Wahrnehmung für das Zusammenspiel von innen und außen. Von Charlie Chaplin stammt der Spruch: »Ein Lächeln ist die kürzeste Verbindung zwischen zwei Menschen.«
Sie können sich in dieser wechselnden Außen-Innen-Perspektive natürlich auch mit einer gerade aufblühenden Blume oder einer schönen Landschaft, auf die Sie gerade blicken, verbinden. Die Wirkung eines unfreundlichen Wortes oder Blickes zu spüren, braucht nicht speziell geübt zu werden, dies beherrschen wir in der Regel auch ohne Übung. Anders ist es jedoch oft bei den schönen Begegnungen: Die Wahrnehmung ihrer Wirkung muss geübt werden. Ich halte dieses Lauschen nach innen für ein wichtiges Heilmittel unserer Zeit, die von uns ein ständiges Wach- und Präsentsein in der Außenwelt verlangt und kindliches Träumen schnell als Aufmerksamkeitsdefizit-Störung entwertet.
Eugene Gendlin 32 hat mit seinem Focusing-Modell eine Methode entwickelt, mit der sich der sogenannte »Felt Sense« in sechs Schritten entwickeln und herausdifferenzieren kann. Zunächst nur vage, schwer fassbare körperliche Resonanzphänomene können sich wandeln und klären, damit Entscheidungen leichter fallen und Ziele deutlicher werden. Auch auf Gendlins Weg ist es wichtig, dass die Aufmerksamkeit dem eigenen Erleben gegenüber akzeptierend und nicht wertend ist. Der erste Schritt besteht darin, sich Freiraum zu verschaffen und Abstand von äußeren Erwartungen oder Erfordernissen zu gewinnen und den inneren Prozessen die gleiche Achtung und Wertschätzung entgegenzubringen, wie wir es bei äußeren Vorgängen gewohnt sind. Hier besteht eine große Nähe zum yogischen Pratyahara. Focusing ist im therapeutischen Kontext entstanden und bleibt in diesem psychotherapeutischen Rahmen. Ähnlich wie Yoga ist es ein Weg der Selbst-Erkenntnis und der Selbst-Bewusstwerdung mit dem Ziel, mehr Verantwortung für das eigene Leben übernehmen zu können.
Wenn wir Pratyahara üben, dann nehmen wir – ohne Wertung – wahr, wie wir atmen, wie wir sitzen, wie die Körperhaltung ist, welche Gedanken uns zurzeit immer wieder fesseln wollen usw. Wir nehmen auch wahr, ob wir müde sind, ob wir Raum zum Rückzug brauchen, ob das Essen, das es heute Mittag gab, uns gut bekommen ist oder ob unser Körper jetzt gerade eine Bewegung brauchen könnte, die ihm gut täte. Es geht nicht darum, diesen Impulsen sofort zu folgen, sondern die Übung besteht darin, sich bewusst Zeit für eine »Inspektion«, für eine Innen-Perspektive, zu nehmen.
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Übung: Die Schildkröte
Abb. 7: Die Schildkröte (1)
Manchmal tut es gut, nur bei mir zu sein und die Welt draußen zu lassen.
Breiten Sie eine Decke, Matte oder einen Teppich auf dem Boden aus. Beginnen Sie mit dem Kniestand und lassen Sie sich dann im Fersensitz nieder, indem die Zehen sich berühren und die Fersen dem Gesäß Platz machen. Schieben Sie nun die Arme so weit wie möglich nach vorne; Daumen und Zeigefinger der rechten Hand berühren sich mit den gleichen Fingern der linken Hand. In diesen schützenden Kreis können Sie nun IhreStirn ablegen. Füße, Knie, Ellbogen und Hände schirmen nach außen ab. Die empfindlichen Körperteile wie Bauch, Herzraum und Gesicht sind von der Welt abgewandt.
Vielleicht genießen Sie jetzt erst einmal diese Position, in der Sie ganz bei sich und mit sich selbst sind.
Abb. 8: Die Schildkröte (2)
Danach kann ich geschützt und vorsichtig oder manchmal auch neugierig um mich schauen.
Heben Sie nun den Kopf und machen Sie sich bewusst, in welcher Welt Sie leben, wer was von Ihnen erwartet, welche Aufgaben Sie selbst an sich stellen usw. Danach legen Sie Ihren Kopf wieder in den Raum zwischen Ihren Armen, verabschieden sich quasi von der Außenwelt, um sich wieder nur der eigenen Innenwelt zuzuwenden. Machen Sie dies einige Male und spüren Sie, bei was Sie sich wohler fühlen. Gibt es etwas in der Außenwelt, das Sie neugierig macht, oder überwiegt ein
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