Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen
etwas unheimlich vor, denn trotz ihres Alters wirkte sie keineswegs gebückt, nein sie wirkte fast fröhlich, manchmal pfiff sie ein Lied leise vor sich hin. Sie verließ das Haus niemals, ohne sich vorher eine Handvoll Bohnen in die Tasche zu stecken. Sie tat dies nicht etwa, um darauf zu kauen. Nein, sie nahm diese mit, um schöne Momente einzufangen. Jedes Mal, wenn sie einem fröhlichen Plausch auf der Straße beiwohnte, wenn sie das Lachen eines Kindes hörte, wenn ihr ein köstliches Mahl gelungen war oder ein schattiger Platz in der Mittagshitze ihr Kühlung schenkte, ließ sie eine Bohne von der einen Rocktasche in die andere wandern, manchmal wechselten sogar zwei bis drei Bohnen ihre Seite, weil ein besonders schöner Moment für sie doppelt und dreifach wog. Abends zählte sie die Bohnen und ließ jede einzelne Begebenheit noch einmal vor ihrem inneren Auge erscheinen, freute sich und dankte dem Schicksal, das es offensichtlich so gut mit ihr meint. Und auch an Tagen, an denen nur eine Bohne die Seite gewechselte hatte, hatte es sich für sie gelohnt zu leben.
Mit Hilfe der bildgebenden Verfahren der modernen Hirnforschung konnte nachgewiesen werden, dass im Gehirn die gleichen Areale feuern, wenn wir etwas tatsächlich erleben und wenn wir nur eine lebhafte Vorstellung von etwas haben. Sicher haben Sie selbst auch schon mal erlebt, dass ein wunderschöner Sonnenuntergang oder ein herrlicher Strand, den Sie – »nur« im Film oder Fernsehen – gesehen haben, bei Ihnen einen tiefen Atemzug verbunden mit einem angenehmen Wohlgefühl ausgelöst hat, während Sie sich beim Anblick eines ekligen Bildes schüttelten und körperliche Ekelgefühle wahrnehmen konnten. Und ein Foto von einem durch Krieg verstümmelten Menschen ließ Sie den Atem anhalten, obwohl es nur ein Bild war. Ähnliches passiert auch in Träumen: Obwohl es nur »innere Filme« und Bilder sind, können sie ähnliche Körperreaktionen bis hin zu Schwitzen und Herzflattern auslösen. Diese Zusammenhänge lassen sich für den Umgang mit uns selbst nutzen: Durch Vorstellungen und Bilder können wir die eigenen physiologische Vorgänge steuern. Ein Foto oder ein Fernsehbild erreicht uns über die Augen und möglicherweise auch noch über die Ohren. Je mehr Sinneskanäle aktiv werden, desto intensiver ist die Wirkung einer Vorstellung.
Die Schwere sitzt für viele Menschen in den Beinen, die uns tragen. Mit Umkehrhaltungen können Sie daher Ihren Beinen eine Entlastung geben. Denken Sie daran, dass Ihr Körper eine Ganzheit ist. Wenn Sie also Ihren Beinen mitteilen, dass ihnen jetzt einmal die komplette Last Ihres Körpers abgenommen wird, dann registrieren dies auch die anderen Teile Ihres Körpers.
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Übung: Baby-Strampeln
Breiten Sie eine Decke auf dem Boden aus und begeben Sie sich in die Rückenlage. Nun können Sie beginnen, alle vier Gliedmaßen nach oben zu strecken und zu schütteln. Schütteln Sie alle Schwere aus den Beinen oder strampeln Sie sie weg. Vielleicht fällt Ihnen dazu das Bild eines Babys ein, das ausprobiert, was es alles mit seinen Gliedmaßenanstellen kann. Sie können auch mit den Händen die Füße umfassen und sich hin und her kugeln lassen.
Abb. 26: Strampeln wie ein Baby
Hampelnd und strampelnd die eigene Lebendigkeit spüren.
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Übung: Der Schulterstand
Nachdem Sie den Bewegungsspielraum Ihrer Beine in der umgekehrten Position etwas erforscht haben, führen Sie nun die Beine wieder gestreckt zusammen und lassen sie einmal mehr in Richtung Boden und dann wieder mehr in Richtung Ihres Kopfes hin- und herpendeln. Dabei rollt sich Ihr Rücken mal wie ein Katzenbuckel, wobei sich das Becken vom Boden löst, und mal liegt die Wirbelsäule wieder ausgestreckt am Boden. Sie können nun versuchen, die Füße mit leichtem Schwung etwas in Richtung Kopf zu bringen, dann die Hände rechts und links unter die Hüftknochen zu führen und sich mit den Ellbogen am Boden abzustützen. Versuchen Sie nun, die Beine in Richtung Decke zu strecken. Je nach Flexibilität werden die Beine dabei einen mehr oder weniger stumpfen Winkel zu Ihrem Rücken bilden.
Umkehrhaltungen sind von den Yogis mit königlichen Namen bedacht worden. Statt dem üblichen Körpererleben »Ich trage mich« wenden Sie sich nun nach oben, weg von den irdischen Notwendigkeiten. Diese Haltung wird auch Kerze genannt. Eine Kerze hat immer, auch wenn ihre Flamme schwankt und züngelt, die Ausrichtung nach oben, sie hat verwandelnde Kraft: Wachs
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