Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen
wird in Licht und Wärme transformiert.
Abb. 27: Der Schulterstand
Die Schwerkraft in eine andere Richtung fließen lassen – die Kräfte anders ausrichten.
Verweilen Sie in diesem Bild und kommen Sie zurück, wenn es für Sie angenehm ist. Spüren Sie nach.
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5. Dem Leben Sinn geben – Authentizität entwickeln
Verzweiflung ist der Rohstoff grundlegender Veränderung.
WILLIAM S. BORROUGHS
Das Konzept der Salutogenese
Angst, so haben wir bisher gesehen, ist eine unverzichtbare Begleiterin auf unserem Lebensweg, die uns auf mögliche Gefahren in der Zukunft aufmerksam machen will. Sie braucht jedoch ein Gegengewicht, etwas, das sie begrenzt und an ihren Platz weist. In der Welt gibt es zurzeit viele Umbrüche, Aufbrüche und Revolutionen. Die Menschen, die in Diktaturen auf die Straße gehen, sehen einen Sinn in ihrem Handeln. Das Gefühl »Mein Tun ist wichtig« lässt die Angst nebensächlich erscheinen.
Bedrohungen der unterschiedlichsten Art gehören seit Anbeginn der Zeiten zu unserer menschlichen Existenz. Das Leben wird aushaltbar durch drei innere Annahmen, die mir ein subjektives Gefühl von Sicherheit geben:
Selbstwert: Ich tue nichts Böses, deshalb passiert mir nichts Schlimmes.
Kontrolle: Die Welt ist verstehbar und vorhersehbar. Wenn etwas Schlimmes passiert, hat das immer einen Grund.
Sicherheit: Schlimme Dinge passieren mir nicht. 57
Wenn sich jedoch einer dieser Sätze plötzlich als nicht mehr haltbar erweist, muss das Gedankengebäude neu errichtet werden: Obwohl ich mich korrekt verhalten habe, ist mir etwas Schlimmes (Kündigung, Scheidung, Krankheit) widerfahren. Wie kann ich meinem Leben jetzt einen neuen Sinn geben? Über den Sinn denkt man bekanntlich erst nach, wenn er verloren gegangen ist.
Der amerikanische Soziologe Aaron Antonovsky interessierte sich nach dem Zweiten Weltkrieg für Frauen, die in der Zeit des Nationalsozialismus in KZs interniert waren und überlebt hatten. Dabei stellte er fest, dass 29 Prozent sich trotz dieser lebensbedrohlichen und menschenverachtenden Situation in einem relativ guten seelischen Gesundheitszustand befanden. Statt den Blick in Richtung der Kranken und der Krankheit zu wenden, wie bisher in medizinischen Kreisen üblich, stellte er die Frage: »Was braucht der Mensch, um gesund zu bleiben?« Er entwickelte das Konzept der Salutogenese, der Entstehung (griech. genesis = Geburt, Entstehung) von Gesundheit (lat. salus = Heil, Gesundheit, Wohlbefinden). 58 Gesundheit ist nach Antonovsky kein statischer Zustand, sondern ein Kontinuum, auf dem der Mensch mal mehr in der Nähe von Gesundheit ist und mal mehr zum Pol der Krankheit neigt. Die Fähigkeit, die eigenen Ressourcen nutzen zu können – er prägte dafür den Begriff »Kohärenzgefühl« – unterscheidet zwei Menschen, die beide das Gleiche erlebt haben, aber sehr verschieden darauf reagieren. Seine Untersuchungsergebnisse führten ihn zu drei Schutzfaktoren: Der Mensch braucht, um gesund zu bleiben bzw. zu werden:
ein Gefühl von Bedeutsamkeit, dass etwas Sinn macht: Ich und das, was ich tue, sind wichtig und wertvoll;
ein Gefühl von Selbstwirksamkeit: Ich kann etwas tun. Ich kann den Verlauf der Ereignisse beeinflussen;
ein Gefühl von Verstehbarkeit: Ich habe die Fähigkeit, die Welt zu interpretieren. Ich kann die notwendige Veränderung als eine Herausforderung sehen und als Chance zur Weiterentwicklung nutzen. 59
Auch Mihaly Csikszentmihalyi hat sich für die ehemaligen KZ-Häftlinge interessiert. Er fand heraus, dass denen das Überleben gelungen war, die sich selbst eine Aufgabe hatten stellen können. Er nennt sie in seinem Buch Flow die »autotelischen« Persönlichkeiten. So interviewte er Menschen, die in ihrer Zelle gegen sich selbst Schach gespielt hatten. Andere hatten innerlich eine Weltreise unternommen und sich dabei die abenteuerlichsten Geschichten ausgedacht, wieder andere hatten Gedichte verfasst. Diese Menschen haben die Zeit genutzt, um bestimmte Fähigkeiten zu entwickeln. Daran konnte kein Aufseher sie hindern. Bei diesen Berichten muss natürlich bedacht werden, dass der allergrößte Teil dies nicht geschafft hat und deshalb auch nicht befragt werden konnte. Übertragen auf unsere Lebenswirklichkeit machen Csíkszentmihályis Forschungen deutlich: Die Fähigkeit, sich selbst Ziele setzen zu können, die weder eine Chefin noch ein Partner vorgibt, ist gerade in Krisenzeiten eine gesund erhaltende Kraft.
Der Placeboforscher Manfred Schedlowski konnte durch
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