Mit Zähnen und Klauen: Horror-Thriller von Bestseller-Autor Craig DiLouie (German Edition)
endlosen Plackerei, sein linkes Auge zuckt andauernd vor Stress, und er könnte an die Decke gehen, sobald sich jemand nur räuspert. Aber die Nachricht, Warlord seien abgeschlachtet worden, während sie die paar Meilen durch Manhattan zurücklegen wollten, rüttelte ihn auf.
Plötzlich haben sich alle seine sonstigen Sorgen verflüchtigt. Er denkt nicht mehr an Laura oder seinen Wunsch, die eine oder andere Stunde Zeit zum Hören seiner Lieblingsschallplatten zu bekommen. Ihm ist egal, dass Wyatt ihn ständig schikaniert, und insgeheim kratzt es ihn auch nicht, ob die übrige Welt jetzt untergeht.
Was ihn zu diesem Zeitpunkt einzig und allein beschäftigt, ist die Frage, ob und wie lange er selbst überleben wird.
Dieser Krieg, ein totaler Krieg, wie es der Lieutenant ausdrückte, ist sehr persönlich geworden, und Mooney kann die Konsequenzen darüber hinaus nicht wirklich erfassen. Er will nicht sterben; alles andere ist unerheblich.
Nachdem das Gerücht über Warlord die Runde gemacht hatte, stiegen die Unteroffiziere aufs Dach, um mit dem Lieutenant zu sprechen, während die Zivilisten entweder in fassungslosem Schweigen herumstanden oder zu lamentieren anfingen.
Dies war die perfekte Gelegenheit, um sich zur Bestattung auszuklinken.
Man trug ihnen auf, Chens Leichnam gemeinsam mit den Toten aus der Zivilbevölkerung zu verbrennen, aber danach war den Jungs nicht zumute. Falls es so schlimm stand, wie der Lieutenant behauptete, sollten die meisten leeren Klassenräume auch leer bleiben, und zwar für sehr, sehr lange Zeit.
Heute Abend würde Private First Class Chen in einem Mausoleum ganz für ihn allein zu Grabe getragen werden. Schritte mehrerer Personen werden von hinten lauter. Mooneys Herz klopft bis zum Hals, sein linkes Lid flimmert.
Ratliff fährt herum, legt sein Gewehr an und ruft: »Mets.«
»Fahr zur Hölle, Ratliff«, antwortet eine Stimme im Dunkeln.
Geisterhafte Schemen schälen sich aus den Schatten. Es ist Gruppe 3, die sich hellgrüne Leuchtstäbe an ihre Tragewesten gehängt haben.
»Ihr sollt Yankees sagen«, beschwert sich Ratliff.
»Ach, Tollwütige können sprechen? Hört auf, mir in die Fresse zu leuchten.«
Corporal Eckhardt nimmt seine Waffe herunter. »Sag beim nächsten Mal Yankees , und du läufst nicht Gefahr, dir eine Kugel einzufangen … Was habt ihr da?«
Corporal Hicks erwidert: »Wir hörten, was ihr für Billy Chen tun wollt.«
»Was auch immer ihr gehört habt: Es stimmt nicht«, behauptet Eckhardt trotzig.
»So meinte ich das nicht. Wir würden gern das Gleiche für zwei von uns tun.« Hicks zeigt nach hinten. »Das ist der Frischling, der andere Hawkeye. Wir wollen nicht, dass sie auf einem Haufen verbrannt werden, sondern sie unversehrt auf die andere Seite bringen – in Ehren.«
Eckhardt mustert die übrigen Jungs von Gruppe 1. Mooney nickt. Dort, wohin Chen gehen wird, ist genügend Platz.
»Wo steckt der Klassenclown?«, fragt er und meint natürlich McLeod.
»Der Sergeant hat ihm erlaubt, sich hinzuhauen«, gibt Hicks an.
»In Ordnung«, entgegnet Eckhardt. »Wir haben das letzte Klassenzimmer im linken Flügel klargemacht und alles darin vorbereitet. Eine Nationalflagge haben wir auch. Habt ihr etwas, womit ihr eure Kameraden zudecken könnt?«
»Irgendwas wird sich schon finden«, meint Hicks. »Ihr geht vor, wir folgen.«
Sie bringen die Toten gemeinsam in den Klassenraum. Alle Tische wurden gegen die Wände geschoben, an welchen Poster von Tieren und einem menschlichen Skelett mit den Namen aller Knochen hängen.
Zu früherer Stunde schrieb einer der Jungs an die Tafel: HIER RUHT PFC WILLIAM CHEN. ER WAR EIN GUTER SOLDAT UND TREUER FREUND. WIR WERDEN IHN VERMISSEN. MÖGE SEIN TOD UNS INS GEDÄCHTNIS RUFEN, DASS HOFFNUNG BESTEHT, SOLANGE NOCH JEMAND LEBT. RIP
Mooney und die anderen halten einen Moment inne, um den Text zu lesen. Dann grunzen sie beeindruckt, legen den Leichensack nieder und ziehen den Reißverschluss auf.
Die Jungs treten zurück und verziehen die Gesichter.
»Wie schlechter Käse und faule Eier«, sagt Finnegan und würgt.
»Lebt er noch?«, fragt Rollins. »Er bewegt sich doch!«
»Fresse, er versucht, etwas zu sagen …«
»Oh Gott«, stöhnt Mooney und schluckt angestrengt, damit es ihm nicht hochkommt. »Fliegen sind in den Sack geraten, bevor wir ihn zugezogen haben, und legten Eier in seinen Körper. Seine Züge bewegen sich, weil er voller Maden steckt.«
»Scheiße«, flucht Rollins, der zunehmend
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