Mitch
sich schlichtweg überfordert.
Das größte Problem war auch gar nicht die Renovierung, sondern die Frage, wie er zahlende Gäste anlocken sollte. Er musste ihnen die weite Reise schmackhaft machen, indem er Aktivitäten wie Angeln, Hundeschlittenrennen und Abenteuertouren anbot.
Doch irgendwie würde er es schaffen. Er musste es ihr beweisen … Kaum war ihm dieser Gedanke gekommen, stutzte Matt.
Karen.
Ihretwegen hatte er fünfzehn Stunden am Tag gearbeitet. Sobald er an sie dachte, war wieder dieser Schmerz da, den er seit dem Tag verspürte, an dem sie die Scheidung eingereicht hatte.
Welche Frau reichte einfach die Scheidung ein, ohne vorher mit ihrem Mann darüber zu sprechen? Na gut, sie hatte ein paarmal angedeutet, sie sei unglücklich.
Verdammt, er, Matt, war auch unglücklich!
In gewisser Weise konnte er sie sogar verstehen. In ungefähr vier Jahren hatte er viermal den Beruf gewechselt, denn er war ein Mann, der stets vorausplante und jede sich bietende Möglichkeit ergriff. Karen dagegen hatte ihm vorgeworfen, egoistisch und verantwortungslos zu sein. Doch das stimmte nicht. Er hatte sich immer dann nach etwas Neuem umgesehen, wenn sein alter Job keine Herausforderung mehr für ihn dargestellt hatte.
Er hätte nie damit gerechnet, dass sie ihn verlassen würde. Sie hatte zwar einige Male damit gedroht, aber er hatte ihr nicht geglaubt.
Wenn sie ihn wirklich geliebt hätte, hätte sie durchgehalten.
Matt schüttelte den Kopf. Es hatte keinen Sinn. Er hatte sich schon oft genug Gedanken darüber gemacht, wie es so weit hatte kommen können, und es würde auch jetzt nichts nützen.
Dass Karen Alaska verlassen hatte, war der größte Schock für ihn gewesen. Natürlich hatte Matt damit gerechnet, dass sie beruflich erfolgreich war. Sie war Chefsekretärin in einer Maschinenbaufirma und hatte gut verdient. Als man ihr eine Beförderung angeboten hatte, die mit einem Umzug nach Kalifornien verbunden war, hatte sie die Gelegenheit sofort beim Schopf gepackt.
Matt konnte es noch immer nicht fassen. Kalifornien! Er hoffte nur, dass sie glücklich war.
Nein, das tat er nicht. Er wollte, dass es ihr genauso schlecht ging wie ihm. Er vermisste sie. Und er liebte sie.
Es war jetzt ein Jahr her, und eigentlich hätte er darüber hinweg sein müssen. Er musste unter Leute gehen und sich neue Freunde suchen. Matt nahm sich vor, sich mit einer Frau zu verabreden, sobald er etwas Freizeit hatte – vielleicht mit der neuen Lehrerin.
Nein, er wollte sich nichts vormachen – nicht an diesem Tag, wo er mit seiner Familie um seine Großmutter getrauert hatte. Seine Eltern waren mittlerweile seit fast dreißig Jahren verheiratet. Sie kannten sich schon seit der Schulzeit. So wie sein Vater seine Mutter getröstet hatte, hatte Charles Lanni in dieser schweren Stunde beigestanden.
Doch er, Matt, hatte niemand. Sich einzugestehen, dass er sich nach Karen sehnte, tat weh. Was jedoch noch mehr weh tat, war die Erkenntnis, dass er sie immer noch liebte.
Matt fragte sich, ob es immer so sein würde und ob er je lernen würde, Karen loszulassen. Im Grunde rechnete er jeden Tag damit zu hören, dass sie wieder geheiratet hatte.
Die Männer in Kalifornien mussten blind sein, wenn sie sie nicht bemerken würden. Über kurz oder lang würde sie eine Beziehung mit einem leitenden Angestellten eingehen, der ihr die Sicherheit gab, nach der sie sich sehnte. Niemand konnte ihr widerstehen, das war Matt klar.
Seine Exfrau war schön, begabt, nett und temperamentvoll. Und was für ein Temperament sie hatte.
Er lächelte unwillkürlich. Niemand hätte es für möglich gehalten, dass die kühle, ruhige Karen Caldwell es liebte, mit Dingen nach anderen zu werfen – vorzugsweise nach ihm und mit den unmöglichsten Gegenständen: Hemden, Zeitungen, Sofakissen, sogar Kartoffelchips.
Wenn sie so wütend war, gab es nur eine Methode, sie zur Vernunft zu bringen: Er schlief mit ihr. Diese Momente waren so leidenschaftlich, dass Karen nachher gar nicht mehr wusste, worüber sie sich eigentlich geärgert hatte.
Matt erinnerte sich noch genau an ihren letzten Wutausbruch. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lehnte sich lächelnd zurück.
Er hatte gerade seinen Job aufgegeben. Natürlich war ihm klar, dass er erst mit ihr darüber hätte sprechen sollen, aber es war ein ganz spontaner Entschluss gewesen.
Karen war außer sich vor Wut, und er versuchte ihr zu erklären, dass er sich nach einem besseren Job umsehen wollte.
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