Mitch
den Kopf gefallen war, hatte sie beschlossen, einen Spaziergang zu machen, um sich über das klar zu werden, was zwischen Mitch und ihr vorgefallen war. Von wegen, dachte sie ärgerlich. Als ob das je möglich wäre!
Es gab niemand, den sie über Mitch’ früheres Leben befragen konnte, und er war offenbar nicht bereit, darüber zu sprechen. Bisher hatte er kein Wort darüber verloren.
Bethany hatte es mittlerweile aufgegeben, sich über sein seltsames Verhalten während der Trauerfeier den Kopf zu zerbrechen. Aus irgendeinem Grund hatte Mitch sich an sie gewandt und sie so leidenschaftlich geküsst, dass sie überglücklich gewesen war.
Danach hatte er sich bei ihr entschuldigt, und ihr war klar geworden, dass er einfach nur jemand gebraucht hatte. Sie war zufällig zur Stelle gewesen, und genauso gut hätte es eine andere sein können. Als ihm bewusst geworden war, was er getan hatte, hatte er es bereut.
„Hallo, Bethany. Wie geht es Ihnen an diesem sonnigen Morgen?“ Wie immer begrüßte Ben sie mit einem herzlichen Lächeln, als er hinter den Tresen trat. „Wir haben Sie beim Leichenschmaus vermisst. Die Frauen hatten ein tolles Essen gekocht.“
Bethany kam zu dem Schluss, dass sie Ben an diesem Morgen nicht zufällig aufsuchte. Allerdings war sie viel zu sehr mit Mitch beschäftigt, um diese Tatsache näher zu ergründen.
„Mir geht es gut.“
„Wirklich?“ Ben schenkte ihr eine Tasse Kaffee ein. „Und warum haben Sie dann diese steilen Falten zwischen den Augen?“
„Was für Falten?“
Ben zeigte auf seine Stirn. „Wenn ich mir über irgendetwas den Kopf zerbreche, bekomme ich Falten zwischen den Augen – drei, um genau zu sein. Anscheinend haben Sie das gleiche Los. Ich kann niemand zum Narren halten.“ Er lächelte ihr aufmunternd zu.
Sie widerstand der Versuchung, ihm zu sagen, dass sie sich diese Falten ehrlich verdient hatte. Während sie ihn betrachtete, fragte sie sich, inwieweit sie sich ihm anvertrauen konnte, was Mitch betraf. Vermutlich nicht viel. Dass sie überhaupt mit dem Gedanken spielte, bewies, wie verzweifelt sie war.
„Was wissen Sie über Mitch?“ erkundigte sie sich.
„Mitch? Mitch Harris?“ Plötzlich verspürte Ben den Drang, den Tresen zu polieren, der ohnehin makellos sauber war. „Na ja, er ist ein prima Kerl, und er liebt seine Tochter.“
„Wie lange wohnt er schon in Hard Luck?“ Bethany wusste es bereits, aber sie wollte es Ben etwas leichter machen.
„Es müssten inzwischen fünf Jahre sein – vielleicht auch etwas mehr.“
„Ich habe gehört, dass er vorher bei der Polizei in Chicago war.“
„Soweit ich weiß, ja.“
„Wissen Sie, woran seine Frau gestorben ist?“ bohrte sie weiter, da Ben nicht besonders gesprächig war.
„Nein.“ Er verzog den Mund, als würde er überlegen, was er ihr erzählen konnte und was nicht. „Ich glaube, Mitch hat noch nie mit jemandem über sie gesprochen.“
Im nächsten Moment wurde ihre Unterhaltung beendet, da die Tür geöffnet wurde.
„Wenn Sie etwas über seine Frau erfahren wollen“, flüsterte Ben, „fragen Sie ihn doch selbst. Er ist nämlich gerade hereingekommen.“
Einen Augenblick lang fühlte Bethany sich wie ein Kind, das beim Naschen erwischt worden war.
Überrascht stellte sie fest, dass Mitch sich auf den Stuhl neben ihr setzte und sie betrachtete – eine Ewigkeit, wie es ihr schien. „Hallo, Bethany“, sagte er schließlich leise.
„Mitch.“ Bewusst mied sie seinen Blick.
„Ich bin froh, dass ich dich treffe.“
Das war ja etwas ganz Neues!
Als Ben zu ihm kam, bestellte Mitch Kaffee.
„Ich möchte mit dir reden, Bethany.“ Den Becher in der einen Hand, zeigte er mit der anderen auf eine der Nischen.
Bethany folgte ihm zu der Nische, die am weitesten vom Tresen entfernt war, und nahm ihm gegenüber Platz. Mitch schwieg eine ganze Weile, und als er sie schließlich ansah, lag ein trauriger Ausdruck in seinen Augen.
„Ich kann dir gar nicht sagen, wie Leid es mir tut“, begann er. „Ich habe nächtelang wach gelegen und mir den Kopf darüber zerbrochen, was du jetzt wohl von mir denkst.“
Sie erwiderte darauf nichts, denn seine Worte verletzten sie, und sie war völlig durcheinander.
Er machte eine hilflose Geste. „Es tut mir Leid. Ich weiß nicht, was ich sonst noch sagen soll. Bitte rede mit mir.“
„Was tut dir Leid?“ fragte sie leise. „Dass du mich geküsst hast?“
„Ja.“
Nicht einmal jetzt schien ihm klar zu sein, dass sie seinen Kuss
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