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Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation

Titel: Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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erleidet. Welche alten Wunden sind es, die ihn so empfindlich machen? Wie lassen sie sich pflegen und heilen?

    Nebenbei bemerkt, erlaubt das Beispiel einen guten Einblick in die innere Dynamik gewalttätiger Männer (Dangers 1993). Hinter den Kulissen der Gewalt steckt fast immer eine gekränkte Mimose, die bei bestimmten Auslösern in ein tiefes Loch von Wertlosigkeit und Ohnmacht zu fallen droht, verbunden mit einer mörderischen Wut und der einzigen Rettung, durch Zuschlagen sowohl die Wut zu kanalisieren, der Ohnmacht zu entgehen und den Ehrverlust wettzumachen. Die Auslöser sind oft Frauen (Partnerinnen), wenn sie dem Macho, das heißt, dem Beschützer der kränkbaren Kinder im Mann, zuwiderhandeln oder zuwiderfühlen. Er handelt dann wie in Notwehr, und wenn die Frau verzeiht und bei ihm bleibt, kommt zum inneren Erfolg auch noch der äußere Erfolg hinzu, so dass das Bewältigungsmuster chronisch wird.
    Müssen wir aus dem Gastwirt-Beispiel schließen, dass es im professionellen Kontext immer und vor allem darauf ankommt, seine Gefühle «im Griff» zu behalten, damit sie nicht an falscher Stelle «zuschlagen»? Müssen sich die Träger von Gefühlen hinter dem Vorhang verbergen, während die situationsbezogenen Rollenmanager den Außendienst verrichten? Nein, diese (verbreitete) Faustregel führt auf die falsche Spur, so gelingt keine Verbindung von Menschlichkeit und Professionalität. Gefühle enthalten in der Regel wichtige Hinweise für das professionelle Geschehen – als solche sollen sie erst einmal beachtet, wenn auch nicht unmittelbar ausgedrückt oder gar ausgelebt werden. So war der grüne Ärger des Chefs (S. 342) ein wichtiger Hinweisgeber, dass hier etwas nicht in Ordnung ist. Nun hat das Oberhaupt zwei Aufgaben: Erstens, zu überprüfen, ob das Gefühl einen wichtigen Aspekt der gegenwärtigen Realität widerspiegelt (dann gehört es in einer noch zu bestimmenden Form in den Kontakt) oder ob es aus den Tiefen der eigenen Seele emporsteigt, ohne rationalen Bezug zum gegenwärtigen Geschehen bzw. in seiner Intensität nicht mit dem Geschehen im Einklang. Dann gehört es zurückgehalten, allenfalls als Selbstkundgabe ausgedrückt, mit gleichzeitiger Distanzierung durch das Oberhaupt; tritt es wiederholt als innere Störung auf, gehört es in die Supervision. Das Gefühl des Chefs gehört in die erste, die Aufwallung des Gastwirts in die zweite Kategorie.
    Die zweite Aufgabe des Oberhaupts, sofern das Gefühl realitätsbezogen ist, besteht in der angemessenen Formgebung: Wäre der Chef mit seinem grünen Ärger sogleich herausgeplatzt («Also, Sie spinnen ja wohl, Frau Lax!»), wäre dies die falsche Form im falschen Kontext zum falschen Zeitpunkt. Das heißt aber nicht, dass der Profi mit dem Gefühl hinterm Berg halten muss, im Gegenteil. In der Zurechtweisung unter vier Augen («Ich bin nicht einverstanden mit der Art, wie Sie …», vgl. S. 343f.) ist das Gefühl enthalten und hat eine situativ-stimmige Formgebung erhalten.
    Hier nun ein Beispiel, bei dem ein professioneller Fehler dadurch entsteht, dass jemand seine Gefühle verbergen will (Becker 1997, S. 80ff.):

    Der Verkaufsleiter. Herr Herzlieb (55 Jahre alt) ist Verkaufsleiter in einem Süßwarenunternehmen. Ihm unterstehen mehrere Bezirksleiter, u.a. Lars Lässig (35 Jahre). Die Aufgabe der Bezirksleiter besteht darin, zu den Inhabern der Süßwarenläden Kontakt zu halten, die Ware wirksam in die Regale zu ordnen, Werbematerial anzubringen etc. Verkaufsleiter Herzlieb hat den Eindruck, dass Lars Lässig diese Kontakte nicht ernst genug nimmt. Auf einem Kontrollbesuch begleitet er ihn bei der Arbeit. Lässig macht viele Fehler, Herzlieb sagt zunächst nichts. Nach dem dritten Laden, in dem es ähnlich abläuft, spricht er seinen Mitarbeiter im Auto an, indem er ihn zu Selbstkritik anregt:
Herzlieb: Glauben Sie, dass Sie alle Punkte umgesetzt haben?
Lässig: Ja.
Herzlieb: Glauben Sie, dass Sie das Werbematerial richtig und ausreichend eingesetzt haben?
Lässig: Hätte man vielleicht noch besser machen können.
Herzlieb (fällt nichts mehr ein, das Gespräch erstirbt).

    Abb. 96:
    Inneres Team des Vorgesetzten Herzlieb gegenüber seinem Mitarbeiter Lässig (Becker 1996, S. 84)
    Der Vorgesetzte Herzlieb vermeidet es, Farbe zu bekennen und den Mitarbeiter zu konfrontieren. Wie kommt es zu einem solchen erstaunlichen Verhalten? Die Erhebung der inneren Konfiguration ergibt das Bild auf S. 351 (s. Abb. 96). Es melden sich zwei

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