Miteinander reden 03 - Das "Innere Team" und situationsgerechte Kommunikation
mir zugehörigen Teil akzeptieren und in mein bewusstes Erleben und Handeln eingliedern? Zwar ist, nebenbei bemerkt, diese Traumdeutung auf der Subjektstufe nicht zwingend. Es könnte auch sein, dass irgendwer oder irgendetwas in meinem Leben sich wie ein bissiges Tier aufführt, sich gleichsam in meine Waden verbeißen will – und der Traum bringt mir das, was ich vielleicht kaum zu denken und zu fühlen wage, in einem drastischen Bild ins Bewusstsein (so wie eine gute Karikatur einem für das, was da passiert, so richtig die Augen öffnen kann). Diese Deutung auf der Objektstufe ist immerhin auch möglich, und beide Deutungen schließen sich nicht aus. Gleichviel, die Vorstellung, dass es «innere Anteile» im Menschen gibt, die dem Bewusstsein mehr oder weniger deutlich sind und die sich zum Beispiel im Traum symbolisch zeigen können, diese Vorstellung ist seit Freud und Jung vielen Schulrichtungen geläufig. Ich habe hier die Gestalttherapie stellvertretend hervorgehoben.
Über diese persönlichen Erfahrungen hinaus lagen mir einige Veröffentlichungen vor, die den Gedanken an ein Inneres Team in besonderer Weise aufkommen ließen. Neben dem spielerischen Essay von Virginia Satir mit dem Titel «Meine vielen Gesichter» (auf Deutsch 1988) waren dies vor allem:
G. R. Bach und L. Torbet (1985, urspr. 1983), die vom «inneren Feind» sprechen und den fairen Streit auch innerhalb der menschlichen Seele fördern wollen (s. S. 189f. in diesem Buch);
M. Goulding (1988, urspr. 1985) mit demselben Thema: Auch ihr geht es darum, innere Schurken und Halunken ausfindig zu machen und in humorvoller Selbsthilfe wirksam zu bekämpfen (s. S. 200f. in diesem Buch);
R. Assagioli (1993, urspr. 1965) und sein Schüler P. Ferucci (1986, urspr. 1982), denen es in ihrer «Psychosynthese» darum zu tun ist, die innere Vielfalt des Menschen zu entdecken und zu einem harmonischen Ganzen zu vereinigen (s. S. 123f. und 127 in diesem Buch);
H. und S. Stone, die u.a. unter dem Titel «Du bist viele» (1994, urspr. 1989) den Aufbau der menschlichen Persönlichkeit unter dem Aspekt der inneren Pluralität darstellen und mit einer «Voice-Dialogue-Methode» verbinden, um die Teile zum Sprechen zu bringen (s. auch Wille 1991);
P. Orban, der unter dem Titel «Der multiple Mensch» (1996) die These ausführt, dass die «multiple Persönlichkeitsstörung» (vgl. S. 80) keine extravagante Verrücktheit darstellt, sondern auf der ganz normalen Multiplizität des Menschen basiert;
G. R. Schwartz, ein amerikanischer Familientherapeut, der das «System Familie» auch innerpsychisch wiederfindet und in seiner IFS (Internal Family Systems Therapy) die systemische Therapie der ganzen Familie durch die «Systemische Therapie mit der inneren Familie» (1997, urspr. 1995) ergänzt und damit die innere Welt des Individuums für die Systemtherapie wiederentdeckt. Dieses kurz vor Vollendung des vorliegendes Buches auf Deutsch erschienene Buch weist bedeutsame Gemeinsamkeiten mit den hier vertretenen Sichtweisen auf, besonders was die Idee einer inneren Gruppendynamik und eines Oberhaupts mit bestimmten Führungsqualitäten angeht. Darüber hinaus enthält es für den therapeutischen Kontext interessante und gut illustrierte therapeutische Techniken. Ich habe es in letzter Minute aufnehmen und nutzbringend einarbeiten können (s. S. 79 und 205f. in diesem Buch).
Auch ein bedeutender deutscher Vertreter der systemischen Familientherapie, Helm Stierlin, hat 1994 mit Nachdruck auf die innere Pluralität des Menschen hingewiesen: Die alte Annahme, das Selbst sei eine Einheit, eine «unteilbare psychische Monade», erweise sich in der psychotherapeutischen Praxis als unhaltbar. So wie wir in der Physik erkannt hätten, dass das Atom keineswegs die letzte unteilbare Einheit sei, sondern ein komplexes und dynamisches Gebilde mit Hunderten von Teilchen, so sei das Individuum aus vielen – hier sagen wir besser – «Anteilen» zusammengesetzt; analog zur Teilchenphysik bräuchten wir eine «Anteilspsychologie» (Stierlin 1994, S. 105ff.).
Frühe Kommunikationspsychologie
Etwas anderes war mir auch längst vertraut, und ich hatte es in meine Kommunikationslehre aufgenommen (1981, S. 39–42, und 1983, S. 278–280): dass menschliche Äußerungen in ihrer «Quadratur» unklar und doppelbödig werden, wenn der Sender ein undurchschautes «Kuddelmuddel» von mehreren Seelen in seiner Brust hat. Ein Beispiel aus dem Lehrerzimmer:
«In Ihrer
Weitere Kostenlose Bücher