Mithgar 10 - Die schwarze Flut
namens Tarpi wurden von der raschen Strömung unters Eis gespült. Nur Tuck überlebte, weil Danner in diesem verzweifelten Moment einen klaren Kopf behielt. « Patrel hielt inne, und Tuck fühlte Prinzessin Laurelins sanften, teilnahmsvollen Blick auf sich gerichtet. »Auch wenn Euer Herold tot ist, wird die Nachricht von den Dorngängern weiter durch die Sieben Täler verbreitet«, fuhr Patrel fort. »Deshalb ist es Modru also nicht gelungen, Euren Ruf zu unterbinden. Vier Vulgs hatte er ausgesandt, Euren Boten zu jagen; wir haben sie alle getötet. Doch wie ich von Prinz Igon erfuhr, war dies bereits der zweite Herold, den man in die Sieben Täler geschickt hat, und der erste muss folglich Modru in die Hände gefallen sein. Das erklärt, warum uns die Nachricht so spät erreichte; die Wurrlinge in den Sieben Tälern hatten sich nämlich schon gewundert, warum kein Aufruf kam, obwohl in jeder Schänke von Krieg gemunkelt wurde. Ich frage mich, ob etwa auch andere Boten in andere Länder nicht an ihr Ziel gelangten, sondern von Modrus schändlichen Ungeheuern, wie den von uns getöteten Vulgs, abgefangen und gemeuchelt wurden.«
»Ja«, sagte König Aurion, und trotz seiner düsteren Stimmung blickte er bewundernd auf diese Waerlinga im Dorngängergrau, die so beiläufig Vulgs töteten. »Gar manchen Herold haben wir ausgesandt, doch nur wenige Völker erhielten unsere ersten Aufrufe, auch wenn hier und dort nun die Musterung beginnt. Wir sehen uns gezwungen, ein nächtliches Täuschungsmanöver zu veranstalten, um unsere Truppen größer aussehen zu lassen, als sie sind; ob sich der Feind aber irreführen lässt oder nicht, vermag ich nicht zu sagen. Wir werden wissen, dass wir erfolgreich waren, wenn unsere Armeen die Zeit hatten, zur Feste zu kommen, bevor der Sturm losbricht.
Doch sind es nicht nur Armeen, die wir in der Feste erwarten. Auch Wagen wurden angefordert, die unsere Liebsten an sichere Zufluchtsorte bringen sollen, ob sie zu gehen wünschen oder nicht.« Aurion sah Laurelin herausfordernd an, doch diese erwiderte den Blick nicht, sondern hielt die Augen auf die gefalteten Hände gerichtet. »Mein Gebieter«, sagte sie mit sanfter, aber unnachgiebiger Stimme, »ich kann nicht fliehen, während mein Fürst Galen noch den Dusterschlund durchstreift. Er ist mein Verlobter, aber noch mehr ist er mein Geliebter, und ich muss hier sein, wenn er zurückkehrt.«
»Aber Ihr müsst gehen, Laurelin«, sagte Prinz Igon, »denn vor allem anderen ist es Eure Pflicht, für das Wohlergehen des Volkes zu sorgen, und Eure Anwesenheit wird es in einer Zeit großer Not und Düsternis mit neuem Mut erfüllen.«
»Ihr sprecht, als ginge Pflichterfüllung über alles, Prinz Igon«, erwiderte Laurelin, »selbst über Liebe.«
»So ist es«, antwortete Igon, »selbst über Liebe; die Pflicht muss Vorrang vor allem haben.«
»Nein, Prinz Igon«, warf Gildor ein, »ohne Euch widersprechen zu wollen, würde ich doch meinen, dass Ehre über alles gehen sollte, wenngleich jedes der drei - Liebe, Pflichterfüllung, Ehre - im Schmelztiegel des Lebens von den beiden anderen ausgeglichen werden muss.«
»Wie dem auch sei«, sagte König Aurion und griff sich oberhalb der Augenklappe an die Stirn, »wenn die Wagen eintreffen, werden wir Flüchtlingstrecks zusammenstellen, um die Alten, die Lahmen und Schwachen, die Frauen und Kinder von hier wegzubringen, und zwar einschließlich Euch, meiner zukünftigen Tochter.« Laurelin wollte widersprechen, doch der König hob die Hand. »Ich verfüge das als königlichen Erlass, denn ich kann keinen Krieg wagen, bei dem die Hilflosen und Unschuldigen inmitten des Kampfes in der Falle sitzen. Ich kann meine Krieger nicht in die Schlacht schicken, wenn sie ein Auge auf den Feind haben und das andere auf ihre Liebsten, denn das ist der sichere Weg ins Verderben.
Eines kann ich jedoch tun, obwohl es gegen mein besseres Wissen geschieht: Ihr dürft Eure Abreise bis zur allerletzten Karawane hinausschieben, mit dieser aber müsst Ihr aufbrechen, denn ich werde Euch nicht in die Hände des Feindes fallen lassen.« Der Gedanke, Laurelin könnte sich in den Fängen Modrus befinden, ließ Tuck erschaudern, und er kämpfte vergeblich gegen die Vorstellung an.
»Doch nun, meine Freunde«, wandte sich König Aurion an Fürst Gildor und die Wurrlinge, »müsst Ihr meinen Sohn, Prinzessin Laurelin und mich entschuldigen, denn heute ist der letzte Markttag, bevor die gesamte Stadt evakuiert wird -
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