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Mithgar 10 - Die schwarze Flut

Mithgar 10 - Die schwarze Flut

Titel: Mithgar 10 - Die schwarze Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis L. McKiernan
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die Worte aus einer längst vergessenen Sprache. Am dritten Abend sah Laurelin zu Tuck hinab und fragte den kleinen Wurrling: »Habt Ihr eine Liebste? Oh, Ihr müsst wohl eine haben, denn mir scheint, ich sehe das Geschenk von einem Schatz an Eurem Hals?«
    Tuck tastete nach Merrilis silbernem Medaillon und zog das Kettchen über den Kopf. »Ja, Prinzessin«, antwortete er, »nur heißt ein Schatz in den Sieben Tälern >Maid<, ich meine, so würde ich sie nennen, und sie würde mich >Bokker< rufen. So heißt ein Schatz bei uns Wurrlingen. Es stimmt, das ist ein Andenken meiner Maid, sie hat es mir an dem Tag geschenkt, an dem ich mein Heimatdorf Waldsenken verließ.« Tuck reichte ihr das Medaillon samt Kette.
    »Ach, wie schön das ist, Tuck. Eine alte Arbeit. Vielleicht sogar aus Xian.« Laurelin drückte auf ein verborgenes Häkchen, und das Medaillon sprang auf. Tuck war völlig perplex, denn obwohl er das Medaillon häufig in die Hand nahm, hatte er nicht gewusst, dass es sich auch öffnen ließ. »Sie ist wirklich sehr hübsch«, sagte Laurelin, nachdem sie das Bild genau betrachtet hatte. »Wie heißt sie?«
    »Merrili«, antwortete Tuck, und seine Hände zitterten, so sehr verlangte es ihn, das Medaillon wiederzubekommen und das Porträt darin zu sehen.
    »Ein hübscher Name.« Laurelin sah zum düsteren Norden hin. »Mein Fürst Galen trägt ein goldenes Medaillon von mir am Herzen, doch enthält es kein Porträt, nur eine Locke von meinem Haar. Es muss wohl so sein, dass Krieger zu allen Zeiten und in allen Ländern die Medaillons ihrer Liebsten auf der Brust getragen haben. Und wenn keine Medaillons, dann sind es andere Unterpfänder, welche Soldaten in die Gefahr begleiten, um sie an eine Liebe, an Heim und Herd oder etwas anderes zu erinnern, das ihrem Herzen teuer ist.« Laurelin ließ Tucks silbernes Medaillon zuschnappen, legte es in seine zitternden Hände und blickte erneut über die winterlichen Ebenen. Tuck fummelte ungeduldig an dem Medaillon herum und fand schließlich heraus, dass man es öffnete, indem man auf die Verankerung des Kettchens drückte. Klick! Die Flügel des Medaillons klappten in seiner Hand auf - links verspiegeltes Silber und rechts ein Miniaturporträt von... es war tatsächlich Merrili! Ach, wie schön bist du, meine schwarzhaarige Maid! All seine Einsamkeit, seine Sehnsucht nach stillen Abenden vor dem Kamin in der Wurzel und seine Liebe zu Merrili wallten dort auf dem kalten Granit der Festungsmauer in ihm auf, und seine Augen füllten sich mit Tränen. »Ach, Herr Tuck, Ihr müsst sie sehr vermissen«, sagte die Prinzessin. Tuck verdrückte die Tränen und sah zu Laurelin auf; ihre traurigen grauen Augen begegneten seinen blauen. »Ja, das ist wahr. Und mir war gar nicht bewusst, wie sehr ich sie vermisse, bis ich jetzt eben ihr Porträt sah.« Tuck trat verlegen von einem Bein aufs andere. »Bevor Ihr das Medaillon geöffnet habt, wusste ich nämlich nicht, dass sie die ganze Zeit bei mir war, heimlich, direkt über meinem Herzen. «
    Laurelins Lachen klang hell wie silberne Glocken im Wind, und Tuck lächelte. »Aber wusstet Ihr das denn nicht, Herr Tuck?«, fragte die Prinzessin. »Wir Frauen und Maiden üben unsere geheimen Zauber aus, um in den Herzen unserer Männer oder Bokker zu bleiben.« Und sie lachten beide.
    Noch im schwindenden Tageslicht und nachts im Schein der Kerzen betrachtete Tuck wieder und wieder Merrilis Abbild, denn nun schien sie ihm näher zu sein, und es war, als könnte er sich nicht an ihr satt sehen. Die Jungbokker seiner Gruppe lächelten, wenn sie ihn das Medaillon anstarren sahen, Danner hingegen schnaubte nur. »Pah! Verliebter Träumer!«
    Als Laurelin am folgenden Nachmittag zum Nordwall kam, lag eine tiefe Traurigkeit auf ihr, und sie suchte verzweifelt den trüben Horizont ab.
    »Ihr scheint mir... beunruhigt zu sein, Prinzessin.« Tuck blickte auf die verschneiten Ebenen hinaus.
    »Habt Ihr es denn nicht gehört, Herr Tuck?« Laurelin wandte ihm den Blick zu, ihre grauen Augen waren glanzlos. »Gestern Abend sind die Wagen angekommen. Eine erste Karawane fährt bereits in diesem Augenblick nach Süden, und eine zweite wird eben gebildet. Täglich wird sich ein Zug mit Frauen und Kindern, Alten und Gebrechlichen auf den Weg machen, bis wir alle fort sind. Und mein Liebster streift weit im Norden umher, und ich fürchte, ich werde ihn nicht wieder sehen, ehe ich den letzten Wagen des allerletzten Zuges besteigen muss.«
    »Und wann

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