Mithgar 11 - Die kalten Schatten
Weidental und Farnburg auf der Querlandstraße aufgetaucht. Dieser Haufen könnte die beiden Ortschaften auch in Brand gesteckt haben.«
»Und Waldsenken ebenfalls«, sagte Merrili leise.
»Ja, auch Waldsenken«, fuhr None fort. »Es sind vielleicht zwanzig, fünfundzwanzig von den Räubern. Die könnten wir uns als Ziel vornehmen.«
Danner blickte sich um. »Ich schätze, dass mittlerweile annähernd hundertzwanzig von uns hier versammelt sind. Das scheint mir ein ganz gutes Kräfteverhältnis zu sein: fünf von uns auf jeden Ghul.«
»Das stimmt«, sagte Patrel, »aber vergesst nicht, die Ghule werden nicht stillhalten und bequeme Zielscheiben abgeben. Und sie werden mit Krummsäbeln, Speeren und Helrössern das Verhältnis zu ihren Gunsten ausgleichen.«
Patrel stellte die Planungen für einen Augenblick zurück, um aus den Neuankömmlingen eine weitere Einheit zu bilden und einen Leutnant auszuwählen, der sie befehligen würde: Regin Burk, ein Bauer aus der Gegend der Mittelfurt.
Während dieser Pause saß Merrili mit übereinander gelegten Händen da und war tief in Gedanken versunken. Regin stieß zum Rat und sah sie erstaunt an, sagte jedoch nichts. »Nun gut«, meinte Patrel, »wenn diese Bande von Räubern unser erstes Ziel sein soll, wie gehen wir vor?«
Niemand sprach, und die Stille trommelte laut in aller Ohren. Schließlich räusperte sich Merrili, und Patrel forderte sie mit einem Kopfnicken zum Sprechen auf. »Ich weiß nur wenig vom Krieg«, begann sie, »und verstehe deshalb nichts von Strategie, Taktik oder Kampf. Ich weiß aber mit Pfeil und Bogen umzugehen, und ich kenne mich gut mit Ponys aus. Doch etwas, das du gesagt hast, Patrel, hat mir zu denken gegeben. Du sagtest: >Die Ghule werden nicht stillhalten und bequeme Zielscheiben abgeben.< Aber angenommen, sie würden es? Stillhalten, um Zielscheiben abzugeben, meine ich. Das würde unsere Aufgabe gewaltig erleichtern. « Ein Murmeln ging durch die Reihen der zuhörenden Bokker, das aber rasch wieder verstummte, als Merrili fortfuhr. »Deshalb habe ich mir Folgendes überlegt: Lasst uns die Ghule in eine Falle mit hohen Wänden locken und die Tür hinter ihnen schließen. Dann töten wir sie in ihrem Gefängnis.« Erneut begann das Murmeln anzuschwellen, aber Merrili hob die Stimme, und es wurde still. »Augenblick! Es gibt keine Falle mit hohen Wänden hier in der Gegend, höre ich manche sagen. Aber da irrt ihr euch. Denn es gibt eine, und sie heißt Lammdorf - der Weiler Lammdorf. Hört nun meinen Plan: Eine Gruppe von Wurrlingen auf Ponys wird von den Ghulen entdeckt. In panischer Flucht reiten die armen Wurrlinge auf Lammdorf zu. Zwar haben die Wurrlinge einen kleinen Vorsprung - vielleicht eine Meile -, jedoch wissen die Räuber, dass Ponys nicht so schnell sind wie Helrösser, und sie jagen sogleich hinterher. Die dummen Wurrlinge reiten nach Lammdorf hinein, die Hauptstraße entlang, und inzwischen sind die Ghule direkt hinter ihnen. Aber holla!, als das Gezücht durch Lammdorf stürmt, sind die Wurrlinge plötzlich verschwunden; stattdessen versperrt eine Barrikade die Straße, und sie geht in Flammen auf. Die Ghule machen kehrt, aber hinter ihnen brennt auf einem Wagen eine weitere Barrikade. Und die Lücken zwischen den Gebäuden sind dichtgemacht und bieten keinen Ausweg. Dann springen Wurrlinge aus Verstecken auf den Dächern, und Pfeile durchbohren Ghulenherzen, denn nun. sind die Jäger zu Gejagten geworden, da die Wurrlinge die Räuber angreifen. «
Merrili verstummte, und es wurde still in der Scheune, sehr still. Dann aber ließ gewaltiger Jubel die Wände von Biskens Scheune erzittern, ein breites Lächeln trat auf die Gesichter der Anwesenden, und Patrel packte Merrili und drückte sie ungestüm an sich. Über den Beifall und die Rufe hinweg schrie er ihr ins Ohr: »Du verstehst also nichts von Strategie, Taktik und Kampf, ja? Ich wünschte, ich wäre so unwissend.« Und in Merrilis Augen glänzten Tränen, während Danner ihr lächelnd die Hand drückte und sagte: »Du wirst deinen Schwur gegenüber den Räubern halten, Merrili, denn mit diesem Plan werden sie tatsächlich bezahlen.«
Es wurde viel debattiert, ehe alle Einzelheiten zu Merrilis Plan herausgearbeitet waren, und dabei erwies es sich, dass die Mamme schlaue Fragen stellte und wertvolle Hinweise gab. Und als alles gesagt und getan und der letzte Punkt geklärt war, schaute Lutz Glucker über den Tisch zu Merrili und sagte: »Ich habe mich geirrt, was
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