Mithgar 14 - Zwergenmacht
als der Morgen graute, fand er niedergeschlagene Harlingar: Sie waren erschöpft, denn sie hatten zwei Nächte nicht geschlafen, durch Kampf ermüdet, zuerst gegen den Kraken, dann gegen die Wrg. Sie waren innerlich ausgebrannt; manche weinten sogar, weil Pferde, die sich die Beine in der Schlacht gebrochen hatten, getötet werden mussten. Fast die Hälfte der Krieger hatte Wunden davongetragen, manche leicht, manche schwer, die jetzt verbunden wurden. Viele waren gramgebeugt, denn fünf Vanadurin würden nie wieder einen Hörnerruf beantworten. So sah der neue Tag die Reiter aus dem Valanreich.
Früher hatte eine Zählung ergeben, dass dreiundsiebzig Rutcha und ein Drökh den Reitern zum Opfer gefallen waren. Im ersten Licht des Tages wurden die Kadaver aus dem Hohlweg geschleift und in eine Schlucht geworfen, wo die aufgehende Sonne sie infolge von Adons Bann zu Staub zerfallen lassen würde. Die Waffen der Wrg wurden eingesammelt, und in stumpfer Wut zerbrachen die Reiter die Klingen, zerschmetterten die Schäfte und verbogen die Eisenstangen, und auch diese Trümmer wurden in die Schlucht geworfen.
Früh am Vormittag kehrten Didion und Ged in den Hohlweg zurück und erstatteten Brytta Meldung. »Sire«, sagte Didion erschöpft, »wir haben lange gejagt und dies hier gefunden.« Er hielt einen abgebrochenen, mit getrocknetem schwarzem Wrg-Blut bedeckten Pfeil in die Höhe. Brytta untersuchte ihn eingehend und grunzte. Es war seiner. »Aber«, fuhr Didion fort, »wir haben keinen Drökh gefunden, weder nah noch fern. Als es heller wurde, haben wir sogar jenseits der Schneegrenze gesucht. Dort haben wir eine Spur entdeckt, der wir folgten, und rasch den Pfeil gefunden. Kurz darauf verlor sich die Fährte und verschwand dann am Rande einer tiefen Spalte mit einem unbewegten schwarzen Teich auf dem Grund. Ged ist nach unten geklettert, während ich die Umgebung abgesucht habe, aber weder er noch ich haben irgendetwas gefunden.«
»Skut!«, fluchte Brytta, während er den zerbrochenen Pfeil wegwarf und seine gebrochene Hand verbittert anstarrte. »Der Drökh hat vielleicht nur eine Fleischwunde erlitten, den Pfeil abgebrochen und ihn dann selbst aus der Wunde gezogen. Was sein Schicksal danach betrifft, so wissen wir nicht, ob er durch einen Unfall in die Spalte gestürzt ist, weil er schwer verwundet war oder auch überhaupt nicht. Vielleicht ist er auch entkommen. Wenn ja, erfährt Gnar in diesen Stunden von der Anwesenheit des Heeres.
Aber ihr habt getan, was ihr konntet, und obwohl ihr keinen Drökh gefunden habt, braucht ihr euch nicht die Schuld zu geben. Der Pfeil, der fehlging, war meiner.« Brytta entließ die beiden und ließ sich zu Boden sinken. Dort setzte er sich mit dem Rücken zur Wand, und sein brütender Blick bohrte sich in die Felswand gegenüber. Seine Stimmung war düster und verbittert, und in seinen Augen stand Selbstanklage.
Doch nach einer langen Weile des Grübelns erhob er sich wieder und versammelte seine Krieger um sich. »Vanadurin«, sagte er. »Ich halte es für nötig, diesen Hohlweg weiterhin zu bewachen, denn es könnten noch andere Plündertrupps im Land unterwegs sein. Aber alle müssen durch diese Schlucht, um das geheime Hohe Tor zu erreichen. Obwohl heute die verabredete Nacht ist, in der König Durek versuchen wird, die Dämmertür zu öffnen, könnte es sein, dass sie noch geschlossen bleibt, denn der Trupp der Sieben könnte aufgehalten worden sein.
Ich kann mir auch noch andere Situationen vorstellen, wo es nötig ist, dass wir hier wachen. Zum Beispiel könnte Gnar von den Zwergen erfahren und eine Armee der Rutcha von innen vor der Dämmertür postieren. Wenn in diesem Fall die Sieben später eintreffen, wird es ihnen wahrscheinlich nicht gelingen, sich an den wartenden Rutcha vorbei zu schleichen und die Tür von innen zu reparieren. Wenn der Trupp nicht zur Tür gelangt, wer soll Durek dann einlassen?
Sicher, es könnte noch andere Türen und Tore geben, durch die Gnar das Heer angreifen könnte. Aber das Hohe Tor im Quadra-Pass ist das einzige, von dem wir mit Sicherheit wissen. Und wenn eine Armee diesen Weg nimmt, dann müssen wir sie so lange beschäftigen und ablenken, wie es unsere Kriegskünste gestatten, um dem Trupp und der Legion kostbare Zeit zu verschaffen, die Tür zu öffnen.
Also müssen wir hier bleiben und der Zwergenarmee den Rücken freihalten. Die Wartezeit könnte lang werden, denn wir wissen nicht, wann die Tür sich öffnen wird: heute,
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