Mithgar 15 - Drachenbann
aus sie ab und zu ihre tödlichen Beutezüge beginnen, gewöhnlich, um Vieh und andere Haustiere zu rauben. >Alle müssen helfen, wenn die Drachen kommen<, so lautet das alte Sprichwort. Mir scheint jedoch, dass man nichts gegen einen Überfall der Drachen ausrichten kann, deshalb bedeutet diese Weisheit meiner Meinung wohl einfach nur, man solle jenen Obdach und Trost gewähren, die unter dem Kommen und Gehen eines Drachen zu leiden hatten.
Sie schlafen erst tausend Jahre und wachen dann zweitausend. Im Augenblick sind sie wach, seit mehr als fünfhundert Jahren.
Es gibt zwei Rassen von Drachen, obwohl es ursprünglich nur eine gegeben hat. Feuer-Drachen und Kalt-Drachen, wie man sie jetzt nennt. Der Atem eines Feuerdrachen ist eine verheerende Flamme; der des Kalt-Drachen eine Wolke aus Gift. Sein Speichel besteht aus einer ätzenden Säure, die Haut, Stein und Metall gleichermaßen verätzt.
Einst gab es keine Kalt-Drachen, doch im Großen Krieg des Bann stellten sich einige Drachen auf Gyphons Seite. Nachdem Er besiegt wurde, nahm Adon jenen Drachen ihr Feuer, was sie und ihre Nachkömmlinge zu Kalt-Drachen machte.
Außerdem unterliegen auch sie dem Bann und werden vom Licht der Sonne dahingerafft, wenngleich ihre Drachenhaut sie vor dem Brennenden Tod bewahrt, der die übrige Brut ereilt. Kennt Ihr den Spruch: >Troll-Knochen und Drachenhaut Er stammt von den Rüpt, denn diese beiden Dinge werden unter Adons goldenem Licht nicht zu Asche: Die Knochen von Trollen und die Haut von Drachen. Deshalb zerfallen Kalt-Drachen nicht zu Asche, wenn sie dem Tageslicht ausgesetzt sind, wie es den Rüpt widerfährt, der Brut. Trotzdem tötet die Sonne diese Kalt-Drachen, nicht jedoch die Feuer-Drachen, die vom Licht des Tages unberührt bleiben.
Doch ganz gleich, ob Feuer- oder Kalt-Drache, schrecklich sind sie beide, gewaltig und tödlich, und dabei fast unbesiegbar. Ihre Klauen gleichen diamantharten Krummsäbeln, die Schuppen ihrer Haut dagegen sind undurchdringliche Panzer. Ihre gewaltigen, ledernen Schwingen tragen sie hoch in den Himmel empor, und damit vermögen sie tödliche Wirbelstürme gegen ihre Feinde zu erzeugen.
Man sagt, dass sie innerhalb ihrer jeweiligen Domäne alles wittern können, dass ihre Augen das Verborgene, Unsichtbare ebenso gut wahrnehmen wie auch das Sichtbare.
Niemand weiß, wie groß ihre Lebensspanne ist, worin sie vielleicht den Elfen gleichen, obwohl ich das bezweifle. Einige haben Schätzungen angestellt. Wenn man die Wach- und Schlafzeiten eines Drachen mit denen eines Menschen vergleicht, also dreitausend Jahre eines Drachen mit einem Tag und einer Nacht eines Menschen, dann würde, wenn die Lebensspanne eines Menschen hundert Sommer betrüge, also sechsunddreißigtausend Morgengrauen, die entsprechende Lebensdauer eines Drachen mehr als einhundert tausend tausend Jahre ergeben.«
Gwylly starrte ihn ungläubig an. »Einhundert tausend tausend?«, platzte er dann heraus.
»Ja, Kleiner: einhundert tausend tausend Jahre.«
Gwylly wandte sich zu Faeril um, während er versuchte, diese ungeheure Zahl zu verarbeiten. Er konnte sich nicht einmal ansatzweise vorstellen, was sie bedeutete. Die Damman bemerkte die Verwirrung im Blick des Bokker. »Lass mich versuchen, das in Begriffen auszudrücken, die wir verstehen können, Gwylly.«
Sie dachte einen Augenblick nach, während sie weiter den Hang hinaufstiegen. »Vielleicht hilft uns das weiter: Ich habe gehört, dass es siebentausend Weizenkörner in einem Pfund Mehl gibt.«
Gwylly nickte. Sein Pflegevater hatte ihm dasselbe erzählt, obwohl er nicht sicher war, wer sie jemals gezählt hatte.
»Und«, fuhr Faeril fort, »ich habe auch gehört, dass sich fünfzig bis sechzig Pfund Weizen in einem Scheffel befinden.«
Wieder nickte Gwylly. Er hatte oft bei der Ernte geholfen, und ein Scheffel Weizen wog fast genauso viel wie er selbst.
»Also«, sagte Faeril, »wenn dem so ist, dann enthält ein Scheffel Weizen etwa …«, die Damman überschlug die Zahl kurz im Kopf, »etwa vierhunderttausend Körner.«
Gwylly zuckte, etwas verwirrt über diese akademische Übung mit den Schultern. »Wenn du das sagst. Aber was hat das mit…?«
Faeril hob die Hand und Gwylly verstummte. Während der Bokker und die Damman durch den Schnee stapften, rechnete Faeril erneut rasch im Kopf nach. »Das bedeutet, zweihundertfünfzig Scheffel Weizen enthalten etwa einhundert tausend tausend Weizenkörner.«
Gwylly sah sie verständnislos
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