Mithgar 17 - Drachenbund
»Ich bin Kelk«, verkündete er. »Die Mitte der Nacht naht, und alle werden zusammengerufen.«
Sie stiegen von den Gästekammern zur Siebten Erhebung hinauf, in die große Kriegshalle. Dort hatte sich zwischen den roten Drachenpfeilern eine große Schar von Chäkka versammelt, und noch während sie ankamen, schwoll die Menge an. Zum ersten Mal sahen sie nun auch schlanke Gestalten, die von Kopf bis Fuß in durchsichtige Schleier verhüllt waren.
»Wer ist das, ythirl% wollte Bair wissen.
Riatha legte ihm den Arm um die Schultern und flüsterte: »Ich glaube, wir haben hier die Chäkia vor uns, die weiblichen Drimma.«
Bair schüttelte den Kopf. »Es sind aber keine Drimma, Ythir.«
Riatha betrachtete ihren Sohn erstaunt. »Es sind keine …?« »… Drimma«, beendete Bair ihren Satz. »Jedenfalls glaube ich das nicht.« »Warum sagst du das?«
»Ihr Licht ist nicht dasselbe wie das der Drimma, ythir.«
Riatha spitzte die Lippen. »Vielleicht liegt das daran«, bemerkte sie dann, »weil sie weiblich sind.«
Wieder schüttelte Bair den Kopf. »Das glaube ich nicht, ythir. Männliche und weibliche Lian strahlen dasselbe Licht aus, ebenso wie weibliche und männliche Baeron, auch wenn es sich von dem der Lian unterscheidet. Das Licht der Menschen, die wir auf der Insel Olorin sahen, ist bei Männern und Frauen ebenfalls gleich, anders freilich als das der Baeron und Lian.« Bair deutete auf die verschleierten Chäkia. »Aber das Licht dieser Frauen ist nicht wie das der Männer - und gerade deshalb glaube ich auch, dass sie einer anderen Rasse angehören.«
»Und die Kinder, Bair?« Riatha deutete auf eine ernste Gruppe von Kindern, die nah bei den Chäkia standen.
Bair sah hin. »Oh, das sind Drimma, ganz ohne Zweifel, ythir, wie ihre Väter. Aber ist dir nicht etwas aufgefallen …?«
Riatha sah stirnrunzelnd hin. »Was, Bair? Was soll mir auffallen?«
Bair holte tief Luft. »Es sind keine Mädchen unter ihnen, nur Jungen. Ich frage mich, wo die Mädchen sind. Glaubst du, dass es keine gibt?«
Bevor Riatha antworten konnte, ertönte ein weiterer Gong, und einige Zwerge überquerten die Brücke durch den Gang zur ersten Halle, die hinter dem Dämmertor lag. Der blonde Kelk trat neben sie. »Wir gehen in der mittleren der drei Gruppen, die Elwydds Sterne betrachtet und sie lobpreist.«
»Ihr geht in drei getrennten Gruppen?«, erkundigte sich Aravan.
Kelk nickte. »Seit dem Schwarzenstein preist immer nur eine Gruppe zur Zeit ihr Werk. So bleibt der Horst nie unbewacht und wehrlos.«
Bair sah Riatha fragend an. »Das hat etwas mit Sleeth, dem Orm zu tun, Bair«, erwiderte die Dara. »Ich erkläre es dir später.«
»Wir müssen mit der letzten Gruppe gehen«, sagte sie zu Kelk, woraufhin Bair ein Stöhnen entfuhr, »denn anschließend müssen wir unser eigenes Ritual durchführen.«
Bair seufzte noch einmal, protestierte jedoch nicht.
Kelk sah sie überrascht an. »Ihr kommt zu spät zum Fest?«
»Wie lange dauert es?«, fragte Bair verzweifelt.
Kelk lächelte. »Zwölf Tage und zwölf Nächte.«
»Meiner Seel, das sind gute Neuigkeiten«, mischte sich Faeril ein und wandte sich an Bair. »Vielleicht, mein armer, abgemagerter Junge, wirst du doch nicht verhungern.« Dann brach sie in ein silberhelles Kichern aus.
Als sich das letzte Drittel der Chäkka versammelt hatte, unter denen sich auch Bair, Riatha, Urus, Faeril und Aravan befanden, stand Balor immer noch auf einem hohen, gemeißelten Schlot in der zerklüfteten Flanke des Stormhelms, und alle Blicke richteten sich auf ihn, bis auf die der Zwergenwächter, die in einem Kreis vor dem Hort standen und mit scharfen Blicken das Land und den Himmel beobachteten. Sie achteten auf jede mögliche Bedrohung, die ihnen von den verschneiten Hängen Der Steigung und von den Flanken der benachbarten Berge drohen könnte - und selbst von dem mit Sternen übersäten Firmament.
Zum dritten Mal in dieser Nacht hob der DelfHerr sein Gesicht und seine Arme in den funkelnden Himmel und erhob die Stimme, deklamierte die große Litanei, in die sich die Antwortgesänge der versammelten Zwerge mischten, Kantor und Chor. Die Echos ihrer Anrufung hallten durch die Felsen des Grimmwall-Massivs.
Elwydd
Lol an Adon
… so begann die Anrufung, und Aravan übersetzte leise, während Balor und die Versammlung abwechselnd sangen.
Elwydd
Tochter des Adon
Wir danken Dir
Für Deine sanfte Hand
Die uns den Odem
Des Lebens schenkte
Möge dies
Das goldene
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