Mittagessen Nebensache
zum Teufel mit euch Hinterwäldlern! Warum leben solche Narren auch nicht in der Stadt! Und besonders diese Frau — warum muß sie sich ausgerechnet so unheimlich viel Kinder zulegen? Und wenn sie schon so verrückt danach ist, soll sie wenigstens in der Stadt bleiben, wo sie immer jemanden findet, der sich um sie kümmert. Die Wahrheit ist natürlich, daß mir keine andere Wahl bleibt, aber ich gestehe offen, daß ich es nur mit dem größten Widerwillen tue. Wenigstens euch gegenüber gestehe ich es ein. Ich hatte mich so darauf gefreut, endlich mal wieder etwas Abwechslung zu bekommen, nachdem es dir wieder besser geht...«
»Ich weiß, Liebes, und du hast dich wirklich großartig gehalten. Dieser schreckliche Winter ist wohl daran schuld, daß ich gerade jetzt nicht auf dem Posten bin. Ich habe direkt ein schlechtes Gewissen.«
»Dafür liegt wirklich kein Grund vor«, sagte Paul mit vollendetem Takt. »Ein bißchen Arbeit wird Dawn nicht weh tun. Sie ist gesund und kräftig, und je eher sie merkt, wie das Leben ist — geben und nehmen, meine ich, und nicht nur nehmen — , um so besser für sie.«
Sie starrte ihn sekundenlang an, und ich erwartete eine Szene, die ich ihr nicht einmal übelgenommen hätte, aber mein Schwesterlein war eben völlig unberechenbar. »Arme kleine Dawn«, zwitscherte sie plötzlich lachend, »da mußt du ausgerechnet zu den grimmigen Hinterwäldlern kommen, um zu lernen, daß das Leben hart ist. Du hast recht, Paul, ich bin ein egoistisches Biest. Ich habe mein ganzes Leben lang nur genommen — auch von Susan. Aber ich bin eben der geborene Nehmer und sie der geborene Geber. Well, da steht eure süße kleine Heroine, bereit zum heldenmütigen Einsatz. Aber ich warne euch! Das ist meine letzte gute Tat, solange ich hier bin. Es hat keinen Sinn, daraus einen Dauerzustand machen zu wollen.«
Paul schmolz sichtlich, er lächelte versöhnt. Dawns Technik der Männerbehandlung war wirklich nachahmenswert. »Das ist ein Handel. Wir werden kein Opfer mehr von dir verlangen. Aber zeige es nicht zu deutlich, daß es ein Opfer für dich ist. Hill muß es ja zum Halse heraushängen, um Hilfe zu betteln.«
»Oh, seid unbesorgt. Wenn es schon sein muß, dann mache ich meine Sache auch ordentlich. Ich bin das brave kleine Mädchen, das der armen Mutter alle Sorgen abnimmt. >Liebste Mrs. Hill, machen Sie sich nur keine Gedanken. Ich liebe Kinder ja so! Nein, liebste Mrs. Hill, warum wollen Sie denn unbedingt zu Hause bleiben? Ich koche ja so gern, und es macht mir solchen Spaß, Geschirr zu spülen. Tag und Nacht könnte ich im Haushalt arbeiten. Schließlich gibt es ja für ein Mädchen nichts Schöneres...<«
Wir mußten beide lachen, und die gespannte Atmosphäre war wie weggewischt. Am nächsten Morgen erschien David und brachte Dawn dorthin, wo sie — wie sie es fröhlich ausdrückte — geopfert werden sollte.
16
»Nun werden wir endlich etwas Ruhe haben«, sagte Paul erleichtert, als Dawn verschwunden war.
Wir hatten auch Ruhe — für genau eine halbe Stunde. Dann entdeckte Paul, daß Christopher draußen im Regen der Länge nach in einer Dreckpfütze lag. Der erzürnte Vater holte ihn herein, badete ihn und wusch die verschmutzten Sachen aus. Während dieser aufregenden Tätigkeit vergaß er vollständig, daß er den elektrischen Kochtopf eingeschaltet hatte. Ich roch plötzlich verbrannten Gummi, dann knallte auch schon die Sicherung durch. Die Bank neben dem Ausguß wies einen malerischen schwarzen Kreis auf.
Dieser Anblick erfreute Christopher riesig, aber Pauls Kommentar kann ich leider nicht wiedergeben. Er suchte verzweifelt nach einer Ersatzsicherung. Er hatte immer noch keine gefunden, als das Telefon klingelte. Mit einer entsprechenden Bemerkung, die sein Sohn unter Garantie später wiederholen würde, ging er zum Apparat. Doch seine Stimme wechselte erstaunlich schnell in eine andere Tonart über. Er begann geradezu zu schnurren, dann seufzte er so tief auf, als sei eine riesengroße Bürde von seinen Schultern gefallen.
»Wirklich, Anne? Das ist zu lieb von dir. Aber wird es auch nicht zuviel für dich werden? Ich meine — gerade jetzt? Was sagt Tim denn dazu?«
Die Antwort auf diese Frage fiel offensichtlich positiv aus, denn Pauls Stimme vibrierte jetzt geradezu vor Entzücken.
»Ja, ja, ich werde großartig damit fertig. Natürlich ist es eine Hetze, weil ja das Vieh versorgt werden muß, aber schließlich ist alles nur eine Frage der Einteilung.
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