Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
Bedingungen, Rückgang der Seuchen, Nachlassen der Invasionen und Raubzüge aus dem slawischen Osten und dem islamischen Bereich führten zu erheblichem Bevölkerungswachstum, zur Intensivierung der Landwirtschaft und Gewinnung neuen Kulturlandes. Am deutlichsten war der Aufschwung sichtbar in Oberitalien, wo seit alters her die Handelsverbindungen zusammenliefen und Gewerbe und Handwerk in den Städten konzentriert waren. Hier fand ein Prozess der „Urbanisierung“ statt, die Städte wurden zu Magneten für das Umland, ihre Einwohnerzahl schwoll an, es bildete sich eine neue, selbstbewusste Klasse heraus: das Bürgertum.
Entmachtung der Stadtherren
Im Schatten des Investiturstreits (1075–1122), der die kaiserliche Macht in Italien weitgehend lahm legte, entstanden neue Formen der Selbstverwaltung, die Bürger nahmen die Stadtherrschaft selbst in die Hand, die geistlichen Stadtherren und Lehensträger wurden entmachtet. Mitte des 12. Jahrhunderts präsentierten sich Mailand, Vicenza, Padua und andere als mächtige Stadtstaaten, die sich niemandem mehr untertan fühlten.
Die Entwicklung ging weiter zur Ausbildung von Adelsrepubliken bzw. kleinen Territorialstaaten, in denen meist Tyrannen die Macht an sich rissen und Dynastien gründeten. Ersteres war der Fall in Venedig, das die Führung im Levantehandel wahrte und im 13. und 14. Jahrhundert eine Kette von festen Stützpunkten auf dem Weg nach Konstantinopel erwarb. Mailand dagegen sah den Aufstieg der Visconti, die in der Lombardei einen modernen Zentralstaat schufen und sich seit 1395 auch Herzöge nennen durften.
Condottieri
Die Rivalitäten der italienischen Kleinstaaten führten zu immer neuen Bündnissen und Kriegen untereinander. Dabei bildete sich der Typ des Condottiere heraus, des Kriegsunternehmers. Durch Denkmäler, die man ihnen errichtete, sind besonders Gattamelata (eigentlich Erasmo da Narni, um 1370–1443), Bartolomeo Colleoni (1400–1475) und Giovanni Acuto (eigentlich John Hawkwood, 1329–1394) bekannt. Zum Condottiere gehört die vollständige Gewissenlosigkeit, er und seine Leute wollen nur anständig bezahlt werden. „Unter solchen Umständen können Söldner dem Auftraggeber gefährlicher werden als der Feind“, sagt der Kriegshistoriker John Keegan, „bei internen Streitigkeiten ergreifen sie Partei, sie streiken wegen ausstehendem Sold oder erpressen ihren Auftraggeber.“ Manche Condottieri vermieteten dann auch ohne Bedenken ihre Heere an den, der eben noch ihr Feind gewesen war, oder ergriffen selbst die Macht und stiegen zu Landesherren auf
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Die Medici
Am längsten hielt die großbürgerliche Schicht in Florenz ihre Herrschaft aufrecht. Die wirtschaftliche Blüte der Stadt beruhte auf dem Tuchgewerbe und dem Bankwesen. Florentinische Niederlassungen reichten von London bis in die Levante. Aber auch hier stiegen Mitte des 15. Jahrhunderts aus einer Schicht sehr reicher, sich oligarchisch immer enger abschließender Familien die Medici auf, die ihre Stellung zur landesüblichen Signorie, der Herrschaft eines Geschlechtes ausgestalteten. Geschickte Bankgeschäfte und Spekulationen verschafften der Familie beträchtlichen Reichtum. Als Kunstmäzene und Förderer der Wissenschaft machten sich Cosimo der Alte (1389–1464) und Lorenzo I. der Prächtige (1449–1492) einen Namen. Andere Medici bestiegen den Papstthron, so Giovanni (Leo X., 1513–1521) und Giulio (Klemens VII., 1523–1534).
Im Reiterstandbild des Bartolomeo Colleoni auf der Piazza S. Giovanni e Paolo in Venedig, geschaffen 1479–1488 von Andrea del Verrocchio, hat der Typus des Condottiere, des unabhängigen Kriegsunternehmers, gültige Gestalt gefunden
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(c) dpa/Picture Alliance, Frankfurt am Main
Vordringen der Osmanen auf dem Balkan
Fürst Lazars Untergang (1389)
Konstantinopel, die Hauptstadt des Byzantinischen Reiches, fiel bekanntlich erst 1453 an die Türken. Aber knapp an ihr vorbei, beinahe unter ihren Mauern, liefen schon seit der Mitte des 14. Jahrhunderts die Eroberungszüge der Osmanen, die um 1300 die Nachfolge der Seldschuken als Führungsmacht in der Türkei angetreten hatten und sich nun anschickten, die christliche Herrschaft über Kleinasien zu beenden und nach Europa auszugreifen. Dadurch verlor das Byzantinische Reich ständig an Substanz.1352 fiel mit Tzympe am Marmarameer die erste Festung auf dem Balkan. Türkische Heere eroberten Ortschaften in Thrakien. 1361 war Adrianopel an der Reihe. Die Expansion folgte der alten römischen
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