Mittelreich
kommen zurück, mitten in Nacht, und sie finden alle Leute, die haben nicht gefunden vorher, weil die nicht mehr haben aufgepasst richtig. Alle Leute von die Dachboden kommen in KZ , und alle später sind tot. Nur Baby ist schon tot vorher. Weil ist verdurstet und verhungert, weil nix mehr kriegt zu trinken von Brust von tote Mutter. Der Mann, der hat getötet die Frau, damit die andere können leben, der auch ist in KZ gekommen nach Dachau. Er hat da müssen arbeiten in Apotheke, wo Ärzte haben gemacht Experimente an Gefangene, und er, weil er war der Sohn von den Schmuggler aus Steinermühle, hat studiert in Prag Apotheker, und Nazi ihn können gebrauchen für ihre wissenschaftliche Versuche. Er hat viel chemische Zeug gemixt, wo danach sind gestorben viel Häftlinge. Danach er hat überlebt und hat geheiratet eine Frau, die wo schon hat sechs Kinder von andere Männer, weil er immer hat gemacht Selbstvorwürfe, dass er hat getötet junge Frau mit Baby, und Baby ist danach allein und ist verdurstet. Er meint, er kann wiedergutmachen an fremde Kinder. Aber er kann nicht.
Der Tucek schüttelt einige Male bedächtig seinen Kopf und lächelt dabei. Dann schaut er den jungen Neffen wieder an.
Du verstehen, warum ich fragen, ob du schon mal hast gesehen eine KZ und eine SS -Mann in die KZ drin. Ich nur fragen, weil ich bin diese Mann. Und diese Frau war mein Frau, und die Baby war mein Tochter. Und immer ich wenn denke an diese Geschichte, ich müssen lachen, obwohl vielleicht gar nicht ist lustig die Gschichte. Aber wenn ich dran denken, dass diese Leute haben gelebt eine Woch lang länger, ich immer muss lachen, weil sie haben gehabt Angst, eine Woche lang länger, und nur meine Frau, die ich hab erwürgt, war ohne Angst in dera Woch. Und wenn du machen Witz von KZ und SS -Mann, obwohl du nie hast gesehen KZ und SS -Mann, dann ich auch muss lachen, weil du genau bist so ohne Angst wie mein tote Frau und Baby, weil du auch nix wissen, weil du auch schon bist wie tot.
Und jetzt kichert er kindisch, der Tucek, und kriegt sich fast nicht mehr in den Griff. Kichernd steht er auf und geht hinaus aus der Küche, in der die anderen Männer zurückbleiben – ein wenig irritiert, aber nicht übermäßig angetan, bis auf die kleine Bemerkung des Zenz vielleicht, der einen Pfiff durch die Zähne zwitschert und sagt: Dann hat der ja pfeilgerade eine umgebracht!, und danach aufsteht, mit der Bemerkung, dass es ja jetzt doch schon wieder fast halb acht Uhr auf die Nacht geworden sei und er deshalb allmählich schauen müsse, dass er weiterkomme. Der Tucek geht derweil hinaus aus dieser Küche und hinüber in den Stall, wo er seinen Mantel hat hängen lassen, bevor er in den Eiskeller gestiegen ist, und schlüpft in den hinein, schlüpft in diesen Mantel, um eingepackt in ihn noch einmal zurückzukommen in die Küche, wo die anderen im Aufbruch sich befinden, und ihnen noch einmal in Erinnerung zu rufen, ein letztes Mal, dass er ihnen doch versprochen habe, ganz am Anfang, zu Beginn seiner Geschichte, dass sie eine atemberaubende sein würde – und lustig, denn darauf lege er Wert, ganz besonderen Wert lege er darauf – und kichert dabei unablässig –, dass seine Geschichte, die er zu erzählen gehabt habe, eine lustige Geschichten gewesen sei, ein letztes Mal ...
Denn danach geht er aus dem Haus hinaus und quer durch den Obstgarten übers Eggnfeld dahin, geht da auf geradem Wege zu dem kleinen Wald hinüber, der von Fichtelkam herunter den vom Strauch- und Wurzelwerk schon völlig zugewachsnen Hohlweg schattet, einst Fahr- und Wanderweg, der vom Lassberghaus hinauf nach Fichtelkam zum Bankerl mit dem schönsten Ausblick ins Gebirge führte, und wo unten, gleich neben seinem Anfang, im garagenkleinen Nebenhaus des Lassberghauses, in ihrem Kuckucksnest, die Frau mit den acht ausgebrüteten Bastarden auf ihn wartet, und der jetzt als Unrat- und als Abfallgrube dient, der Graben, und erhängt sich da, gleich unmittelbar danach, mittendrin im Müll, ein letztes Mal.
Beinah hätte der Ast den schweren Mann nicht ausgehalten, hat später der Seetaler seinen Bericht beendet, der Gendarm, der das Protokoll aufgenommen hat, beinahe. Aber letztlich dann doch.
Überhaupt war das Hauptmerkmal, das die Menschen prägte, Zähigkeit. Mit Zähigkeit arbeiteten sie sich aus dem Schlamassel des verlorenen Krieges und dem schlechten Leumund in der Welt, den sie sich mit diesem Krieg und seinen ganzen Begleiterscheinungen
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