Mitten im Gefühl: Roman (German Edition)
dein Freier .
Maggies Lächeln erlosch, als er in dem Wäldchen hinter ihrem Cottage verschwand. Sehr praktisch, dieses Wäldchen. Er konnte kommen und gehen, ohne vom Rest des Dorfes bemerkt zu werden. Sie gab sich keinen Illusionen hin: Wenn es die Bäume nicht gäbe, hätte es auch ihre Übereinkunft niemals gegeben.
Mehr war da nicht, rief sich Maggie ins Gedächtnis. Nur ein Arrangement, das war alles. Zur beiderseitigen Zufriedenheit.
Um sich das zu beweisen, ging sie vom Küchenfenster zum Eichenbüfett und nahm die blauweiße Porzellanteekanne auf dem oberen Regal zur Hand. Maggie zog ein kleines Bündel Geldscheine heraus. Sie musste nicht erst nachzählen, er hatte ihr einhundert Pfund dagelassen. So viel ließ er immer da.
Nur zu gern hätte sie sich als monogame Frau beschrieben, aber das stimmte nicht. Sehen wir der Sache doch ins Gesicht: Ich bin eine monogame Prostituierte.
Maggie seufzte. Sie wollte das gar nicht, aber welche Alternative hatte sie schon? Wenn sie sein Geld nicht nahm, würde er nicht mehr mit ihr schlafen. Und sie konnte es nicht ertragen, ihn aufzugeben. Er war der Höhepunkt ihrer Woche. Wenn sie es sich hätte leisten können, dann hätte sie ihn dafür bezahlt, mit ihr zu schlafen.
Aber das konnte sie sich eben nicht leisten, dachte Maggie, und er wusste das auch. Darum gab er ihr Woche für Woche Geld. Es war nicht zu leugnen, dass sie das Geld gut brauchen konnte.
Tara hatte eines ihrer Lackarmbänder auf der Kommode liegen lassen. Maggie sammelte es ein und ging zur Treppe. Es war sinnlos, sich zu wünschen, die Situation wäre eine andere, denn sie war es nun einmal nicht. Maggie musste sie akzeptieren und das Beste daraus machen. Und da sie eine monogame Prostituierte war, hatte sie jetzt auch jede Menge Arbeit zu tun. Ganz zu schweigen von dem Bett, das gemacht werden musste.
Im oberen Stock legte Maggie das Armband zurück in das Schmuckkästchen auf Taras Ankleidetisch. Als sie dabei aus dem Schlafzimmerfenster sah, entfuhr ihr unwillkürlich ein Schrei. Tara ging die High Street entlang auf das Cottage zu.
Meine Güte, warum kam sie um diese Uhrzeit schon nach Hause?
Wie der Blitz schoss Maggie durch den Flur in ihr eigenes Schlafzimmer, riss sich den Morgenmantel vom Leib und schlüpfte in Jeans und einen schwarzen Pulli. In nur zwanzig Sekunden machte sie das zerknautschte Bett, riss die Vorhänge auf und fuhr sich mit der Bürste durch das schulterlange, blonde Haar. Sie packte den Wäschekorb und hastete nach unten. Als die Haustür aufging, lag sie bereits in der Küche auf den Knien und stopfte Kleidungsstücke in die Waschmaschine.
Puh, gerade noch mal gut gegangen.
»Tara, herrje, wie spät ist es denn?« Maggie täuschte Erstaunen vor und setzte sich auf. »Ich dachte, du hast bis 18 Uhr Dienst?«
»Daisy hat mich nach Hause geschickt.« Tara ließ sich auf einen der Küchenstühle fallen und stöhnte laut. Sie war zu sehr mit ihren eigenen Schuldgefühlen beschäftigt, um die ihrer Tante zu bemerken. »Du wirst nicht glauben, was heute passiert ist. Gewaltige Katastrophe. Maggie, warum tun Männer das? Warum geben wir uns überhaupt mit ihnen ab? Nicht, dass du dich je mit ihnen abgeben würdest«, fügte sie noch hinzu und fuhr sich mit den Fingern durch die spitz abstehenden Haare. »Eines kann ich dir sagen: Du machst es genau richtig. Ich schwöre bei Gott, von heute an halte ich es wie du. Ich lasse mich nicht mehr anlügen und betrügen und wie einen Haufen Hundekacke behandeln. Keine Männer, kein Ärger. Das war’s!« Sie sah verzweifelt zu ihrer 45-jährigen Tante, die seit sieben Jahren geschieden war und nun ein idyllisches, sorgenfreies, männerloses Leben führte, und verkündete nachdrücklich: »Von heute an will ich genauso sein wie du!«
Die Hochzeitszeremonie verlief reibungslos. Die Braut sah wunderhübsch aus, und der Bräutigam sprach das Ehegelübde, als ob es ihm ernst damit wäre. Die Rede des Trauzeugen war geistreich und das Essen ein Triumph. Laut Sheila, einer der Kellnerinnen, die die Gäste während des Empfangs belauscht hatte.
Daisy, die den Nachmittag hauptsächlich in ihrem Büro zugebracht hatte, meinte: »Dann scheinen ja alle glücklich zu sein.«
»Besser geht’s nicht.« Sheila schenkte ihr ein tröstliches Lächeln. »Warum siehst du nicht selbst nach?«
Weil ich Gefahr laufe, den Bräutigam und seinen Trauzeugen mit dem großen Silbermesser zu erstechen, mit dem man normalerweise die Hochzeitstorte
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