Mitten im Gefühl: Roman (German Edition)
Zweck. Gegen 15 Uhr hatte Maggie schon einiges erstanden. Eine olivgrüne Seidenbluse und einen Messingkerzenleuchter bei Oxfam – zusammen sechs Pfund, ein echtes Schnäppchen –, eine viktorianische Hutschachtel bei einem Antiquitätenhändler in der Walcott Street, neue Jeans bei Gap, weil ihre alten schon derart auseinander gefallen waren, dass es ans Unanständige grenzte, und eine Tüte voller Taschenbücher aus dem Second-Hand-Buchladen hinter der Octagon Kapelle.
Da sie auch noch die Kissen mit sich herumschleppte, hatte sie eine Menge zu tragen. Als sie zufällig einen Blick auf ihr Spiegelbild in einem Schaufenster erhaschte, war Maggie über ihre Ähnlichkeit mit einem Packesel erschüttert. Da die Temperatur sprunghaft angestiegen war, hatte sie ihre blaue Jacke und den grauen Pulli ausgezogen und um ihre Hüften gewickelt. Sie trug nur noch ein schwarzes, langärmeliges T-Shirt zu ihren Jeans, dennoch war ihr heiß. Ihr Pony klebte an ihrer Stirn, und ihre Wangen glänzten rosa.
Sie kam um eine Ecke und entdeckte vor sich einen Burger King. Prompt gab ihr Magen ein wütendes Grummeln von sich, und Maggie merkte zum ersten Mal, wie hungrig sie war. Und sie hatte seit Monaten keinen Burger mehr gegessen.
Zwei Minuten später wanderte Maggie die Milsom Street hinunter, wobei sie gierig in einen über offener Flamme gegrillten, doppelten Rodeo-Burger mit Schinken, Barbecue-Soße und geschmolzenem Käse biss. Na gut, es war nicht gerade Haute Cuisine, aber wenn man Heißhunger darauf hatte, einfach unschlagbar.
Vor ihr lag The Tante Elise, eines von Baths chicsten Restaurants, mit seiner marineblauen und cremefarbenen Außenfassade und den süßen, kleinen Lorbeerbäumchen in funkelnden, dunkelblauen Töpfen, die den Eingang flankierten.
Maggie fragte sich, wie die Gäste des Hauses reagieren würden, wenn sie durch das abgedunkelte Glas hineinlugte, den Mund immer noch voller Rodeo-Burger. Sie wären wahrscheinlich entsetzt und man würde einen Kellner hinausschicken, um sie zu verscheuchen.
Aber Maggies Arme schmerzten ohnehin zu sehr, als dass sie auch nur eine Minute länger als unbedingt nötig verweilen konnte. Maggie schätzte, dass sie weniger als fünfhundert Meter von ihrem Parkplatz in der James Street entfernt war. Noch drei oder vier Minuten in schneller Gangart, und die muskelzerrende Folter wäre vorüber.
Auf der Höhe des Restaurants öffnete sich plötzlich die Tür und Hector trat heraus. Mit Paula Penhaligon.
Einen Moment lang stockte Maggie der Atem. Hector hatte sie noch nicht entdeckt, aber jeden Moment würde er sich umdrehen. Und es gab keine Möglichkeit, sich zu verstecken, keine Möglichkeit zur Flucht.
Paula Penhaligon trug ein cremefarbenes Wollkostüm mit einem bronzefarbenen Paschminatuch, das sie kunstvoll um ihre Schultern geschlungen hatte. Dazu Pumps mit bronzenen Absätzen. Schimmerndes, bronzefarbenes Haar. Teure Uhr, teurer Schmuck, teures … alles. Hector sah in seinem dunklen Anzug sehr stadtfein aus. Kurz überlegte Maggie, ob sie auf die Straße laufen und sich hinter einen geparkten Wagen kauern sollte, aber bei ihrem Glück würde sie dabei nur von einem Laster überfahren.
»Maggie! Meine Güte, was für eine Überraschung«, rief Hector. »Was machen Sie denn hier?«
Maggie fragte sich, was sie seiner Meinung nach hier tat. Ein rasches Mittagessen im Tante Elise? Oder, mein Gott, dachte er womöglich, sie sei ihm gefolgt?
Maggie stand wie festgewurzelt, versuchte verzweifelt, den Happen Rodeo-Burger in ihrem Mund zu schlucken, der sich partout nicht schlucken lassen wollte. Wie sah sie wohl aus, mit ihren Oxfam-Taschen, ihrer Tesco-Tüte voller Second-Hand-Büchern und all den anderen Tragetüten, die sie in den letzten beiden Stunden angehäuft hatte?
»Ich war … äh … einkaufen.« Dankenswerterweise rutschte der Brocken Burger von ihrem Mund endlich in ihren Magen. Der Rest ragte aus der Serviette, die sie immer noch in ihrer linken Hand hielt.
»Einkaufen? Wunderbar!«, erklärte Hector mit einem Hauch zu viel Begeisterung. »Die Migräne ist weg?«
Fühlte er sich schuldig? Maggie fragte sich, ob ihm je der Gedanke an Schuld kam. Wenn man seine Ehefrau oder seine Freundin anlog, sie versetzte und dann mit einer anderen Frau erwischt wurde, dann verspürte man eventuell Schuldgefühle. Aber den Termin bei der freundlichen Nachbarschaftshure zu verschieben, hatte kaum denselben Stellenwert. Sie war einfach nicht so wichtig.
Laut murmelte
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