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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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angeboten, und du hast von ihm statt dessen ein Zehntel verlangt?«
    »Ja, richtig.«
    Beunruhigt sah Habakuk auf Ace’ Miene den gleichen merkwürdigen Ausdruck wie zuvor auf Potts’ Gesicht.
    »Warum? Was ist falsch daran?«
    »Habakuk, du mußt unbedingt mit mir in die Stadt fahren. Sofort . Das ist mein Ernst. Wird dir für alle künftigen Zeiten viel Kummer ersparen.«
    Und so fuhren sie nach Woolybucket, Ace am Steuer. Er parkte vor der Good-Times-Bäckerei, ging hinein und kam ein paar Minuten später mit zwei Kuchenschachteln heraus. Sie fuhren aus der Stadt hinaus, hielten an einem Picknicktisch am Straßenrand, und Ace schwieg eisern, ohne Habakuks Gequengel nach einer Erklärung zu beachten, denn allmählich dämmerte Habakuk, daß etwas nicht stimmte, obwohl er nicht wußte, was.
    Am Picknicktisch öffnete Ace die zwei Schachteln, die einen ganzen Apfel- und einen ganzen Kirschkuchen enthielten. Den Kirschkuchen stellte er vor Habakuk hin, den Apfelkuchen vor sich selbst; dann holte er sein Klappmesser mit Horngriff hervor.
    »Paß auf«, sagte er. Er zerteilte den Apfelkuchen in Achtel und reichte Habakuk das Messer. »Du schneidest jetzt diesen Kirschkuchen vor dir in Zehntel, und dann wollen wir sehen, wer die größeren Stücke hat.«
    Als Habakuk den Kuchen aufschnitt, erlernte er den entscheidenden Unterschied zwischen Brüchen und Prozenten. Sein Zorn, daß er sich selbst übertölpelt hatte, war schrecklich mit anzusehen, und er stampfte mit dem Fuß auf und stieß ganz entsetzliche holländische Flüche aus, während Ace kopfschüttelnd zusah und ein Stück Kuchen nach dem anderen aß, wobei er die Achtel bevorzugte.
    »Na gut, na gut, diesmal ich habe mich gemacht zum Narren, aber nie wieder. Mit der Viehzucht es ist vorbei. Ich bin jetzt im Ölgeschäft. Warte nur ab. Ich werde sie schlagen auf ihre eigene Feld.«
    »Dann solltest du aber mächtig früh aufstehen. Ölleute sind mit allen Wassern gewaschen.«
    Doch Habakuk war hartnäckig; er fand heraus, daß sich unter dem flachen Panhandle ein verborgener Gebirgszug aus Granit erstreckte, das Amarillo-Gebirge, atemberaubend reich an Öl, Erdgas und Helium, Lagerstätte eines gewaltigen, 1916 entdeckten Vorkommens. Er arbeitete sich durch Bücher über Erdöl, quetschte Erdölspezialisten aus, folgte Bohrteams und lauerte Vertragsleuten auf und investierte das Geld aus seinem Zehntel von Condor in ein Dutzend weitere Unternehmungen. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs war Kampen-Öl eine kleine, aber mächtige Gesellschaft.
    Fünf Jahre später besuchte Habakuk seinen Cousin auf Java und kaufte Land, das seinem geschulten Blick verheißungsvoll erschien, verpachtete es einige Jahre darauf an Shell-Royal Dutch, die dort mehr als zwei Millionen Barrel im Jahr förderten. Er reiste nach Kuwait und nach Qatar, hatte Anteile in Venezuela. Und 1961 heimste Kampen-Öl in einer feindlichen Übernahme Condor ein. Zu jener Zeit war H. H. Potts seit langem unter der Erde, aber Habakuk van Melkebeek machte sich zum Friedhof der Freiwilligen Baptistengemeinde von Oklahoma City auf und fand das Grab.
    »Sie sind gefeuert«, sagte er zu dem Grabschmuck aus verblichenen Wachslilien.

14. Das junge Paar
    A uf der Cutaway Ranch wurden Habakuk van Melkebeek und Ace Crouch schmerzlich vermißt. Statt ihre Aufgabe zwei Cowboys zu übertragen, schloß Slike mit den frischgebackenen Partnern einen Vertrag über Windradwartung ab.
    »Zum Henker, sie kennen unsere Windräder aus dem Effeff. Auf lange Sicht ist das billiger«, erklärte er dem Ranchbesitzer. Für Habakuk und Ace bedeutete es ein regelmäßiges Einkommen in den ersten schweren Jahren.
    Ace war zweiundzwanzig, stark und gewandt, auf etwas ungeschliffene Weise nicht unattraktiv, obwohl seine Augen zu nah beieinanderlagen und sein dünnes braunes Haar ihm in die Augen hing. Aber er war groß und stark, mit breiten knochigen Schultern und einer muskulösen Brust, und er lächelte gern. Er wurde zum regelmäßigen Besucher der samstäglichen Tanzabende in Cowboy Rose, trank aber nur selten, denn seinen entsetzlichen Kater auf der Windradplattform hatte er noch in lebhafter Erinnerung. Er begnügte sich mit einem Bier; und während andere junge Männer um die Lastwagen herumstanden, wo sie tranken und pöbelten und unbeholfen wie Käfer zu Schlägen ausholten, auf den Rücken plumpsten und sich wieder hochrappelten, tanzte Ace. Er tanzte Ragtime, Polka, Swing, Breakdown und Two-Step, bis er in der näheren

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