Mitten ins Herz - Roman
wird.«
»Was willst du damit sagen?«
»Damit will ich sagen, dass du dich zwischen deinem Job und mir entscheiden musst.«
»Dann will ich dir auch mal was sagen: Ich habe keine Lust, den Rest meines Lebens mit jemandem zu verbringen, der mich vor ein Ultimatum stellt.«
»Gut.«
»Gut.«
Er ging, knallte die Tür hinter sich zu. Eigentlich halte ich mich für einen ziemlich ausgeglichenen Menschen, aber das war zu viel. Ich weinte so lange, bis ich mich ganz ausgeweint hatte, danach aß ich drei Doughnuts und duschte. Ich trocknete mich ab und fühlte mich immer noch niedergeschlagen, deswegen beschloss ich, mein Haar blond zu färben. Veränderung tut gut.
»Ich möchte blondes Haar«, sagte ich zu Mr. Arnold. »Platinblond. Ich will aussehen wie Marilyn.«
»Darling«, sagte Arnold, »bei deinem Haar kannst du gar nicht aussehen wie Marilyn. Du siehst hinterher aus wie Art Garfunkel.«
»Machen Sie nur.«
In der Eingangshalle begegnete ich Mr. Morganstern. »Mein lieber Mann«, sagte er, »Sie sehen aus wie diese eine Sängerin … wie heißt die doch gleich?«
»Meinen Sie Art Garfunkel?«
»Nein. Die Sängerin mit den Brüsten wie Eistüten.«
»Madonna?«
»Ja. Genau die.«
Ich schloss die Wohnungstür auf, ging schnurstracks ins Badezimmer und sah mir meine Frisur im Spiegel an. Sie gefiel mir. Sie war anders. Klassisch, auf nuttige Art.
Auf dem Küchentresen lag seit Tagen ein Stapel Briefe, die ich nicht beachtet hatte. Ich holte mir ein Bier, um meine neue Frisur zu begießen, und kramte in der Post. Rechnungen, Rechnungen, Rechnungen. Ich sah mir meinen Kontoauszug an. Es reichte hinten und vorne nicht. Ich musste DeChooch unbedingt schnappen.
DeChooch hatte vermutlich auch Geldsorgen: Er nahm kein Lösegeld mehr ein, durch das Fiasko mit den Zigaretten war ihm ebenfalls Geld durch die Lappen gegangen, und das Snake Pit warf wenig oder gar kein Geld ab. Jetzt hatte er nicht einmal mehr ein Auto oder ein Haus zum Wohnen, genauer gesagt, er hatte den Cadillac nicht mehr. Er war ja mit irgendwas davongefahren, ich hatte nur nicht gut erkennen können, womit.
Vier Nachrichten waren auf meinem Anrufbeantworter. Aus Angst, sie wären alle von Joe, hatte ich sie nicht abgehört. Ich vermute, dass wir in Wahrheit beide nicht zur Ehe
bereit sind, und statt uns diesem Thema zu stellen, fügen wir unserer Beziehung Schaden zu. Über wichtige Dinge - Kinderwunsch, unsere Arbeit - reden wir nicht.Wir nehmen beide einen Standpunkt ein und brüllen uns an.
Vielleicht ist es einfach nicht der richtige Zeitpunkt zum Heiraten. Bestimmt will ich nicht bis zum Ende meiner Tage als Kopfgeldjägerin arbeiten, aber Nur-Hausfrau will ich im Moment auch nicht sein. Und mit jemandem verheiratet sein, der mir ein Ultimatum stellt, will ich schon gar nicht.
Joe müsste sich fragen, was für eine Frau er haben will. Er ist in einer traditionsbewussten italienischen Familie aufgewachsen, mit einer Mutter, die zu Hause blieb, und einem tyrannischen Vater. Wenn er eine Frau sucht, die in dieses Schema passt, dann bin ich nicht die Richtige für ihn. Vielleicht kann ich irgendwann mal Hausfrau und Mutter spielen, aber ich werde immer versuchen, vom Garagendach zu fliegen. So bin ich eben gestrickt.
Also, bitte etwas mehr Mut, Blondie, redete ich mir zu. Hier kommt die neue und geläuterte Stephanie. Hör gefälligst deine Nachrichten auf dem Beantworter ab. Lebe angstfrei.
Ich hörte die erste Nachricht ab, sie war von meiner Mutter.
»Stephanie? Hier ist deine Mutter. Heute Abend gibt’s einen leckeren Schmorbraten und zum Nachtisch Napfkuchen. Mit Streuseln. Die Mädchen essen für ihr Leben gern Napfkuchen.«
Der zweite Anruf kam von Tinas Brautmoden, man teilte mir noch mal mit, dass mein Brautkleid eingetroffen sei.
Der dritte Anruf war von Ranger, mit dem Neuesten von Sophia und Christina. Christina war in einem Krankenhaus aufgetaucht, sie hatte sich alle Knochen der Hand gebrochen,
die man sich nur brechen kann. Ihre Schwester hatte die Hand mit einem Fleischklopfer zertrümmert, damit sie durch die Handschelle passte. Als sie den Schmerz nicht länger aushielt, war sie ins Krankenhaus gegangen, Sophia war noch auf der Flucht.
Die vierte Nachricht kam von Vinnie. Die Anzeige gegen Melvin Baylor war fallen gelassen worden, und Melvin hatte sich ein einfaches Ticket nach Arizona gekauft. Angeblich hat seine Exfrau Melvins Wahnsinnsattacke auf sein Auto beobachtet und Angst gekriegt. Wenn er das
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