Mitten ins Herz - Roman
Virgil Seligs Garage gezogen und fährt einen zehn Jahre alten braunen Nova. Am Abend der Hochzeit seiner Ex schlang Melvin wie üblich sein kaltes Müsli mit fettarmer Milch hinunter und steuerte anschließend zutiefst deprimiert mit seinem stotternden Nova die Casey Bar an. Da Melvin nicht viel verträgt, war er nach zwei Martinis schon gut abgefüllt. Er stieg in seine Rostlaube,
und zum ersten Mal in seinem Leben bewies er Rückgrat, platzte in die Hochzeitsfeier seiner Ex-Frau und erleichterte sich vor zweihundert Leuten auf der Hochzeitstorte. Alle Männer im Saal spendeten ihm stürmisch Beifall.
Lois’ Mutter, die fünfundachtzig Dollar für dieses dreistöckige Luxusteil hingeblättert hatte, ließ Melvin wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses, anstößigen Verhaltens, Störung eines privaten Festes und Zerstörung fremden Eigentums verhaften.
»Ich bin sofort da«, sagte ich. »Stell schon mal die Unterlagen für mich zusammen. Masons Nummer hole ich mir ab, wenn ich da bin.«
Ich schnappte mir meine Tasche und rief Rex zu, ich würde nicht lange wegbleiben. Ich lief über den Hausflur, die Treppe hinunter und rasselte in der Eingangshalle mit Joyce zusammen.
»Ich habe gehört, du hättest dich heute den ganzen Morgen bei verschiedenen Leuten nach DeChooch erkundigt«, sagte Joyce. »DeChooch ist ab jetzt mein Fall. Also zieh Leine.«
»Klar.«
»Und ich will die Akte haben.«
»Die habe ich verloren.«
»Schlampe«, sagte Joyce.
»Rotznase.«
»Saftarsch.«
»Stinkstiefel.«
Joyce machte auf dem Absatz kehrt und stürmte aus dem Haus. Wenn meine Mutter das nächste Mal Hühnchen kochte, würde ich mir das Gabelbein nehmen und Joyce einen saftigen Herpes an den Hals wünschen.
Im Büro war nicht viel los. Die Tür zu Vinnies Arbeitszimmer
war geschlossen, Lula schlief auf dem Sofa, und Connie hatte mir Mary Maggies Telefonnummer herausgesucht und die Festnahmeverfügung für Melvin bereitgelegt.
»Bei ihm zu Hause geht keiner ran«, sagte Connie. »Und auf der Arbeit hat er sich krankgemeldet.Wahrscheinlich hat er sich unter sein Bett verkrochen und gibt sich der Hoffnung hin, es sei alles nur ein schlechter Traum.«
Ich stopfte die Festnahmeverfügung in meine Tasche und rief von Connies Apparat aus Mary Maggie Mason an.
»Ich würde Eddie gern ein Geschäft anbieten«, sagte ich zu ihr. »Ich weiß nur nicht, wie ich mit ihm in Verbindung treten kann. Ich dachte, vielleicht ruft er Sie ja gelegentlich an, weil er doch Ihr Auto benutzt, nur so, um Bescheid zu sagen, dass noch alles in Ordnung ist mit dem Wagen.«
»Was für ein Geschäft?«
»Ich habe etwas, nach dem Eddie sucht, und ich würde es gern gegen Mooner eintauschen.«
»Gegen Mooner?«
»Eddie wird das schon verstehen.«
»Na gut«, sagte Mason. »Ich werd’s ihm ausrichten, falls er anruft, aber ich kann für nichts garantieren.«
»Natürlich«, sagte ich. »Ich meine ja auch nur für den Fall.«
Lula schlug ein Auge auf. »Schwindelst du den Leuten wieder was vor?«
»Ich bin nur der Köder«, sagte ich.
»Mach keinen Scheiß!«
»Was ist das eigentlich, wonach dieser Chooch sucht?«, wollte Connie wissen.
»Das weiß ich auch nicht«, sagte ich. »Das ist ja gerade das Problem.«
Normalerweise ziehen die Leute nach einer Scheidung aus Burg weg. Melvin bildete eine Ausnahme. Ich glaube, nach der Trennung war er erst mal viel zu erschöpft und niedergeschlagen, um sich auf die Suche nach einer geeigneten Bleibe zu machen.
Ich hielt vor Seligs Haus und ging zur Garage auf der Rückseite. Es war eine baufällige Doppelgarage mit einem baufälligen Stockwerk obendrauf, eine Einzimmerwohnung für eine Person. Ich stieg die Treppe zur Wohnung rauf und klopfte. Ich lauschte an der Tür. Nichts. Ich hämmerte gegen die Tür, legte mein Ohr an das verkratzte Holz und lauschte erneut. Dann rührte sich etwas.
»He, Melvin«, rief ich. »Machen Sie auf.«
»Hauen Sie ab«, sagte Melvin durch die Tür. »Mir geht es nicht gut. Hauen Sie ab.«
»Ich bin’s, Stephanie Plum«, sagte ich. »Ich muss mit Ihnen reden.«
Die Tür öffnete sich, und Melvin schaute heraus, das Haar ungekämmt, die Augen blutunterlaufen.
»Sie hätten heute Morgen eigentlich bei Gericht erscheinen sollen«, sagte ich.
»Ich konnte nicht. Ich bin krank.«
»Dann hätten Sie wenigstens Vinnie vorher anrufen sollen.«
»Oh! Daran habe ich nicht gedacht.«
Ich roch seinen Atem. »Haben Sie was getrunken?«
Er schaukelte auf den
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