Mitternachtsfalke - Auf Den Schwingen Der Liebe
hatte er gewartet. Schnell führte er Julias Stute in den Stall. Mit einem Klaps auf das Hinterteil bugsierte er sie in ihre Box und löste die Gurte. Dann wuchtete er den kunstvoll verarbeiteten Sattel über einen Bock, nahm die Trense ab und machte, dass er davon kam. Er war sich sicher, in Julias Interesse gehandelt zu haben. Alle sollten denken, das Pferd sei nie weg gewesen.
Dann schlich er sich bis zur Straße und rannte so schnell ihn seine Beine trugen hinunter nach Stonehaven.
Butch Stone würde hoffentlich wissen, was zu tun war.
Kapitel 8
Julia fasste sich an den Kopf und öffnete langsam ihre Augen. Alles um sie herum drehte sich und sie hatte Schwierigkeiten klar zu sehen. Ihr Kopf schien unter ihren Fingern zu bersten und sie ertastete eine dicke Beule am Hinterkopf.
„Autsch!“
Das Licht war wie ein Peitschenhieb und sie zuckte zusammen. Schnell schloss sie die Augen wieder. Langsam, ganz langsam wagte sie einen neuen Versuch. Diesmal drehte sich die Welt schon etwas weniger schnell und nachdem sie einige Male geblinzelt hatte, klärte sich endlich ihr Blick.
Vorsichtig, ohne ihren Kopf zu sehr zu bewegen, versuchte Julia herauszufinden, wo sie war.
Sie saß gefesselt auf dem harten kalten Steinboden einer geräumigen Höhle. Wenige Meter neben ihr glomm die letzte Glut eines Feuers, welche es nicht mehr schaffte, die Kälte aus ihren Gliedern zu vertreiben. Das goldene Licht des beginnenden Tages warf tanzende Schatten auf die Felsen. Staubkörnchen glitzerten in den Strahlen der aufgehenden Sonne und funkelten mit den Regentropfen der Nacht, die noch an den Blättern vor dem Eingang hingen, um die Wette.
Im hinteren Teil schnaubte ein Pferd. Nicht ihr eigenes, wie sie feststellte.
Auch ihr Umhang war verschwunden. Stattdessen war sie in eine kratzige Decke gewickelt, die oberhalb ihrer Knie endete und ihre nackten Beine preisgab. Jemand hatte ihr die Stiefel ausgezogen und ihre Knöchel mit einem Strick zusammengebunden.
Das Seil schnitt in die Haut und drückte ihr das Blut ab. Alles Ziehen und Zerren führte nur dazu, dass sich der Knoten noch fester zuzog. Wer auch immer dafür verantwortlich war, hatte seine Sache äußerst gewissenhaft gemacht.
Angestrengt versuchte sich Julia zu erinnern, was eigentlich passiert war. Etwas war schiefgelaufen. Michael Kent, einer der Männer im Ruderboot hatte eine Kugel abbekommen und war ins Wasser gestürzt. Da hatte sie sich gezwungen gefühlt, zu handeln. Immerhin waren es ihre Männer, die da vor ihren Augen angegriffen worden waren.
Doch was war dann geschehen? Sie konnte sich dunkel an die letzte Nacht erinnern, aber immer wenn sie versuchte ihre Erinnerungsstücke zu greifen, rauschte ihr das Blut in den Ohren und so verschob sie ihre Überlegungen auf später.
„Endlich aufgewacht?“
Julia riss den Kopf herum. Ein Fehler, denn sofort verschwamm die Welt vor ihren Augen und das Dröhnen in ihrem Schädel wurde lauter.
Ein Mann war in die Höhle getreten. Sein breiter Oberkörper füllte den ganzen Eingang und sperrte das Licht aus. Das Gesicht war von der Krempe seines Hutes verdeckt und nur ein zynisch lächelnder Mund war zu erkennen. Ängstlich rutschte Julia weiter an die Wand und versuchte sich aufzurichten. Doch der silberne Lauf einer auf sie gerichteten Pistole ließ sie mitten in der Bewegung erstarren.
„Nun, Schätzchen. Ich würde dir raten, sitzen zu bleiben und keine Dummheiten zu machen“, drohte der Kerl.
Julia konnte kaum atmen. Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch nie einen so bedrohlichen Mann gesehen. Ohne sie weiter zu beachten trat er in die Höhle, zog eine Flasche aus der Satteltasche und nahm einen kräftigen Schluck.
„Wer seid Ihr?“, wagte es Julia schließlich seinen Rücken anzusprechen.
Falls das Genuschel, dass der Kerl von sich gegeben hatte, eine Antwort gewesen sein sollte, so hatte sie kein Wort davon verstanden. Sollte sie es wagen, ihn erneut anzusprechen? Warum beachtete er sie nicht? Was hatte er mit ihr vor? Wenn sie doch nur ihre Angst besser unter Kontrolle hätte. Sie wusste selbst nicht, warum sie so zitterte. Sie hatte sich immer für mutig gehalten. Hatte schließlich schon mit echten Freibeutern verhandelt, führte einen Schmugglerring und schlich sich nachts durch die Wälder. Also, warum pochte ihr das Herz diesmal bis zum Hals? Nun gut, sie war wirklich noch nie zuvor mit einer Pistole bedroht worden. Da war ein bisschen Furcht wohl verständlich. Immerhin glaubte sie nicht
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