Mitternachtsfalke - Auf Den Schwingen Der Liebe
kategorisch abgelehnt, zum vertrauten „Greg“ überzugehen. Stattdessen benutzte sie die lange Form seines Namens, um die Distanz zu ihm zu wahren.
„Greg hat recht, du solltest stattdessen lieber sticken oder nähen, wie es sich geziemt.“
„Aber Vater, wenn ich nicht weiß, wie Kerzen gemacht werden, woher sollte ich dann später wissen, ob mein Personal auch wirtschaftlich und sorgfältig arbeitet? Ich denke es gehört etwas mehr dazu, einen Haushalt zu führen, als nur in seiner Kammer zu sitzen und zu sticken!“, erwiderte Julia.
„Aber wenn Ihr Euch nicht immer mit so unschicklichen Arbeiten belasten würdet, dann wäret Ihr nicht dauernd so erschöpft und müde“, konterte Gregory.
„Ich bin doch nicht erschöpft!“
„Doch, erst gestern seid Ihr in der Bibliothek über einem Buch eingeschlafen - mitten am Tag. Und vorgestern lehntet Ihr einen Ausritt mit mir ab, weil Ihr Euch so müde fühltet. Ich fürchte ja bereits um Eure Gesundheit!“
„Das ist doch Unsinn. Ein bisschen körperliche Betätigung ist der Gesundheit förderlich. Ich würde vor Langeweile noch viel häufiger einschlafen, wenn ich den lieben langen Tag nur Taschentücher besticken würde“, erwiderte Julia spitz und marschierte energisch in Richtung Küche davon.
Im Weggehen hörte sie noch, wie ihr Vater begann, seinem zukünftigen Schwiegersohn sein Leid zu klagen:
„Greg, ich weiß wirklich nicht, was ich noch tun soll. Dieser unsägliche Mitternachtsfalke hat schon wieder zugeschlagen, …“
Julia kicherte in sich hinein, als sie schwungvoll in die dampfige Küche trat.
Kapitel 3
Belohnung ausgesetzt!
Die Ergreifung des Mitternachtsfalken und dessen Auslieferung werden mit 20 Goldstücken belohnt.
Nathan Hayes
Drew Warring riss das Flugblatt vom Baumstamm. Schon das Fünfte in der letzten Stunde. Er lachte, als er daran dachte, wie verzweifelt Nathan Hayes sein musste, wenn er an jeden zehnten Baum diesen Zettel heften ließ.
Drew zerknüllte das Flugblatt und ritt weiter Richtung Küste. Der berüchtigte Mitternachtsfalke also. Ihm war sowieso bereits seit geraumer Zeit etwas langweilig. Warum also sollte er sich diese zwanzig Goldstücke nicht holen?
Entschlossen trieb er sein Pferd an und galoppierte in Richtung Stonehaven davon. Das schwarze schulterlange Haar wehte ihm um den Kopf und sein Mantel blähte sich im Wind. Allein durch den Druck seiner Schenkel lenkte er sein Pferd in die gewünschte Richtung, während er die Zügel nur locker in der Hand hielt.
Schon der Ritt und die Vorfreude auf die Jagd nach dem Falken hoben seine Stimmung an. Noch keinen einzigen Tag hatte er es bereut, seinem bisherigen Leben vor drei Jahren den Rücken gekehrt zu haben. Er war ein Mann des Abenteuers, ständig auf der Suche nach etwas, das er nicht benennen konnte, das ihn aber mit so heißer Sehnsucht erfüllte, dass er, getrieben davon, ruhelos durchs ganze Land ritt. Vielleicht würde er ja diesmal fündig.
Als die Nacht hereinbrach, rastete Drew an einem Gasthof. Beim Betreten des gemütlichen Gastraumes stieg ihm sofort der Duft von frisch Gebratenem in die Nase. Hungrig setzte er sich an einen der Tische und wartete. Eine hübsche Magd streckte ihren Kopf aus der Küche und als sie den Gast erblickte, kam sie eilig herbei. Sie strich sich ihre Schürze glatt und zupfte an ihrer Haube.
„Abend, der Herr, was darf ich bringen?“, fragte sie scheu, wobei der Blick aus ihren großen Augen so gar nicht scheu, sondern eher zweideutig wirkte.
„Ein Ale und etwas von diesem Braten. Und ein Zimmer für die Nacht.“
Die Magd nickte, doch ehe sie wieder in der Küche verschwand, beugte sie sich zu Drew herab und flüsterte:
„Die Zimmer sind sehr teuer, Mylord. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr gerne mit in meine Kammer kommen. Ich bin Charleen.“
Drew ließ seinen Blick genüsslich über seine neue Bekanntschaft wandern. Ein hübsches Gesicht, volle Lippen und ein einladend dargebotener, üppiger Busen hatten einige Überzeugungskraft, daher würde er dieses überraschende Angebot nur zu gerne annehmen. Dies war schließlich einer der Gründe, warum er sich für dieses Leben entschieden hatte.
„Charleen, ich denke deine Kammer wäre eine willkommene Abwechslung zu den einsamen Betten, in denen ich in letzter Zeit geschlafen habe. Ich bin Drew.“
Charleen warf einen vorsichtigen Blick hinüber zur Küche, ehe sie schnurrte:
„Hmm, Drew, ein schöner Name. Nun, Drew, ich bin hier bald fertig. Ich denke, ein
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