Mitternachtsfalke - Auf Den Schwingen Der Liebe
geflohen. Wo wart Ihr, wer war bei Euch und wo waren die Männer des Falken?“
Leise stöhnend rieb sie sich den Kopf.
„Oh Gregory, bitte. In meinem Kopf hämmert es fürchterlich und ich bin unglaublich erschöpft. Können wir diese ganzen Dinge nicht morgen besprechen?“, flehte sie.
„Aber Liebes, Ihr versteht nicht, …“
„Oh doch! Ich verstehe. Leider hat jeder hier im Raum verstanden, was Euch Sorge bereitet!“
Aufgebracht baute sich Julia vor ihm auf:
„Aber weder kann noch will ich mich an die letzten Tage erinnern. Ihr werdet Euch daher mit Euren schmerzlichen Fragen zurückhalten und nicht länger meinen Ruf mit Euren Männern diskutieren.“
„Julia, Ihr müsst Euch verhört haben. Niemals würde ich so über Euch sprechen. Wobei ich mich natürlich schon frage, wie nahe Euch dieser Mistkerl gekommen ist.“
Rasch senkte Julia den Blick, denn so schnell wie ihr das Herz schlug, war anzunehmen, dass die Scham ihre Wangen puterrot gefärbt hatte. Ihre einzige Chance dies zu überspielen lag in der Bestürzung und im Angriff.
„Wie bitte? Wie könnt Ihre es wagen, so etwas auch nur zu denken?“, fuhr sie ihn mit funkelnden Augen an.
Doch Gregory hatte es satt, dass nichts mehr nach Plan verlief und verlor nun auch seiner Zukünftigen gegenüber endgültig die Beherrschung.
„Da Ihr ja noch immer die Hosen und das Hemd dieses Schmugglers am Leibe tragt, drängt sich mir die Frage nach Eurer Unschuld beinahe auf. Wo ist Euer Nachtgewand geblieben? Hat er es Euch ausgezogen - oder habt Ihr Euch womöglich gar selbst entkleidet?“
Gregorys beißender Tonfall verriet seine angestaute Wut. Nach dieser Frage herrschte Schweigen. Eisiges Schweigen. Nicht nur Julias Gesicht, sondern ebenso Hals und Dekoltee wiesen rote Flecken auf. Fassungslos starrte sie Gregory an, ehe sie ihm mit aller Kraft ins Gesicht schlug. Damit drehte sie sich um und wollte den Raum verlassen, als er sie grob am Arm zurückhielt.
Mit gefährlich leiser Stimme raunte er ihr ins Ohr:
„Ihr wisst, dass es eine Möglichkeit für mich gibt, Eure Unversehrtheit hier und jetzt zu überprüfen.“
Dabei presste er sich fest gegen ihren Körper und hinderte sie mit eisernem Griff daran, sich ihm zu entwinden.
Ein leises Klopfen an der Tür ließ Gregory zurücktreten und Julia atmete erleichtert auf. Trotzdem spürte sie seinen bohrenden Blick in ihrem Rücken, als sie die Tür öffnete.
„Mylady, Ihr solltet Euch nun etwas ausruhen. Ich habe Euch bereits das Essen in Eure Gemächer gebracht und ein heißes Bad eingelassen“, erklärte Abbie.
„Danke. Das ist genau das, was ich jetzt brauche. Kannst du außerdem nach Fanny schicken? Ich fürchte, sie muss mir eine Mixtur für meinen schmerzenden Kopf bereiten.“
Ohne ihren Verlobten auch nur noch eines weiteren Blickes zu würdigen, folgte sie der Zofe aus dem Raum. Endlich seiner Gegenwart entkommen, fing Julia an zu zittern. So hatte sie Greg noch nie erlebt. Was würde er tun, sollte er die Wahrheit herausfinden? Es wurde immer offensichtlicher, dass sie diesen Mann niemals heiraten konnte. Beinahe hatte sie den Eindruck, dass weder sie selbst noch ihr Vater jemals Gregs wahre Natur zu Gesicht bekommen hatten. Er war ihr immer wie ein kriecherischer Speichellecker erschienen, doch seinen eigentlichen Charakter hatte er stets sehr gut verborgen. So fragte sie sich nicht zum ersten Mal, welchen Menschen sie da in Kürze zum Mann nehmen würde.
Als sie sich genüsslich in das heiße Badewasser gleiten ließ, lösten sich ihre verspannten Muskeln und das Pochen in ihren Schläfen ebbte allmählich ab. Julia seufzte. Mit einem weichen Waschlappen fuhr sie sachte über ihre blaue Schulter und die schmerzenden Rippen. Die Prellungen schimmerten dunkel unter ihrer alabasterweißen Haut. Sie versuchte sich zu entspannen, aber ihre Gedanken kreisten unaufhörlich um ein Thema. Greg heiraten? Niemals! Ihm in der Hochzeitsnacht ihren Körper schenken? Ein Schauer der Abscheu rann ihren Rücken hinunter. Was sollte sie nur tun? Zum Glück hatte sie Abbie bereits losgeschickt, um Fanny zu holen. Sie wusste, dass es auf der ganzen Welt nur diese eine Person gab, der sie sich anvertrauen konnte.
Wenig später saßen die beiden Frauen in Julias Salon und jede von ihnen hielt eine Tasse dampfender heißer Schokolade in den Händen. Julia war nur in einen flauschigen Morgenmantel gewickelt, denn sie hatte sich von Fanny eine wohltuende Salbe auf die schmerzenden Stellen
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