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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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um. Als er an dem Turm mit den Suchscheinwerfern vorbeikam, zitterte er bei dem Gedanken, wie schutzlos er preisgegeben wäre, fiele es jetzt jemandem ein, die mächtigen Strahler einzuschalten. Gespannt lauschte er, ob sich die Schritte einer Patrouille näherten, doch außer dem steten Kommen und Gehen der Wellen am Strand war nichts zu hören. Nach ein paar Minuten stieg er eine Anhöhe hinauf und gelangte in einen kleinen Kiefernbestand, der ihm gute Deckung bot. Auch hier wunderte er sich darüber, dass die Deutschen die Bäume nicht aus Sicherheitsgründen gefällt hatten, ehe ihm einfiel, dass sie dazu dienten, die geheime Radaranlage vor neugierigen Augen zu verbergen.
    Gleich darauf war er auch schon am Ziel. Nun, da er wusste, worauf er zu achten hatte, konnte er deutlich die kreisförmige Mauer erkennen und das große, rechteckige Gitter, das sich aus ihrer hohlen Mitte erhob, die Antenne, die sich langsam um sich selber drehte wie ein künstliches Auge, das den dunklen Horizont absucht. Wieder hörte er das leise Summen des Elektromotors. Zu beiden Seiten der Vorrichtung konnte er je ein weiteres, kleineres Gerät ausmachen. Im Licht der Sterne erkannte er, dass es sich dabei um Miniaturausgaben der großen rotierenden Antenne handelte.
    Es waren also insgesamt drei Geräte. Harald fragte sich, warum. Lag hierin vielleicht die Erklärung für die eklatante Überlegenheit des deutschen Radars? Als er die kleineren Antennen näher betrachtete, meinte er zu erkennen, dass sie doch etwas anders konstruiert waren als die große. Es sah so aus, als könnten sie sich nicht nur drehen, sondern auch Nickbewegungen vollführen – aber zu welchem Zweck? Er würde sie sich noch einmal bei Tageslicht ansehen und sehr gute Aufnahmen von allen drei Teilen der Anlage machen müssen.
    Als er das erste Mal hier gewesen war, hatte er einen Wachposten in der Nähe husten hören und war voller Schrecken über die runde Betoneinfassung gesprungen. Diesmal hatte er Zeit zum Nachdenken und sagte sich, dass es für das Wartungspersonal einen leichteren Zugang geben müsse. Er ging um die Mauer herum und stieß schließlich im Dämmerlicht auf eine unverschlossene Holztür. Er trat ein und machte die Tür hinter sich wieder zu.
    Jetzt fühlte er sich ein wenig sicherer. Von draußen konnte ihn niemand sehen. Zu dieser Nachtzeit hatten die Ingenieure sicherlich keine Wartungsaufgaben zu erfüllen, es sei denn, ein Notfall trat ein. Und wenn tatsächlich jemand hereinkommen sollte, blieb Harald immer noch die Möglichkeit, über die Mauer zu springen und das Weite zu suchen, bevor man ihn entdeckte.
    Er sah zu dem großen rotierenden Gitter auf. Dessen Aufgabe bestand vermutlich darin, die Impulse, die von den Flugzeugen reflektiert wurden, wieder aufzufangen. Wie eine Linse musste die Antenne die empfangenen Signale bündeln. Über das Kabel, das an der Basis herausragte, wurden die eingehenden elektronischen Daten in die neuen Gebäude übertragen, an deren Errichtung Harald im vorigen Sommer mitgewirkt hatte, und dort wahrscheinlich auf Bildschirmen dargestellt. Das Funkpersonal konnte im Bedarfsfall dann sofort die Luftwaffe alarmieren.
    Hier, im Halbdunkel, über sich das Summen der bedrohlichen Apparatur, in der Nase den Ozongeruch, der durch die hohe Elektrizität entstand, hatte Harald das Gefühl, sich mitten im schlagenden Herzen der Kriegsmaschinerie zu befinden. Der Wettlauf der Wissenschaftler und Ingenieure auf beiden Seiten konnte ebenso kriegsentscheidend sein wie die Schlachten, die mit Panzern und Maschinengewehren ausgetragen wurden. Und er, Harald, war nun ein Teil des Ganzen.
    Er hörte ein Flugzeug kommen. Da der Mond nicht schien, war es wohl kaum ein Bomber, sondern eher ein deutscher Abfangjäger auf einem Inlandflug oder ein ziviles Transportflugzeug, das sich verflogen hatte. Harald fragte sich, ob die große Antenne die anfliegende Maschine schon eine Stunde zuvor entdeckt hatte und ob die kleineren Antennen nun auf sie gerichtet waren. Er beschloss hinauszugehen und nachzusehen.
    Die eine der kleinen Antennen war zur See hin ausgerichtet – der Richtung also, aus der sich das Flugzeug näherte -, die andere landeinwärts. Beider Neigungswinkel hatte sich offenbar verändert. Während die Maschine dröhnend näher kam, kippte die erste Antenne noch stärker, als wolle sie das Flugzeug verfolgen. Die andere drehte sich weiterhin, ohne dass Harald hätte sagen können, worauf sie reagierte.
    Die Maschine

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