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Mitternachtslust

Mitternachtslust

Titel: Mitternachtslust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Winter
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praktisch anbetteln würde, ihm zu verzeihen. Noch vor wenigen Monaten oder sogar Wochen wäre sie in diesem Moment hingeschmolzen wie ein Stück Zucker in heißem Tee. Inzwischen aber war viel geschehen. Mit einer energischen Bewegung warf sie ihren Kopf in den Nacken.
    »Ich glaube nicht, dass es eine gute Grundlage für … was auch immer ist, wenn zwischen den Beteiligten kein Vertrauen herrscht. Wir sind nun mal nicht für einander geschaffen. Schluss, aus und vorbei! Die Frauen, mit denen du klarkommst, haben dicke Brüste, lange blonde Haare und große Augen, aus denen sie dich bewundernd anschauen. Vor ein paar Monaten hätte ich dich vielleicht auch noch blind bewundert, aber inzwischen habe ich mich geändert. Und genau deshalb wird es zwischen uns auch nie und nimmer klappen, selbst wenn du jetzt zu Kreuze kriechst, weil Susanne dir irgendwelche Fotos gezeigt hat. Es ist vorbei.«
    »Du warst also neulich abends doch in meinem Haus«, stellte Alexander in einem Ton fest, der keinen Widerspruch zuließ.
    »Das spielt überhaupt keine Rolle«, entgegnete sie mit krächzender Stimme.
    »Die Frau, die bei mir war, war ein professionelles Modell. Ich habe sie nicht angerührt. Soweit ich mich erinnere, habe ich dir lang und breit erklärt, dass ich meine Modelle grundsätzlich nicht anrühre.«
    »Das habe ich gemerkt, als du mich gemalt hast!« Sie funkelte ihn wütend an.
    »Du hast mich verführt«, behauptete er mit finsterer Miene, als hätte sie ihm seine goldenen Manschettenknöpfe gestohlen. »Darauf kannst du dir etwas einbilden, denn deinetwegen habe ich meine Grundsätze vergessen. Grundsätze, an die ich mich eisern halte, seit …« Er stockte.
    »Seit …?«, bohrte sie interessiert nach, doch er schüttelte abwehrend den Kopf.
    Nach einer Pause und einem tiefen Durchatmen fuhr er dann doch fort: »Aber ich hätte es wissen müssen. Schon an dem Tag, an dem ich dir zum ersten Mal begegnet bin, hätte ich dir am liebsten auf der Stelle die Kleider vom Leib gerissen und dich bis zur Besinnungslosigkeit geliebt. So hatte ich vorher nur bei Sarah empfunden.«
    Sarah, das war die wunderschöne Frau, deren gemalten Mund er an jenem Abend so zärtlich berührt hatte. Melissa presste ihre Handflächen gegeneinander und wartete, dass ihr wild klopfendes Herz sich beruhigte. Sarah war die Frau, die er liebte, sie, Melissa, stellte für ihn nur einen schwachen Ersatz dar, einen Zeitvertreib, weil er mit seiner großen Liebe nicht zusammen sein konnte.
    »Warum gehst du nicht einfach zu Sarah?«, fragte sie tonlos.
    Schweigen senkte sich über die Halle. »Sarah lebt nicht mehr«, flüsterte Alexander, als die Stille unerträglich wurde. »Sie starb bei einem Unfall. Ich dachte, ich würde nie mehr lieben können. Aber dann sah ich dich, und jetzt weiß ich, dass es nicht nur eine große Liebe im Leben geben kann.«
    Melissa hörte seine Worte, aber sie kamen nicht in ihrem Herzen an. In ihren Ohren war nur der zärtliche Klang, mit dem Alexander den Namen Sarah aussprach. »Es ist besser, wenn du jetzt gehst«, sagte sie langsam und stand auf.
    Sie war fast enttäuscht, als er sich ohne ein Wort aus seinem Sessel erhob und durch die Halle zur Tür lief. Stumm folgte sie ihm. Ihre bestrumpften Füße glitten lautlos über den Boden, denn ihre Schuhe standen noch immer vor dem Kamin, wo sie sie vor einer kleinen Ewigkeit abgestreift hatte.
    Im Türrahmen drehte Alexander sich noch einmal um. »Ich möchte nur, dass du weißt, dass ich immer für dich da bin.«
    Sie schaute zur Decke hinauf, um ihm zu zeigen, wie seine gefühlsduseligen Worte ihr auf die Nerven gingen. Das Dumme war nur, dass im gleichen Moment zwei Tränen langsam über ihre Wangen rollten.
    »Ich kann Sentimentalitäten absolut nicht leiden«, schniefte sie und wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht.
    Er lächelte nur, drehte sich um und verschwand in der Dunkelheit.
    Mit einer energischen Bewegung schloss Melissa die Tür hinter ihm. Eine Weile stand sie bewegungslos da und spürte, wie die kühlen Fliesen unter ihren Fußsohlen heiß wurden – so heiß, als müsste sie sofort loslaufen, um dieser brennenden Hitze zu entkommen. Sie rührte sich aber nicht, starrte nur das dunkle Holz der Tür an und wusste, dass sie absolut richtig gehandelt hatte. Alexander besaß die Macht, ihr wehzutun, so weh, wie kein Mann vor ihm, nicht einmal Richard. Aber das würde sie nicht zulassen.
    »Kühl bis ins Herz«, murmelte sie vor sich hin

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