Mitternachtslust
Sie konnte es kaum erwarten, in der runden Wanne, die den Mittelpunkt des Raumes bildete, ihr erstes Bad zu nehmen.
Alexander Burg zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung, warum die Mieter immer schon so bald wieder das Weite gesucht haben. Vielleicht fanden sie das Haus einfach zu groß oder zu schwer zu beheizen.«
»Es könnte natürlich auch sein, dass es hier spukt.« Melissa lachte auf. Der Gedanke, womöglich schon sehr bald hier einzuziehen, machte sie fröhlich.
»Ich werde noch heute Nachmittag den Makler aufsuchen«, teilte sie Alexander mit. Die Visitenkarte des Maklerbüros hatte er ihr bereits im Gärtnerhäuschen in die Hand gedrückt.
»Müssen Sie nicht erst Ihren Mann fragen, ob er hier einziehen will?«, erkundigte Alexander Burg sich interessiert.
Melissa zuckte zusammen. Woher wusste er von ihrem Mann? Ihr Blick wanderte zu ihrer rechten Hand hinunter. Ihr Ehering war nicht ohne weiteres als solcher zu erkennen, weil Richard damals darauf bestanden hatte, das Gegenstück des schmalen Goldreifs, den er trug, für sie mit einem Brillanten versehen zu lassen.
»Schließlich soll mir niemand nachsagen können, dass ich meiner kleinen Frau gegenüber knauserig bin«, hatte er verkündet und ihr bei der Trauung den Ring mit so großer Geste angesteckt, dass wahrscheinlich sogar die Gäste auf den hintersten Kirchenbänken das Funkeln des edlen Steins gesehen hatten.
»Woher wollen Sie wissen, dass ich verheiratet bin?« Melissas musterte ihren Begleiter prüfend.
»Ehrlich gesagt, benehmen Sie sich ziemlich verheiratet.« Er erwiderte ihren Blick, ohne eine Miene zu verziehen.
Irgendetwas störte sie an seiner Feststellung. Wie benahm sich in seinen Augen eine verheiratete Frau? Verklemmt und spießig? Am liebsten hätte sie ihm, um seine These zu widerlegen, erzählt, dass sie in der vergangenen Nacht mit einem Mann geschlafen hatte, den sie weder liebte noch vorhatte, wiederzusehen, aber natürlich stand es nicht zur Debatte, irgendwelche Geheimnisse mit diesem Mann zu teilen.
»Ganz klar, dass Sie annehmen, ich würde in so ein großes Haus nicht allein einziehen«, stellte sie schließlich in kühlem Ton fest. »Das hat nicht das Geringste mit meinem Verhalten zu tun.«
»Wenn Sie meinen.« Er lächelte sie strahlend an, und sie konnte nicht umhin, festzustellen, dass er rechts ein kleines Grübchen hatte, das durch den fehlenden Gegenpart auf der linken Seite seinem Lächeln einen eigentümlichen Charme verlieh.
Hastig wandte sie ihren Kopf ab und machte sich auf den Weg zur Haustür, wobei sie etwas davon murmelte, dass sie sich beeilen musste, wenn sie den Makler noch während der Bürostunden erreichen wollte.
Nebeneinander traten sie durch die breite Haustür auf die Treppe hinaus, die zur Auffahrt hinunterführte. Alexander schloss sorgfältig hinter sich ab, während Melissa etwas unschlüssig dastand und nicht recht wusste, wie sie sich von ihm verabschieden sollte.
»Wir sehen uns ja sicher irgendwann noch einmal«, stellte sie fest, nachdem er die Schlüssel in seine Hosentasche gesteckt hatte. »Wenn wir hier einziehen und Sie dann noch im Gartenhäuschen wohnen.«
»Ich werde hier sein.« Wieder zeigte er ihr sein Grübchen.
»Gut. Dann bis demnächst!« Melissa hielt ihm ihre Hand hin.
Sein Blick, während er ihre Finger mit seinen umschloss, machte sie verlegen. Sie meinte, in seinen Augen eine so deutliche Einladung zu mehr als einem Händedruck zu sehen, dass sie ihm schnell ihre Hand entzog, sich abwandte und mit energischen Schritten die Treppe hinunterging.
Unten blieb sie dann doch noch einmal stehen, warf den Kopf in den Nacken und sah hinauf zu Alexander Burg, der immer noch auf der obersten Stufe stand.
»Ein Tipp noch: Wenn Ihnen nach unserem Einzug mein Mann über den Weg läuft, sollten Sie ein wenig vorsichtig bei der Wahl Ihrer Gesprächsthemen sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er großen Wert darauf legt, mit Ihnen über Erektionen und Ähnliches zu diskutieren.«
»Ach, wirklich nicht?« Dieses Mal war sein Grinsen so breit, dass sie meinte, seine Mundwinkel würden gleich die Ohrläppchen berühren.
»Okay«, fuhr er in einem unnatürlich sanften Ton fort. »Ich werde in Ihrer Gegenwart und selbstverständlich auch in der Ihres Mannes keinerlei unanständige Wörter mehr benutzen, es sei denn, Sie fordern mich ausdrücklich dazu auf.« Jetzt besaß er auch noch die Frechheit, ihr zuzuzwinkern!
Melissa würdigte ihn keiner Antwort. Mit
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