Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mitternachtslust

Mitternachtslust

Titel: Mitternachtslust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Winter
Vom Netzwerk:
Karte, ja?« Sie hatte einen ihrer Stoffschuhe abgestreift und ließ ihn auf ihrem großen Zeh auf und ab wippen.
    »Natürlich schreibe ich dir. Und wenn ich zurück bin, komme ich dich besuchen, egal, ob Richard da ist oder nicht.« Susanne klang todesmutig und wild entschlossen.
    »Klar machst du das! Wir sperren Richard in eines der Dienstbotenzimmer oben unter dem Dach. Vielleicht spukt es da drinnen.«
    Nachdem Melissa ihrer Freundin Grüße an ihren Philosophen aufgetragen und ihr mehrmals einen wunderbaren Urlaub gewünscht hatte, beendete sie widerstrebend das Gespräch.
    Als sie Susannes Stimme nicht mehr hörte, erschien ihr das Haus gleich wieder viel leerer und größer. Sie beschloss, nach unten zu gehen und sich eine Tasse Tee zu kochen. Als sie die Halle durchquerte, blieb sie überrascht stehen.
    Die Tür, die von der alten Küche in die Halle führte, stand weit offen, obwohl sie sicher war, dass sie sie mittags geschlossen hatte, nachdem sie den Müll durch die Hintertür hinausgebracht hatte. Sie wusste das deshalb so genau, weil es ein kühler Tag war und sie die Kälte, die bis in die alte Küche gezogen war, nicht in den Rest des Hauses hatte lassen wollen.
    Von dort, wo sie stand, konnte sie durch die ebenfalls geöffnete Hintertür in den Garten hinaussehen.
    Plötzlich wusste sie, wer in diesem Haus herumschlich. Sie hatte es zwar einerseits schon lange vermutet, es ihm aber andererseits nicht zugetraut, weil er so selbstbewusst und lässig wirkte. Doch die Tatsache, dass er sie im Park beobachtete und sich versteckte, wenn sie in die Nähe kam, sprach eine deutliche Sprache. Alexander Burg war ein Spanner.
    Ohne noch länger zu überlegen, stürzte Melissa durch die offenen Türen in den Park hinaus und lief den breiten Mittelweg entlang, der den riesigen Garten der Länge nach durchschnitt.
    Am Vormittag hatte es einen heftigen Schauer gegeben, und überall auf dem Weg standen große Pfützen. Auf den Blättern der Bäume und Büsche glitzerten große Tropfen und gelegentlich fielen einzelne davon auf Melissas Gesicht, in ihr Haar und auf ihren Nacken. Sie bemerkte die Feuchtigkeit kaum, wischte sich nur einmal ungeduldig mit dem Handrücken über die Nase.
    Bisher hatte sie es sorgfältig vermieden, bei ihren Streifzügen durch den Park in die Nähe des Gartenhäuschens zu geraten. Selbst um den kleinen See hatte sie stets einen großen Bogen gemacht.
    Das Haus sah von außen noch kleiner aus, als sie es in Erinnerung gehabt hatte. Als sie näher kam, hörte sie aus dem Inneren ein dumpfes Hämmern und Dröhnen, das mit jedem ihrer Schritte lauter wurde. Vor der Tür blieb sie stehen, um Luft zu holen. Dann strich sie sich das feuchte Haar aus der Stirn und klopfte energisch an die Tür. Genau drei Sekunden gab sie ihm Zeit, zu öffnen, bevor sie ein zweites Mal gegen das Holz hieb, dieses Mal so heftig, dass ihre Fingerknöchel von dem harten Schlag schmerzten.
    Als wieder nichts geschah, drückte sie die Klinke herunter. Die Tür schwang auf, und Melissa trat ein.
    Sie wurde von lauter Rockmusik empfangen, die aus einem der hinteren Räume drang und auch den kleinen Flur bis unter die niedrige Decke mit dumpfen Bässen füllte. Entschlossenen Schrittes folgte sie dem Hämmern des Schlagzeugs. Als sie vor der Tür am Ende des Flurs stand, zögerte sie kurz, öffnete dann aber, ohne anzuklopfen.
    Nach dem ersten Schritt über die Schwelle blieb sie überrascht stehen. Nicht nur die Lautstärke der Musik, die sie nun mit voller Wucht umtoste, auch das helle Licht, welches im Raum herrschte, wirkte so überwältigend auf sie, dass sie für einen Moment vergaß, weshalb sie gekommen war.
    Sie blinzelte gegen die Fensterfront, die das Zimmer zum Park hin begrenzte. Die komplette Rückwand und der größte Teil der Decke bestanden aus Glas, sodass es ihr hier drinnen heller erschien als draußen unter den Bäumen. Da sie das Gartenhäuschen bisher nur von vorn gesehen hatte, war sie überrascht, welch großzügiger Glasanbau es an der Rückseite zierte.
    Und diesen Anbau nutzte Alexander Burg offensichtlich als Atelier. An den Wänden lehnten zahlreiche Ölgemälde in verschiedenen Stadien der Vollendung. Alexander Burg stand vor einer großen quadratischen Leinwand, auf die er mit einem Pinsel im Rhythmus der Musik rote Farbe klatschte.
    »Ich muss mit Ihnen reden!«, brüllte Melissa gegen die Musik an und sah an der Staffelei vorbei, weil der Mann vor dem in kräftigen Farben leuchtenden

Weitere Kostenlose Bücher