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Mitternachtslust

Mitternachtslust

Titel: Mitternachtslust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Winter
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gehengelassen zu haben! Für eine Sekunde meinte sie, die feinen Pinselhärchen auf ihrer Brust zu spüren, und musste heftig schlucken. Ihre Nippel richteten sich auf und pressten sich gegen den dünnen Stoff des BHs, den sie zum Glück heute trug. Sicherheitshalber verschränkte sie die Arme vor ihrer Brust.
    »Ich denke nicht daran, dir meine Träume zu erzählen. Ohnehin solltest du keine falschen Schlüsse ziehen, weil ich neulich bei dieser, äh, Performance mitgemacht habe … Das war reine Neugier, nein, eher Kunstinteresse.«
    »Natürlich.« Er hatte eine sehr ärgerliche Begabung, dieses kleine Wort so auszusprechen, dass es vor Ironie nur so triefte.
    »Was glaubst du eigentlich!«, empörte Melissa sich. »Hältst du dich für so unwiderstehlich, dass du nur einmal mit dem Pinsel wedeln musst, und jede Frau vergeht vor Leidenschaft?«
    »Ich habe nichts dergleichen behauptet.«
    »Du hast es nicht gesagt, aber du denkst es.«
    »Kannst du meine Gedanken lesen? Und das schon nach so kurzer Bekanntschaft?« Diesmal gab er sich nicht die geringste Mühe, den Spott in seiner Stimme zu verbergen.
    »Ich lege absolut keinen Wert darauf, deine Gedanken zu lesen!«
    Melissa wusste, wie albern diese Unterhaltung sich anhören musste, und wünschte sich verzweifelt, sie könnte damit aufhören, sich bei jeder Gelegenheit mit diesem Mann zu streiten. Am liebsten wäre sie auf der Stelle aufgestanden und gegangen, aber sie fühlte sich noch nicht stark genug, um einfach wieder in das Haus zurückzugehen, wo in der kleinen Abstellkammer das Porträt von Julius lag. Also blieb sie neben Alexander auf der Bank hocken und hielt das Schweigen aus, das sich wieder zwischen ihnen ausbreitete.
    Alexander schien die Stille nicht im Geringsten zu stören. Er lehnte sich entspannt zurück, betrachtete den blauschwarzen Nachthimmel und nahm einen kleinen Schluck aus seinem Glas.
    »Es wird Zeit, dass ich mich wieder an die Arbeit mache«, verkündete er schließlich. »Heute habe ich noch nicht besonders viel geschafft. Wenn ich mein Pensum nicht hinter mich bringe, kann ich nicht schlafen. Und wenn ich nicht schlafe, schaffe ich morgen wieder nichts. Ein äußerst lästiger Teufelskreis.«
    Erstaunt musterte Melissa ihn von der Seite. Sie hatte nicht vermutet, dass er so ernsthaft arbeitete. Vielleicht wollte er sie aber auch einfach nur loswerden. Das Dumme war, dass sie immer noch nicht genug Mut gefasst hatte, in das leere Haus zurückzukehren.
    »Woran arbeitest du gerade?«, erkundigte sie sich rasch.
    Er zögerte einen Moment. »Etwas eher Abstraktes«, erwiderte er dann vage.
    »Aha.« Er hatte so abweisend geklungen, dass sie nicht wagte, ihn zu bitten, ihr das Bild zu zeigen. Im Grunde interessierte seine Malerei sie auch gar nicht. Sie wollte nur noch ein wenig länger hierbleiben, nicht jetzt schon durch den dunklen Park zum Haus laufen.
    Sie räusperte sich heftig, schüttete sich den Rest aus ihrem Glas in den Mund, atmete tief durch und sagte dann: »Du wolltest mich doch gern malen. Gilt das Angebot noch?«
    Alexander wandte sich ihr erstaunt zu. »Du meinst, du würdest mir tatsächlich Modell sitzen? Für einen Akt? Ich meine, unbekleidet?«
    Melissa griff nach ihrem Glas, stellte fest, dass es leer war und schob es weg. »Ich weiß durchaus, was ein Aktgemälde ist.«
    »Bist du dir sicher, dass du das willst?« Seine Stimme klang aufgeregt wie die eines kleinen Jungen am Weihnachtsabend.
    »Wir sollten es sofort machen, sonst überlege ich es mir vielleicht doch noch anders.«
    »Wenn du es nicht wirklich willst, solltest du es auch nicht tun.« Im Dämmerlicht musterte er forschend ihr Gesicht.
    »Wovon reden wir hier eigentlich? Von eine lebensgefährlichen Expedition oder von einem harmlosen kleinen Bild?« Wieso versuchte dieser Kerl, sie jetzt auch noch davon abzubringen, sich von ihm malen zu lassen?
    »Ich dachte eher an etwas Großformatiges«, erklärte er heiter.
    »Kein Problem«, erwiderte sie gelassen. Wahrscheinlich würde sowieso nie jemand dieses Werk zu Gesicht bekommen. Es würde ein trauriges Schattendasein zusammen mit all den anderen Bildern fristen, die Alexander Burg an den Wänden seines Ateliers aufgestellt hatte.
    »Okay, dann lass uns beginnen!« Er stand auf und ging ins Haus, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Melissa atmete zwei oder drei Mal tief durch, dann trat sie hinter ihm durch die Tür. Ein bisschen hatte sie nun doch das Gefühl, zu einer lebensgefährlichen Expedition

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