Mitternachtsmorde
wer ihn gemietet hat.«
Nikita seufzte. Es sah doch nicht so aus, als würde sie bald zu ihrem Frühstück kommen. Andererseits wirkte Knox verstört, und sie hatte eben darüber nachgesonnen, dass sein Instinkt wahrscheinlich schärfer war als jener der Polizisten in ihrer Epoche, woraus folgte, dass sie seinem Instinkt trauen sollte. Vielleicht hatte einer seiner Nachbarn Besuch von auswärts oder den eigenen Wagen in der Werkstatt, aber trotzdem sollten sie der Sache nachgehen.
Die Niederlassung war, wenig überraschend, dieselbe, in der sie ihr Auto gemietet hatte; wahrscheinlich war es die einzige im Ort, überlegte sie. In einer Kleinstadt wie Pekesville ohne eigenen Flughafen machte man mit Autovermietungen keine umwerfenden Geschäfte. Das ordentliche, ebenerdige Gebäude war mit gelben Ziegeln verkleidet und hatte so etwas wie einen halbherzig angelegten Grünbereich, der sich aber auf ein paar Büsche beiderseits des Eingangs beschränkte. Der kleine Parkplatz vor dem Haus war von großen Bäumen überschattet, und hinten standen in einem umfriedeten Gelände die Mietwagen. Bedauerlicherweise war, so weit sie das von hier aus erkennen konnte, der Parkplatz hinter dem Haus leer.
Weil Knox die Sonnenbrille abnahm, als sie ins Haus gingen, tat Nikita es ihm gleich und hängte sie dann an einem Bügel in ihren Ausschnitt.
»Hey, Dylan«, sagte er zu dem beflissenen jungen Mann hinter der brusthohen Theke. »Ist Troy auch da?«
»Er ist hinten, Mr Davis. Soll ich ihn holen?« Dylan warf erst einen kurzen Blick auf Nikita und dann einen langen. Sie lächelte ihn an, und er wandte errötend den Kopf ab.
»Ja, ich habe eine Frage, bei der er mir vielleicht helfen kann.« Knox lehnte an der Theke, ganz lässige Eleganz. »Es dauert nur eine Minute.«
Dylan verschwand durch eine Tür. Nikita lehnte sich neben Knox an die Theke. »Offenbar kennst du ihn.«
»Ja, ich hab ihn mit zwölf oder dreizehn beim Kiffen erwischt. Ich habe ihm damals einen Heidenschreck eingejagt. Seither hatte ich nie wieder Probleme mit ihm.«
»Gute Arbeit«, sagte sie und tätschelte wohlwollend seinen Hintern.
Eine Augenbraue wanderte nach oben, während er sie mit einem dieser langen Blicke bedachte. »Mach nur weiter so. Ich glaube, du bist echt auf meinen Arsch fixiert.«
»Ein hübscher Arsch«, murmelte sie, weil sie Dylan zurückkommen hörte. Sofort stützte sie, ein Sinnbild vornehmen Anstandes, beide Unterarme auf die Theke.
Dylan kam in Begleitung eines untersetzten Mannes, der ein kurzärmliges weißes Hemd mit Krawatte trug und sich mit einem Handtuch die Hände und Unterarme trocknete. »Ich war gerade dabei, einen der Wagen sauber zu machen«, erklärte er, was Nikita rätseln ließ, warum der Manager der Niederlassung seine Autos selbst sauber machte, aber vielleicht gehörte er zu den Menschen, die lieber draußen arbeiteten, als am Schreibtisch zu sitzen. »Dylan sagte, du hättest eine Frage. Kommt mit in mein Büro, dann werde ich sehen, ob ich dir helfen kann.«
So leicht konnte das nicht gehen, dachte Nikita, während sie und Knox Troy in sein Büro folgten. In ihrer Epoche wurde keine noch so unbedeutende Information und keinerlei Beweismaterial herausgegeben, solange keine entsprechende Genehmigung vorlag. Ohne Genehmigung ging nichts, so unbedeutend die Angelegenheit auch sein mochte, und selbst wenn der Polizist mit jemandem aus seiner eigenen Familie sprach.
»Tina, das ist Troy Almond. Wir waren zusammen in der Schule. Troy, Tina.«
Falls es Troy aufgefallen war, dass Knox sie ohne einen Nachnamen vorgestellt hatte, dann ließ er sich das nicht anmerken. Er sagte lächelnd: »Sehr erfreut, Madam« und wartete, bis sie ihre Hand ausstreckte, ehe er ihr seine zur Begrüßung reichte. In ihrer Zeit schüttelte man keine Hände mehr, diese Sitte war während der großen Seuchen, die so viele Millionen Menschen getötet hatten, ausgestorben. Allerdings hatte sie von dieser Sitte gelesen, und sie hatte auch gelesen, dass höfliche Männer einer Frau keinen Händedruck aufnötigten; sie warteten ab, bis die Dame ihnen ihre Hand anbot, weil ihr das Händeschütteln unangenehm sein könnte. Es war die Sache mit der Pheromon-Übertragung, dachte sie, die manche Frauen instinktiv davor zurückscheuen ließ, auch nur beiläufig einen fremden Mann zu berühren.
Troy setzte sich hinter den Schreibtisch in seinem winzigen Büro, und Knox und Tina nahmen auf den einzigen beiden anderen Stühlen Platz. Er sagte zu
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