Mitternachtspicknick
Kathrin fühlte sich eingeschüchtert, gab sich aber Mühe, das nicht zu zeigen.
»Ich hatte auch diese Fischvergiftung«, entgegnete sie, »und die Schwester wollte mich einfach nicht aufstehen lassen.«
Dann fiel ihr ein, dass auch Simone krank gewesen war. »Geht es Ihnen besser?«
»Ja, Gott sei Dank. Solche Sachen dauern ja meist nur einen Tag.« Sie wippte ungeduldig mit ihrem Stuhl. »Was kann ich für dich tun?«
»Ich ...Es gibt ein paar Dinge ...Ich meine, ich habe etwas beobachtet, und ...Es klingt vielleicht komisch ...«
Simone schaute demonstrativ auf ihre Uhr. Kathrin gab sich einen Ruck und erzählte die ganze Geschichte, bis hin zu dem Erlebnis in der Waldhütte.
»Ich dachte, ich sollte das mit jemandem besprechen«, schloss sie. »Denn ich weiß wirklich nicht, was ich tun soll. Was meinen Sie, müssten wir zur Polizei gehen?«
Simone hatte nachdenklich zugehört. Kathrin schwieg irritiert. Die Frau würde ihr doch glauben?
»Du weißt sicher selber, wie deine Geschichte auf die Polizei wirken würde?«, fragte Simone nun.
»Nein. Ich meine ...«
»Ein junges Mädchen, das sich wichtigmachen will. Lichter in der Nacht, geheimnisvolle Treffen im Wald - weißt du, was die sagen würden? Die junge Dame hat ein bisschen viele Kriminalromane gelesen. Ich an deiner Stelle, Kathrin, würde das vorläufig nicht weitererzählen.«
»Glauben Sir mir auch nicht?«
»Sagen wir mal - ich halte die Geschichten für ein bisschen ausgeschmückt und sehe nicht unbedingt einen Zusammenhang mit den Einbrüchen. Es kann doch ganz harmlose Erklärungen für deine Beobachtungen geben. Aber ...«, nun rang sich Simone ein Lächeln ab. »Aber es war sicher nicht falsch, dass du zu mir gekommen bist. Wir behalten das vorläufig für uns, und wenn du wieder etwas Auffälliges siehst, sagst du es mir. Wir können dann weiter überlegen. In Ordnung?«
Kathrin nickte und platzte fast vor Stolz. Simone und sie waren Komplizen. Wir behalten das vorläufig für uns, hatte sie gesagt. Uns! Wenn ich das Mami erzähle, dachte Kathrin.
Simone sah ihr nach, als sie das Zimmer verließ, und verzog das Gesicht. Mädchen von Kathrins Art konnte sie nicht ausstehen. Unsportlich und wichtigtuerisch. Im perfekten Reitdress daherkommen und noch nie im Leben auf einem Pferd gesessen haben! Das hatte ihr schon gereicht. Warum begnügte man sich nicht mit Jeans und Gummistiefeln, bis man herausfand, ob man zu dem Sport überhaupt taugte?
Jedenfalls, Kathrin taugte sicher nicht dazu. Und jetzt versucht sie auch noch, sich bei mir einzuschmeicheln, dachte Simone. Sie schüttelte den Kopf und wandte sich wieder ihrem Brief zu.
Am nächsten Tag regnete es. Dichter Nebel hüllte Meer und Wiesen in graue Schleier. Ein kalter Wind blies. Simone hatte in der Halle einen Parcours aufgebaut, an dem die Kinder für das Turnier üben konnten. Der große Tag war in greifbare Nähe gerückt.
»Hoffentlich wird das Wetter besser«, sagte Tina, die neben Angie und Diane auf der Tribüne saß und das Anfängerspringen verfolgte. »Es wäre viel schöner, wenn das Turnier draußen stattfände. Oh, seht nur, dieser Benny! Jetzt ist er schon wieder die falsche Reihenfolge geritten!«
Benny mühte sich mit dem sturen Chico redlich ab, doch er wirkte klein und verloren auf dem riesigen Pferd. Chico hatte ein Hindernis ausgelassen, beim nächsten die obere Stange abgeworfen, und nun verweigerte er ganz. Er blieb stehen, warf den Kopf hoch, und machte ein paar tänzelnde Schritte zurück.
»Armer Benny«, sagte Diane mitleidig. »Er ist Chico einfach nicht gewachsen. Warum gibt ihm Simone kein anderes Pferd?«
»Manchmal ist Simone ein bisschen schikanös«, meinte Tina.
Angie stand auf. »Mir ist kalt«, sagte sie. »Das Wetter ist zu ungemütlich. Ich gehe ins Haus.«
Vor ihrem Zimmer auf dem Gang traf sie Steffi. Die kicherte geheimnisvoll.
»Ich habe euch gerade gesucht, dich und Diane«, sagte sie, »weil ich euch einladen wollte.«
»Einladen? Wozu?«
»In drei Tagen habe ich Geburtstag. Und ich habe hin und her überlegt, wie ich ihn feiern kann. Ich denke, ich werde ein Mitternachtspicknick am Strand veranstalten.«
Angie machte große Augen. »Wie aufregend! Das ist eine wunderbare Idee, Steffi! Hoffentlich hat es bis dahin aufgehört zu regnen!«
»Oh, bestimmt«, sagte Steffi mit Überzeugung. »Über dem Meer klart es doch schon ein bisschen auf, nicht?«
»Und wer kommt? Alle?«
»Das sind ein bisschen viel. So viel Geld hat
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