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Mitternachtsschatten

Mitternachtsschatten

Titel: Mitternachtsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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Sie wissen, dass er nicht mein richtiger Vater ist. Das heißt, dass jede … Verbundenheit, die er empfindet, auch nicht gerade väterlich ist.“
    Diese Worte sagte sie so einfach und geradeheraus, dass er einen Moment brauchte, um zu verstehen, was es bedeutete. Er konnte sie nur anstarren, während sie sich erhob und den halb leer getrunkenen Kaffeebecher in die Spüle stellte. Dann drehte sie sich um und lächelte ihn an. Ihm wurde mit einem Mal klar, dass dieses Lächeln sich nicht von dem unterschied, das er von einem dreißig Jahre alten Weihnachtsfoto kannte, von dem Lächeln auf seinem eigenen Gesicht. So lächelte er inzwischen nicht mehr.
    „Egal. Ich bin froh, dass wir einen kleinen Plausch hatten“, sagte sie nüchtern. „Die ganze Sache macht mir jetzt nicht mehr so viel aus.“
    „Welche Sache?“
    „Na, die zwischen Ihnen und Jilly.“
    „Es gibt nichts zwischen mir und Jilly“, entgegnete er ruhig. „Genauso wenig wie zwischen mir und Roofus.“
    Rachel-Ann zog eine Augenbraue in die Höhe. „Ich kann mir vorstellen, dass ihr drei sehr glücklich werden könntet“, murmelte sie und entschwand, bevor er protestieren konnte. Rachel-Ann ist sehr wohl in der Lage, auf sich selbst aufzupassen, dachte er, schob den Stuhl ein wenig zurück und legte seine Füße auf den Tisch. Außerdem bekam sie viel mehr mit, als ihre Familie wahrhaben wollte. Sie fühlte, dass Meyers Zuneigung die Grenze des Väterlichen überschritten hatte, und Coltrane war überzeugt, dass ihr das ganz und gar nicht gefiel. Aber ob sie wusste, wie abartig diese Liebe tatsächlich war?
    Meyer jedenfalls wusste es. Er musste es wissen. Rachel-Ann hatte ja nicht einfach auf seiner Türschwelle gelegen, nein, er hatte sie ausgesucht, in sein Haus geholt und nur so getan, als ob sie ein Findling wäre! Der alte Mann war ein noch viel schlimmerer Verbrecher, als Coltrane sich das vorgestellt hatte. Nicht nur, dass er seine, Coltranes, Mutter umgebracht hatte. Jetzt stand sein Sinn offenbar nach der nächsten Generation. Jemand musste ihn aufhalten.
    „Coltrane, da sind Sie ja!“ Dean lehnte lasziv am Türrahmen. „Was ist denn nur in meine Schwestern gefahren? Erst fährt Jilly weg wie eine Wahnsinnige, dann läuft Rachel-Ann an mir vorbei, ignoriert mich und geht singend die Treppe hoch. Singend, verdammt noch mal!“
    „Das kann ich mir gar nicht vorstellen.“
    Dean zuckte mit den Achseln. „Nicht dass es mich stört. Ich finde jedes Zeichen von Freude äußerst ermutigend. Eigentlich wollte ich Ihnen auch nur sagen, dass ich heute Abend eine kleine Dinnerparty gebe, und ich zähle auf Sie! Enttäuschen Sie mich nicht.“
    „Wieso ich?“
    „Ich habe nur die Familie eingeladen, das verspreche ich. Da wir vier so eine zusammengewürfelte Gesellschaft sind, dachte ich, wäre es bestimmt hilfreich, einmal zusammen zu essen. Danach kommen wir bestimmt alle besser miteinander aus. Ich habe bereits einen Liefer-Service beauftragt, Sie müssen sich also um nichts kümmern, einfach nur kommen. Sie bevorzugen Scotch, nicht wahr?“
    Ein gemütliches Abendessen mit den drei Meyers war so ziemlich das Letzte, worauf Coltrane Lust hatte. Jilly würde sich wahrscheinlich sowieso geradeheraus weigern teilzunehmen, wenn er eingeladen war. „Ich habe schon etwas vor.“
    „Verschieben Sie es.“ Dean ließ dem Befehl ein Lächeln folgen, das er vermutlich für gewinnend hielt. „Es wird Ihnen bestimmt nicht Leid tun.“
    Coltrane schnaubte ungläubig und lenkte vom Thema ab. „Wie geht es denn mit dem Wentworth-Projekt voran?“
    Dean legte den Zeigefinger auf seine Lippen. „Pssst. Nicht verraten! Ich erfahre alle möglichen faszinierenden Neuigkeiten, und zwar nicht nur über Wentworth, auch über meinen Vater. Erstaunlich, was für Informationen man sich besorgen kann, wenn man ein wenig Fantasie und viel Computerwissen hat.“
    Coltrane kniff die Augen zusammen. Er hatte die Sanderson-Akte gut versteckt, so gut, dass Dean niemals Zugriff darauf haben konnte, ganz egal, wie großartig er mit Computern umgehen konnte. Aber Deans Lächeln war so selbstgefällig, dass Coltrane Zweifel überfielen.
    „Wollen Sie darüber sprechen?“ fragte er vorsichtig.
    „Nicht jetzt. Ich bin noch dabei, Informationen zu sammeln. Ich werde es Sie wissen lassen, wenn ich soweit bin.“
    Coltrane starrte ihn an, mit einem Mal sehr nervös. „Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich mich mit Ihrem Vater nicht anlegen. Ich weiß nicht, wie er

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