Mitternachtsspuren - Mignani, L: Mitternachtsspuren
dauerhaft rot. Dann hätte das Böse, das Urchaid, sie in seinen Klauen und sie wäre unwiderruflich verloren.
Zu allem Überfluss drohte sein Hunger, an die Oberfläche zu brechen. Obwohl er es gewusst hatte, hatte er nicht widerstanden und sie zärtlich geliebt. Die Bestie verübelte es ihm und verlangte Erfüllung.
Dàn stand in der Tür, seine Mimik spiegelte seine Besorgnis.
„Lior ist eingetroffen. Bethana ist es gelungen, zu flüchten.“
Keiner verschwand von der Isle of Lugus, ein unmögliches Unterfangen. Aus ihren Kerkern flüchtete niemand, es sei denn, sie wollten es. Der Plan nahm Gestalt an.
Morven schwankte, als sie sich aufsetzte.
„In der Küche steht etwas zu essen.“ Dàn warf einen besorgten Blick auf Morven.
Was hält sie noch aus?
Kendrick löste sich vorsichtig von ihr. Trauer zeichnete ihr Gesicht, aber entschlossene Wut breitete sich in ihr aus. So leicht ging sie nicht in die Knie.
„Wir müssen diese herzlose Schlampe finden.“ Sie griff nach einem ihrer Stofftiere, einer Giraffe und drückte sie an sich. Er wusste, sie meinte nicht Bethana, sondern ihre Mutter.
Ihre Mutter war verdammt gefährlich, viel gefährlicher als es ein Mensch sein konnte. Sie mussten herausfinden, wie sie ihre Macht erlangt hatte.
Ihm fiel nur eine Person ein, die ihnen helfen könnte. Draehda, die Monarchin der Druidinnen. Bei dem Gedanken an sie lief ihm eine Gänsehaut über den Körper. Sie war eine der unheimlichsten Frauen, die er kannte.
Morven erholte sich erstaunlich schnell. Nach dem Essen wich die weiße Farbe ihres Gesichtes ihrem normalen Teint.
Lior und Dàn wollten sie in das Rannoch Moor, dem Sitz von Draehda, begleiten.
Ein Klopfen an der Küchentür kündigte Morris an.
„Besteht Bedarf an einem weiteren Soldaten?“ Der Regent der Werwölfe lächelte verhalten, es trug zu seiner stillen Wut bei. Er war ein guter Anführer, besonnen, aber wenn man ihn reizte, besaß er den Ruf, gnadenlos zu sein.
Lior nickte ihm zu.
„Wir wären dankbar. Nosferat begrüßt eine enge Zusammenarbeit mit den Wölfen.“
„Wir nehmen meinen Jeep.“ Morris hielt den Autoschlüssel in der Hand.
Lior zog einen Dolch aus der Innenseite seiner Wanderjacke.
„Morven, nimm ihn. Wir haben ihn für dich angefertigt.“
Er zog ihn aus der Scheide, rubinrote Runen glitzerten auf der Klinge. Balchor, ihr Meisterschmied, hatte ihn hergestellt.
Kendrick umfasste Morvens Schultern, da er wusste, was jetzt geschehen würde.
In dem Moment, als sie den Griff berührte, leuchtete der Dolch silbern auf. Sie wäre vor Pein in die Knie gegangen, wenn er sie nicht gestützt hätte. Sie verbiss sich das Schreien, schluchzte gequält auf, denn die Waffe verband sich mit ihr. Eine silberne Rune brannte sich in ihren Unterarm, die allmählich verblasste. Nutzte sie den Dolch, war die Rune sichtbar.
„Atme tief durch, Flùr. Es ist gleich vorbei.“
Sie drehte den Kopf.
„Warum habt ihr mich nicht vorgewarnt.“
Kendrick hauchte einen Kuss auf ihren Scheitel.
„Du wirst ihn ohne Ausnahme bei dir tragen. Wenn du ihn ziehst, sei bereit, ihn zu benutzen.“
Er hätte gern mit ihr geübt, aber dazu war keine Zeit mehr. Die Ereignisse überschlugen sich. Sie mussten handeln, sofort. Jede Verzögerung könnte weitere Tote mit sich bringen. Der Einfluss ihrer Mutter wurde bedrohlicher,der Griff um Morven präsenter.
Morris fuhr und Lior saß neben ihm. Morven saß zwischen ihm und Dàn. Sie alle trugen wetterfeste Hikingkleidung, denn das Wetter im Rannoch Moor war unberechenbar. Morven fror, obwohl schwarzes Fleece sie kleidete. Er zog sie enger an sich. Seinen Hunger spürte er als dumpfen Laut in seinen Eingeweiden. Vorhin hatte ein starker Schmerz ihn in die Knie gezwungen, kurz bevor die Gier drohte, ihn zu überwältigen. Er hatte die Peitsche schon in der Hand gehalten, plante, Morven zu überwältigen. Es hatte den Hunger in den Hintergrund gedrängt. Er vermutete, dass Babylonus mit Chara in Verhandlungen stand. Wahrscheinlich zielte Nosferat von Anfang an darauf ab.
Durch das Moor führten eine einzelne Straße, die A 82 und ein Gleis, welches Wanderer zur abgelegenen Rannoch Station brachte.
Morvens Erschöpfung ließ sie einschlafen. Kendrick genoss es viel zu sehr, sie neben sich zu fühlen. Er registrierte Dàns Blick. Das Tattoo pulsierte warm auf seiner Schulter, gab ihm einen Vorgeschmack, wie es sein könnte, die Kälte nicht mehr in sich zu spüren.
Je weiter sie auf der A 82
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