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Mitternachtsstimmen

Mitternachtsstimmen

Titel: Mitternachtsstimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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gegenüberliegenden Straßenseite zu entziffern,
hörte er plötzlich eine Stimme.
»Suchst du etwas, mein Sohn?«
Erschrocken fuhr Ryan herum und sah sich einem großen
Mann in Khakishorts und T-Shirt gegenüber, der ihn mit schräg
gelegtem Kopf musterte. »Sprich niemals mit Fremden«, hörte
er die eindringliche Stimme seiner Mutter ihm zuflüstern.
»Und wenn ein Fremder dich anspricht, dann lauf weg. Wenn
er dir hinterherläuft, dann schrei so laut zu kannst.«
»Is’n bisschen spät für’n kleinen Kerl wie dich, hm?«,
meinte der Mann und spähte dann die Straße hinauf und
hinunter. Um zu sehen, ob sonst noch jemand unterwegs war?
Oder ob ihn jemand beobachtete? Ryans Herz ging schneller,
und er rüstete sich, um sofort loszusprinten, falls der Mann
näher käme. Aber dann sagte dieser: »Schau, Kleiner, ich weiß
ja nich’, was du allein hier draußen um diese Uhrzeit zu suchen
hast, aber das ist gefährlich. Alle möglichen –« Er zögerte
kurz, und fuhr dann fort: »In dieser Stadt treiben sich alle
möglichen Verrückten herum. Wenn du dich verlaufen hast,
dann sag es mir ruhig, dann bring ich dich heim.«
Ryan überlegte kurz, und dann machte der Mann einen
Schritt auf ihn zu.
»Lauf!« Wieder die Stimme seiner Mutter. »Lauf weg so
schnell du kannst.«
Ryan wirbelte herum und rannte los.
»He!«, rief ihm der Mann nach, doch Ryan schaute sich bis
zur Ecke Amsterdam Avenue nicht nach ihm um, wo ihm der
dichte Verkehrsstrom und die helle Beleuchtung ein sichereres
Gefühl gaben. Er blieb kurz stehen, um zu verschnaufen, und
riskierte einen Blick über die Schulter.
Der Mann war verschwunden.
Als er wieder bei Kräften war, überquerte er die Amsterdam
Avenue und lief weiter die 82. Straße entlang. Jetzt schaute er
sich immer mal wieder um, ob ihm der Mann im T-Shirt oder
irgendjemand anders folgte. Und dann, einen halben Block
nach dem Broadway, fand er es. Er wäre beinahe daran
vorbeigelaufen, denn das Gebäude sah eher aus wie ein
Wohnhaus, und über dem Eingang sah er nur die Tafel mit der
Hausnummer. Er wollte schon weitergehen, da sah er etwas
glitzern und entdeckte neben der Tür das kleine Messingschild
mit der Aufschrift: THE BIDDLE INSTITUT.
Hier war er richtig. Nun musste er nur noch seine Mutter
finden.
Nachdem er das Gebäude näher in Augenschein genommen
hatte, war er überzeugt, dass das kein normales Krankenhaus
war, wo man einfach hineinspazieren konnte. Trotzdem musste
er es versuchen.
Er schaute rechts und links die Straße hinunter – menschenleer –, huschte dann die Stufen hinauf und versuchte die Tür zu
öffnen.
Abgesperrt.
Er kehrte um und ging auf die andere Straßenseite. Ihm war
eine Idee gekommen.
Vielleicht konnte er auf dem gleichen Weg ins Biddle
Institut gelangen, wie er aus dem Rockwell entkommen war.
Das Nachbargebäude war ein Apartmenthaus.
In Apartmenthäuser kam man einfach herein, man musste
nur ein paar Klingeln drücken und abwarten, bis jemand auf
den Türöffner drückte. Das hatte er schon oft im Fernsehen
gesehen.
Doch hier meldete sich nur eine Frau, und die wollte ihn
nicht hereinlassen, auch dann nicht, als er beteuerte, seine
Großmutter besuchen zu wollen.
Er wandte sich von dem Klingelbrett ab und machte sich auf
die Suche nach einem Lieferanteneingang, den er tatsächlich
am anderen Ende des Gebäudes entdeckte. Und auf der
Rückseite stieß er auf die gleiche Feuertreppe, wie er sie vor
einer halben Stunde hinuntergeklettert war.
Doch nun war das untere Ende der Leiter außerhalb seiner
Reichweite. Er dachte nach und dabei fiel sein Blick auf
mehrere große Plastikmülltonnen, die an der Hausmauer
standen und erst kürzlich geleert worden waren.
Er zerrte drei von ihnen unter die Feuerleiter, drehte sie um
und stellte sie nebeneinander auf. Dann holte er zwei weitere
Tonnen und stapelte sie auf die unteren drei. Die sechste Tonne
war am schwierigsten zu platzieren, doch schlussendlich
schaffte er es, sie oben auf die Pyramide zu wuchten. Wenn er
jetzt auf die Tonnen kletterte, konnte er die Leiter bestimmt
erreichen.
Der erste Schritt war einfach, doch er spürte deutlich, wie die
Tonnen unter ihm schwankten. Als er sich an der Wand
abstützte, gelang es ihm, die zweite Reihe Tonnen zu
erklimmen. Da die Leiter genau über ihm hing, konnte er
abschätzen, dass er die unterste Sprosse nur erreichen konnte,
wenn es ihm gelänge, auf die oberste Tonne zu klettern. Aber
wenn nun die ganze

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