Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
ging zu dem in der Zwischenzeit Gefesselten. Connor steckte seine Waffe in den Gürtel , und Agaldir reichte Balger dessen Schwert.
Noch so eine Frechheit. Balger hatte dem Blinden Magister bef ohlen, es ihm zuzuwerfen, statt dessen hatte der alte Mann es selbst benutzt. Nun, darüber konnte er hinweg sehen, obwohl es schwerfiel. Dankend nahm er sein hundertfach gefaltetes Schwert entgegen und warf die primitiv geschmiedete Stahlklinge des Barbaren weg.
»Was wird mit diesem Mann geschehen?«, fragte Balger und stieß mit der Fußspitze gegen den Gefangenen wie gegen einen Mehlsack.
»Das hat Connor zu entscheiden«, sagte Frethmar, der übers ganze Gesicht strahlte. Der Kampf hatte nur wenige Minuten gedauert , und der Zwerg brauchte einige Zeit, um sich darüber klar zu werden, dass auch er Connors Finte aufgesessen war. Wie hatte er nur glauben können, dass ...?
Snækollur, den man auf den Rücken gedreht hatte, starrte zu seinen Hütern hoch. Das geschundene Gesicht sah aus wie eine rohe Masse Fleisch. »Und wie entscheidest du, Connor?«, stieß er hervor.
»Das weiß ich noch nicht«, antwortete Connor und rieb sich die schmerzende Schulter.
»Er hat den Tod verdient«, sagte Balger.
Alle Augen richteten sich auf den König. »Er hat versucht, den König zu entführen oder zu töten. Dafür hat er die Todesstrafe verdient. Ich verlange, dass er auf die Burg gebracht wird, wo über ihn Gericht gesprochen wird ... kurzum, wo wir ihn hinrichten werden.«
Connor verzog das Gesicht. »Nein!«
Seine Antwort stand klar und deutlich zwischen ihm und dem König.
Balger traute seinen Ohren nicht. »Mein Wort ist Gesetz, oder habt Ihr vergessen, mit wem Ihr es zu tun habt?«
Snækollur lachte kollernd. »Dieser fette Mann ist ein Witz. Schaut auf seine Füße und seine Robe. Er hat sich vollgepisst. Jetzt, nachdem er die Gefahr überstanden hat , hat er ein großes Maul. Ich würde es ihm stopfen.«
Balger s Wangen wurden heiß .
Dieser Barbar verlachte ihn. Ihn, König Balger. Er erinnerte sich daran, dass man ihn stets gefürchtet, aber dennoch nie als Mensch ernst genommen hatte. Als er vom Wahnsinn befallen gewesen war, hatte das Volk ihn töten wollen, erst nachdem er dem Golem den Kopf abgeschlagen hatte – eine Scharade, denn Balgers Soldaten hatten dem Wesen vorher alle Extremitäten genommen – war er bewundert und zum König gewählt worden. Er war zu einem Mythos geworden. Und Mythen beruhten nur zu oft auf Unwahrheit. Er wusste, alles, was er je getan hatte, beruhte auf Lug und Trug. Und wieder war es so. Er war König und wurde sogar von einem hilflosen Gefangenen verlacht. Er war stets ein Mann gewesen, der sich seiner bewusst gewesen war und sich selbstkritisch betrachtet hatte. Doch seine überstandene Furcht, seine Scham, die er wegen seiner nassen Beine und feuchten Schuhe empfand, die absurde Situation, als Oberhaupt Dandorias überhaupt in diese S ituation geraten zu sein und sein Stolz rangen miteinander und ließen seine Nerven lodern, obwohl er wusste, dass er einen Fehler beging. Er war so zornig, dass er den Gefangenen am liebsten in Stücke geschlagen hätte, spürte jenen Selbstvernichtungsdrang der absoluten Wut und ahnte, dass eine Explosion seiner Emotionen ihn für eine kleine Weile befriedigen würde. Doch was kam danach?
Auf einer feinen, fast verschwunden geglaubten Ebene , spürte er, wie schwach er war und wie abhängig von dem, was um ihn herum geschah. Er war ein Getriebener, einer von denen, die reagierten, anstatt zu agieren. Er ließ sich viel zu leicht auf seine Gefühle ein, die ihn kontrollierten, obwohl es umgekehrt besser gewesen wäre.
Und er war neugierig!
Welcher König wäre einer schriftlichen Botschaft gefolgt, die ihn in ein verlassenes Stück Land in der Nähe seiner Burg gelockt hätte? Er war dieser Botschaft gefolgt, weil er ... wissensdurstig war und weil sie von jenen Leuten kam, deren er habhaft werden wollte. Das waren der Zwerg, der Barbar und der Magus! Er war dieser Botschaft nachgelaufen , wie ein Kind einer Süßigkeit und hatte sein Leben damit aufs Spiel gesetzt – und fast verloren.
Balger war so zornig auf sich selbst, dass seine Stirn glühte und seine Lippen bebten. Er wollte ... weh tun! Da er sich nicht selbst weh tun konnte, musste er es mit anderen tun. Und das Naheliegende war, den Gefangenen zu töten. Sich von der Schmach zu reinigen.
Blitzschnell hob er sein Königsschwert und schlug zu, um den gefesselten Barbaren zu
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