Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
Blöße zu verdecken, was Regerik Lightgarden mit einem sanften Kopfschütteln quittierte, wobei sich sein Mund verzerrte, was ein Schmunzeln sein konnte, aber auch alles andere bedeuten mochte. Seine Reißzähne glänzten feucht. Nashka sah im schwachen Schein der Kerze, dass die Wucherungen seines Gesichts nicht nur Narben waren, sondern auch pochende Geschwüre, als lebten Würmer unter der Haut oder kleine Käfer, die einen Weg ins Licht suchten. »Du wirst dich fragen, warum ich dich beobachtet und gerettet habe.«
Er stand hoch aufragend vor ihr und starrte auf sie hinab wie auf ein Kind, von dem er hoffte, dass es folgsam sei.
Noch nie in ihrem Leben hatte Nashka sich so ausgeliefert und hilflos gefühlt. Ihre Nacktheit trug einen Teil dazu bei, ihre Schmerzen und die Feuchtigkeit unter ihrem Unterleib sowieso . Die Gewissheit, vorerst zur relativen Unbeweglichkeit verurteilt zu sein, schuf ein Gefühl tiefer Furcht und Traurigkeit.
»Wie konntest du den Keiler bezwingen?«, fragte sie, obwohl sie sich am liebsten weggedreht und unter einer schützenden Decke verkrochen hätte. Tränen traten in ihre Augen.
»Mit meinem Willen!«
»Warum kenne ich dich nicht, obwohl du mich beobachtet hast. Verzeih, aber jemand wie du ist nicht zu übersehen.«
»Das willst du noch nicht wissen.«
Am liebsten hätte Nashka gleichzeitig geschrien und geweint. Trotz seiner aufgesetzt wirkenden Freundlichkeit strahlte Lightgarden etwas aus, das ihr unter die Haut fuhr wie eine schabende Klinge – oder wie Dornen, die in ihre Seele drangen.
Sie scheute sich, die wichtigste aller Fragen zu stellen und erkannte, dass sie die Antwort fürchtete. Sie war nie feige gewesen und wollte es auch jetzt nicht sein. »Was hast du mit mir vor?«
»Ich werde dich pflegen.«
»Dann bringe mich nach Hause. Dort gibt es Menschen, die sich um mich kümmern. Außerdem werden sie vor Sorge umkommen, wenn ich mich nicht bald zurückmelde.«
»Nein.«
Sie stutzte und überlegte, ob sie sich für ihre Tränen schämen sollte. Regerik Lightgarden bewegte sich nicht von der Stelle. Mit hängenden Armen und kerzengerade stand er vor ihr wie eine Statue. Er wirkte wie ein Tier, das sich zum Sprung vorbereitete – oder bildete Nashka sich das ein?
»Also willst du mich hier gefangen halten? In diesem Verlies?«
»Ich werde deinen Körper salben, bis deine Wunden verheilt sind.«
Diese Vorstellung jagte ihr einen Schauder über den Körper. Seine nach wie vor gelassene freundliche Stimme hatte einen vibrierenden Unterton angenommen und wirkte erbarmungslos und konsequent. Nashka erkannte, dass sie mit diesem Mann – mit dieser Kreatur? – nicht verhandeln konnte. Er hatte seine Entscheidung getroffen.
»Was hast du wirklich vor mit mir?«
Nashka schloss ihre Augen und wartete.
»Du bist eine schöne Frau. Ich habe dir gesagt, was ich an dir schätze. Du bist jung und stark. Du bist die Beste.«
»WAS HAST DU VOR MIT MIR, BEI DEN GÖTTERN?«, schrie sie und versuchte, sich hochzustemmen, wollte ihn anspringen, ihm mit den Fäusten bearbeiten, ihn ohrfeigen – und fiel schmerzerfüllt zurück. Als sie die Augen wieder öffnete, war sein Gesicht nahe dem ihren , und sie roch seinen süßlichen Atem.
»Versuche das nie wieder«, hauchte er sie an, und bevor sie eine Reaktion zeigen konnte, schlug er ihr ins Gesicht. Einmal , und noch einmal. Hart, präzise und schmerzhaft. Ihr Kopf ruckte von links nach rechts , und sie hob schützend ihre zerstochenen und zerkratzten Arme. Er riss sie an den Haaren zu sich hoch und starrte ihr durch seine Wucherungen in die Augen. »Du wirst gehorsam sein. Du wirst stark sein. Du wirst gesund werden. Dann, wenn du wieder die bist, die du warst, wirst du mir ein Kind schenken!«
Er atmete schwer, die einzige Reaktion, die auf Erregung hinwies. Ansonsten blieb seine Stimme, wie sie war, was ihn noch grauenhafter erscheinen ließ.
Nashka traute ihren Ohren nicht.
Ein Alptraum!
Sie war in einem Alptraum, aus dem sie nicht erwachen konnte. Was war schlimmer? Der Keiler oder diese Kreatur?
Regerik Lightgarden ließ sie los und ihr Kopf fiel zurück. Sie biss sich auf die Zunge und schmeckte süßes Blut. Sie war unfähig, weitere Fragen zu stellen. Ihre Gedanken überschlugen sich. Furcht und Zorn ließen sie die Schmerzen vergessen. Hatte sie richtig gehört? Er wollte ein Kind von ihr? EIN KIND?
»Ich sehe, du hast mich verstanden, nicht wahr?«, fragte Lightgarden. »Wir können selbstverständlich
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