Mittland 2 - Das Feuer der Drachen: 1.100 Seiten Fantasy (German Edition)
gedachte und stolperte fast über die Teppichkante, so sehr erschreckte er sich.
Er wollte etwas sagen, doch ihm blieben die Worte im Halse stecken wie die Gräte eines Fisches, die ihn zu ersticken drohte. Er schnappte nach Luft und stieß heiser hervor: »Was willst du von mir?«
Er wusste, dass es unsinnig war, mit einem Vogel zu reden, doch ihm fiel nichts Besseres ein. Der Rabbolo hüpfte ins Zimmer und setzte sich auf den Schreibsekretär, an dem Markosa hin und wieder Briefe verfasste. Der Vogel legte den Kopf schräg und Markosa erinnerte sich mit Grauen, was Ronsmar Kredit zugestoßen war.
»Willst du mich jetzt auch töten?«, flüsterte Markosa. »Das wird dir nicht gelingen. Welche Magie besitzt du? Warum verfolgst du mich?«
Der Vogel saß völlig regungslos da und starrte ihn an.
Markosa sah sich nach einer Waffe um, die er gegen das rätselhafte Tier einsetzen konnte und beschloss abzuzwarten .
Über dem Vogel bildete sich ein Nebel, der aus dem Nichts entsprang, nein, wenn man genau hinsah, erkannte man, dass er aus dem Vogel strömte, als sei das Tier porös. Der Nebel wirbelte erst grau, dann in unendlich vielen Farben und legte sich wie ein undurchsichtiges Tuch um und über das Tier, wurde größer und schien sich zu verfestigen.
Markosa öffnete den Mund , und ein Schrei kroch seine Kehle hoch. Seine Beine zitterten , und sein Körper war im Nu in Schweiß gebadet. Er verschluckte den Schrei, denn das, was nun geschah, forderte seine ganze Aufmerksamkeit.
Der Nebel gewann Struktur und schwebte vom Sekretär auf den Fußboden, wo er wuchs und in die Höhe strebte. Die Gestalt des Rabbolo war verschwunden, stattdessen gab es nun einen Schatten, der transparent schien, jedoch flackernd und von winzigen blauen Lichtern umspielt, Kontur gewann . Markosa war unfähig, sich zu bewegen, denn er begriff, dass hier etwas sehr Wichtiges geschah. Er ahnte, dass er sich vor dem Rabbolo oder jenem, was die Magie erschuf – denn nur um Magie konnte es sich handeln – keine Furcht haben musste. Im Gegenteil fuhr ein Hauch durch den Raum, der einer milden Schwingung glich, einem nach Lavendel duftenden Luftzug, der Markosa Ruhe schenkte und sein Herz hüpfen ließ.
Aus dem Schatten schälte sich eine Gestalt. Sie hatte schwarze Haare und ihr Kleid kannte Markosa nur zu gut. Das Funkeln erlosch , der Nebel entwich aus dem Fenster.
Vor ihm stand die Schöne ohne Namen .
Die Frau, die er liebte.
Sie war ein Rabbolo gewesen und hatte menschliche Gestalt angenommen. Sie lächelte sanft und öffnete den Mund. Ihre kleinen ebenmäßigen Zähne leuchteten weiß , und sie rümpfte die Nase, was niedlich aussah. »Das Schlimmste daran ist der Moment, in dem ich Gestalt erlange. Ein winziger Moment nur, denn von allem anderen spüre ich nichts, doch dieser Augenblick ist schmerzhaft.«
»Du ... du ...«, stammelte Markosa wirr.
Sie trat auf ihn zu. »Habe keine Angst, lieber Markosa.«
»Das ... das ...« Er wies mit dem Zeigefinger auf sie , und Schweiß lief über seine Nase und tropfte auf den Teppich. »Das ...«
Sie legte ihre Arme um ihn und drückte ihren Kopf an seine Brust. Sie streichelte seinen Rücken mit den Handflächen , und der junge Adelige hörte auf zu zittern. Er drückte seine Nase in ihr Haar und atmete den süßen Duft. Er spürte ihre festen Brüste an sich und legte, ohne dass es ihm bewusst war, seine Hände auf ihren Rücken. Sie glitten über ihren festen Körper und hielten in der Hüftbeuge inne. Jede andere Frau hätte er nun den Po liebkost, mit seinen geschickten Fingern geknetet, ihren Rücken auf besondere Weise liebkost, seine Zunge an ihren Hals gelegt, um sie zu reizen, sie auszuloten. Doch bei ihr war es nicht so. Vielmehr verharrte er wie ein unbedarfter J üngling , der darauf wartet, dass die Erfahrenere die Führung übernimmt.
»Wer bist du?«, flüsterte er. »Was, um alles in Mittland, bist du?«
»Ich liebe dich, Markosa Lightgarden«, murmelte sie an seiner Brust und hob den Kopf. Ihre dunklen Augen waren feucht , und am liebsten hätte er sie geküsst, sie getrunken, sich in sie verkrochen, doch das ging nicht. Schließlich war sie kein Mensch, sondern ...
»Alles ist schief gegangen«, sagte sie leise und sah ihn an. »Alles ist anders gekommen, als ich wollte. Ich liebe dich, du schöner blonder Mann, der so Schreckliches erleben musste, der nicht weiß, was Liebe ist.«
»Doch, ich weiß es«, entfuhr es Markosa, um den sich alles drehte und der
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